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Funken: Brauchtum mit Hintergrund

Funkensonntag: Einst wurde der Funken angezündet, um der Angebeteten zu gefallen. Heute ist er ein Symbol regionaler Identität. Funkentermine | Bilder: Bludenz   Dornbirn  Feldkirch |  Bilder   | Video  | Ludescherberg   | Krähenberg    

Funken: Vom Holzhaufen zum dreißig Meter hohen Holzturm – „Gommar zum Funka“, heißt es auch heute Abend überall in Vorarlberg. Was es mit dem Brauch des Funkenabbrennens, Fackelschwingens und der „Funka-Küachle“ auf sich hat, beschreibt der gebürtige Vorarlberger Prof. Dr. Reinhard Johler in seinem Buch.

Morgen, am ersten Fastensonntag, werden, im Widerschein des Funkenfeuers, Gestalten fasziniert in die lodernden Flammen starren oder mit brennenden Fackeln um das Feuer tanzen. Dieser Brauch des Funkenabbrennens reicht Jahrhunderte zurück – mindestens bis ins Jahr 1070. Aufgrund von Überlieferungen gilt es als historisch sicher, dass in diesem Jahr ein Kloster in Deutschland wegen eines Funkenfeuers zum Brennen kam.

In Vorarlberg ist der Brauch seit 1600 historisch nachweisbar – und zwar deshalb, weil es Überlieferungen von Verstößen gegen das Funken-Verbot gibt. Obrigkeit und Kirche hatten mehrere Gründe, das Entzünden von Holz zu verbieten: Zum einen fürchtete man die dadurch bedingte Feuergefahr und den Waldfrevel. Zum anderen sexuelle Zügellosigkeit. Die Autoritäten wollten nicht, dass die Geschlechter zu nahe zusammenkamen, schließlich hätte dann das geordnete Geschlechtsleben außer Rand und Band geraten können.

Die Kirche bekämpfte den Funken aber auch deshalb, weil er aus der Heidenzeit stammte und er am ersten Fastensonntag angezündet wurde. Dabei war das Funkenabbrennen ursprünglich ein Faschingsbrauch. Doch aufgrund der Umstellung auf die neue Zeitrechnung, den gregorianischen Kalender im Jahre 1582, verschob sich das Ganze in die Fastenzeit.

Der Kampf der Obrigkeit gegen den Funken war jedoch nicht übermäßig erfolgreich. Dazu hatte das Funkenfeuer für die Dorfjugend eine zu große Bedeutung. Die jungen Burschen wollten es sich nicht nehmen lassen, einen Haufen Holz anzuzünden. Denn dieses Feuer widmete die männliche, unverheiratete Dorfjugend ihren Angebeteten. Die jungen Kerle drückten auf diese Weise ihre Verbundenheit mit ihrem Mädchen aus. Erst nachdem der Pakt mit dem anderen Geschlecht bekräftigt worden war, konnten die Burschen beruhigt zur Saisonarbeit in die Ferne losziehen.

Bis ins 19. Jahrhundert waren die Erwachsenen lediglich Statisten bei diesem Schauspiel der Jugend – sie schauten zu. Doch als das gebildete Bürgertum nach seinen Wurzeln zu suchen begann und im Zuge dessen auf dieses traditionelle Schauspiel aufmerksam wurde, wird das Funkenabbrennen zu einem Ausdruck der eigenen, germanischen Vergangenheit hochstilisiert und zu einer ernsten Erwachsenenangelegenheit, welcher dementsprechende Bedeutung beigemessen wird.

In Vorarlberg schließt sich in Bludenz das wohlhabende Stadtbürgertum im Jahre 1893 zur ersten Funkenzunft zusammen: Auf einmal gibt es ein Funkenprogramm (mit Reden und Küachle-Verteilung) und eine Funkenordnung. Der Funken, der jetzt schön (und nicht zu schnell) abbrennt, zieht jetzt auch schon viele Zuschauer an. In den 20er Jahren setzt sich der Brauch des Funkenabbrennens im Ländle dann endgültig durch.

Zum Massenspektakel wird der Funken aber erst in den 50er Jahren. Im ganzen Land sprießen Funkenzünfte wie „Schwemmli“ aus dem Boden – jede Zunft, jedes Dorf konkurriert mit allen andern um den schönsten und größten Funken. So wird aus dem ehemaligen Holzhaufen ein dreißig Meter hoher Holzturm und aus der jugendlichen Zündelei ein Feuerspektakel, mit dem die Ortszugehörigkeit bzw. Herkunft stolz präsentiert wird.

In den 60er Jahren durchlebt der Funken-Brauch eine Krise, weil die Jugend ihn plötzlich als Verpflichtung ansieht und sich mehr für fremdländischen Jazz interessiert. Doch in den 80er Jahren, wo die Idee eines Europas der Regionen populär wird, erlebt auch der Funken wieder eine Hochblüte. Vorläufiger End- und Höhepunkt der Entwicklung: Die Vorarlberger in Wien zünden heute im 19. Bezirk einen Funken an.

Der Brauch des Funkenabbrennens ist nicht nur in Vorarlberg verbreitet, sondern auch in Liechtentstein, Graubünden und in manchen Gegenden Deutschlands (Südbaden bis ins Eifelgebiet) und Tirols.

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