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"Götterdämmerung" in Damaskus

Die Anzeichen für einen Assad-Abgang verdichten sich.
Die Anzeichen für einen Assad-Abgang verdichten sich. ©EPA
Die Ereignisse der vergangenen Tage lassen für den syrischen Machthaber Bashar al-Assad (47) und sein Regime so gut wie keinen Raum für Hoffnung. Die Kämpfe in der Hauptstadt Damaskus und der tödliche Anschlag auf die engsten Vertrauten des Präsidenten lassen kaum Zweifel zu, dass dem einst allmächtigen Assad-Clan eine "Götterdämmerung" bevorsteht. Was danach kommt, ist ungewiss.
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Während der Westen die syrische Opposition unterstützt – die auch radikale Sunniten und Terroristen miteinschließt – hielten Russland und China Assad bis zuletzt die Stange. Auch das schiitische Regime in Teheran und die mit ihm verbündete libanesische Hisbollah standen während des gesamten Konflikts zum Regime in Damaskus. Und selbst Israel wollte lieber seinen “Erzfeind” an der Macht sehen, als dessen unberechenbare Gegner.

Assad war lange Hoffnungsträger

Dabei galt der syrische Präsident für einige Jahre im Westen als seriöser Ansprechpartner für eine Lösung des Nahost-Konflikts. Als Bashar al-Assad im Jahr 2000 seinem Vater Hafez al-Assad im Präsidentenamt folgte, versuchte er sich einen weltoffenen Anstrich zu geben und signalisierte Reformwillen. Er wurde aber bald in seiner Beweglichkeit vom starren Korsett des syrischen Sicherheitsapparates und den geopolitischen Gegebenheiten im Nahen Osten eingeschränkt.

Jahrzehntelang herrschte der aus Alawiten bestehende Clan um Hafez al-Assad und dann um Bashar al-Assad uneingeschränkt und brutal über das heute rund 21 Millionen Einwohner zählende Land. Sie stützten sich auf einen Unterdrückungsapparat, der die Gegner der Präsidentenfamilie gnadenlos ausschaltete.

Zu den schlimmsten Verbrechen des Assad-Regimes zählt das Massaker von Hama 1982. Damals ließ Hafez al-Assad einen Islamisten-Aufstand blutig niederschlagen. Mindestens 20.000 Menschen dürften damals niedergemetzelt worden sein. Das Massaker ist insbesondere unter den Islamisten unvergessen, die für den Sturz des Regimes in Damaskus kämpfen. Ihr Hass richtet sich nun auch auf die Alawiten und die christliche Minderheit, die unter dem Assad-Regime weitgehend unbehelligt blieb.

Besuche auch in Österreich

Nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten hoffte man trotz der unheilvollen Rolle Syriens im Libanon, des Bündnisses zwischen Damaskus und Teheran und der weiterhin tristen Menschenrechtslage in Washington, Brüssel und Paris darauf, dass mit Bashar al-Assad eine Friedenslösung mit Israel gefunden werden könne. Der syrische Präsident wurde in europäischen Hauptstädten mit offenen Armen empfangen, so auch in Wien im Frühjahr 2009. Assad war bereits 2003 vom Amtsvorgänger von Bundespräsident Heinz Fischer, Thomas Klestil, eingeladen worden, der seinerseits 2001 in Damaskus war.

Der perfekt Englisch sprechende Assad hatte zum Amtsantritt Hoffnungen auf einen gemäßigteren Kurs Syriens geweckt. Er hatte zuvor in London studiert, wo er auch seine Frau Asmaa kennenlernte, die als Analystin für die US-Bank JP Morgan arbeitete. Nicht Präsident wollte Assad werden, sondern Augenarzt. Aber der Plan vom Leben als Mediziner zerschlug sich, als sein Bruder Bassel 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Damit wurde Bashar “Kronprinz” seines autoritär regierenden Vaters Hafez al-Assad. Er kehrte nach Syrien zurück und machte eine Blitzkarriere in der Armee.

Als Assad nach dem Tod seines Vaters mit 34 Jahren die Macht übernahm, schien tatsächlich eine neue Zeit in dem Ein-Parteien-Staat anzubrechen. Der junge Präsident entließ politische Häftlinge, erlaubte die private Internetnutzung und ließ Debattierklubs oppositioneller Intellektueller zu. Doch der “Frühling von Damaskus” währte nicht lange. Die alte Garde fürchtete um ihre Besitzstände und drängte den Präsidenten zurück auf einen härteren Kurs.

Wie endet Assads Herrschaft?

In der Außenpolitik entpuppte sich Assad als vehementer Verfechter eines arabischen Nationalismus, der sich gegen die USA stemmte. Doch Assad versuchte auch, die Dinge nicht eskalieren zu lassen. Er kooperierte hinter den Kulissen mit Washington, das ihm eigentlich die Unterstützung des Terrorismus vorwarf, bei der Suche nach Al-Kaida-Kämpfern. Angesichts der internationalen Kritik und der Protestbewegung im Libanon nach dem Mord an dem libanesischen Ex-Premier Rafik al-Hariri zog er die syrischen Truppen nach drei Jahrzehnten aus dem Nachbarland ab.

Als vor zwei Jahren der “Arabische Frühling” in der Region ausbrach, ließ Assad die anfangs friedlichen Proteste gewaltsam niederschlagen und machte gleichzeitig halbherzige und nicht eingelöste Reformversprechungen. Inzwischen ist die Situation derart eskaliert, dass das Ende des Assad-Regimes kaum anders als unter schrecklichem Blutvergießen vorstellbar ist. Unklar ist, inwieweit Assad in den letzten Monaten selbst noch den mächtigen Militär- und Geheimdienstapparat unter Kontrolle hatte. Er ist seit seinem Machtantritt auf einem Tiger geritten, von dem er nicht mehr absteigen konnte.

(APA)

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