Am Montagabend war es in einer Psychiatrie eines Gefängniskomplexes in der Stadt Franco da Rocha zu einem Aufstand gekommen. Brände wurden gelegt, und Dutzende Häftlinge flohen zunächst. Anfänglich war sogar von 200 bis 300 entkommenen Kriminellen die Rede.
Fabio Jaba, Chef der Gewerkschaft der Gefängnismitarbeiter in Sao Paulo, kritisierte in der Zeitung “Folha de S. Paulo” die Zustände scharf: “Das Rezept ist perfekt. Der Mangel an Mittel und Strukturen macht das derzeitige Gefängnissystem zu einem Pulverfass, das jederzeit explodieren kann.” Erst Ende September waren aus dem Gefängnis Jardinopolis (ebenfalls Bundesstaat Sao Paulo) rund 470 Häftlinge ausgebrochen, fast alle konnten aber wieder gefasst werden.
Die Massenflucht war der dritte schwere Zwischenfall in 24 Stunden. 18 Häftlinge kamen seit Sonntag bei Kämpfen zwischen rivalisierenden Banden ums Leben. Mehrere Häftlinge wurden im Gefängnis der Stadt Boa Vista an der Grenze zu Venezuela nach Polizeiangaben enthauptet und verbrannt. Dort starben zehn Menschen. Bei einer Meuterei in einem Gefängnis in Porto Velho (Staat Rondonia) starben acht Personen.
Hintergründe dieser beiden Gewaltausbrüche könnte ein Krieg zwischen zwei der berüchtigtsten Banden Brasiliens sein, dem Primeiro Comando da Capital (PCC/Erstes Kommando der Hauptstadt) mit Hauptsitz in Sao Paulo und dem Comando Vermelho (Rotes Kommando), das seine Bastion in Rio de Janeiro hat.
Die Banden haben landesweit Anhänger und können auch in Haftanstalten in der Regel per Handy kommunizieren, da die Polizei sich im Inneren aus dem Geschehen oft heraushält. So blüht auch hinter den Mauern der Drogenhandel, die Gewerkschaften kritisieren vor allem eine völlig unzureichende Personalausstattung. “Sie haben sich den Krieg erklärt”, sagte der Chef der Justizbehörde des Bundesstaats Roraima, Uziel de Castro.
Brasilien ist eines der Länder mit der höchsten Zahl an Gefängnisinsassen. Nach Angaben des Instituts IPCR gibt es derzeit im ganzen Land mehr als 620.000 Häftlinge.
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