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Freispruch vom Missbrauch wegen erektiler Dysfunktion

Der Schöffensenat hatte große Zweifel an den Angaben der Zeugin.
Der Schöffensenat hatte große Zweifel an den Angaben der Zeugin. ©Symbolbild/Hartinger
Weil der Angeklagte nach einem Unfall keine Erektion haben konnte, hat der behauptete Missbrauch laut Urteil nicht stattgefunden.

Der Angeklagte litt nach Angaben eines Gutachters zur angeklagten Tatzeit unter einer erektilen Dysfunktion. Er konnte damit den von der Belastungszeugin geschilderten Missbrauch nicht begangen haben. Der von Thomas Raneburger verteidigte 61-Jährige wurde deshalb gestern am Landesgericht Feldkirch von den Anklagevorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Schöffensenat habe „dermaßen große Zweifel“ an den Angaben der Zeugin gehabt, dass „das Gericht nicht annimmt“, dass es den behaupteten Vorfall gegeben hat. Das sagte der Vorsitzende Richter Peter Mück in seiner Urteilsbegründung.

Die Frau hatte ausgesagt, sie sei als Volksschülerin irgendwann in den 90er-Jahren vom Lebensgefährten ihrer Oma missbraucht worden. Er sei nackt im Badezimmer gestanden und habe ihre Hand für einige Sekunden zu seinem Penis geführt. Dabei sei es bei seinem Penis zu einer halben Erektion gekommen, soll sie vor der Polizei gesagt haben. Bei ihrer kontradiktorischen Einvernahme am Gericht vor dem Prozess soll sie von einem harten Penis gesprochen haben.

Ihre Angaben seien jedenfalls nicht mit dem urologischen Gutachten in Einklang zu bringen, sagte der Richter. Denn der Sachverständige habe seinem Mandanten für den angegebenen Zeitraum „eine vollständige Erektionsunfähigkeit“ bescheinigt, berichtete der Verteidiger. „Der Schwellkörper war nicht mehr durchblutet.“

Die Potenzstörung sei die Folge eines Verkehrsunfalls gewesen und habe bis zum Jahr 2002 angehalten, teilte die Verteidigung mit. Der Angeklagte aus dem Walgau sei von einer Kehrmaschine im Beckenbereich überrollt worden. Dadurch sei er vorübergehend sogar lebensgefährlich verletzt gewesen.

Die Angaben der Frau erklärte sich das Gericht damit, dass sie sich bei der Erforschung ihrer psychischen Probleme zu sehr auf den angeblichen Vorfall mit dem Angeklagten fokussiere. Ihre Probleme hätten nicht nur mit dem Gegenstand der Anklage zu tun, hatte ein Psychiater in einem Gutachten festgehalten.

Selbst wenn es zu dem Missbrauch gekommen wäre, hätte wegen Verjährung ein Freispruch erfolgen müssen, merkte der Richter an. Die opferfreundlicheren gesetzlichen Änderungen für die Fristberechnung seien zu spät gekommen und zunächst nicht ausreichend gewesen.

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