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Freiheit des Internets in Gefahr

Russland und andere Nationen hätten gern mehr Zugriff auf das Internet.
Russland und andere Nationen hätten gern mehr Zugriff auf das Internet. ©Bilderbox
Am Montag startet in Dubai hinter verschlossenen Türen die World Conference on International Telecommunications (WCIT). Hier wollen Russland und andere Nationen ihren Griff auf das Internet ausweiten. Und die UNO soll es absegnen.

Veranstalter der von 3. bis 14.12. dauernden Konferenz ist die Internationale Fernmeldeunion (ITU). Die UNO-Organisation ist für internationale Übereinkommen zu Frequenzen und andere Regelungen bei Funk und Telefon zuständig. Etliche Delegationen der WCIT wollen nun auch eine Zuständigkeit für das Internet für die ITU beanspruchen.

Antrag Russlands für mehr Zensur

Im Internet wurde nun ein Antrag Russlands öffentlich, der auf die Möglichkeit einer Quasiverstaatlichung des Internets bis hin zur Domainvergabe auf nationaler Ebene hinausläuft. “Die Mitgliedsstaaten sollen gleiche Rechte haben, das Internet zu managen”, heißt es in dem Entwurf für die Neufassung der Internationalen Telekommunikationsregulierungen (ITR) von 1988. Die einzelnen Nationen sollen im Rahmen ihrer Souveränität die Möglichkeit haben, “das nationale Internet-Segment zu regulieren”.

Nun sind die Befürchtungen groß, dass die ITU international gültige Maßnahmen beschließen könnte, die die Nutzung von Anonymisierungs- und Verschlüsselungsdiensten verbieten oder einschränken könnten. Sto stehe die Forderung nach “Identifizierungsmaßnahmen” im Raum, so heißt es in Dateien, die auf der Seite WCITLeaks.org veröffentlicht wurden. Manche Vorschläge, sofern umgesetzt, könnten von den Ländern als Genehmigung von groß angelegter Zensur interpretiert werden.

ICANN als Dorn im Auge

Auch die internationale Organisation ICANN ist vielen ein Dorn im Auge. In der Organisation, die vor allem für die Vergabe von Webadressen zuständig ist, haben die Staaten nur eine beratende Rolle. Viele Regierungen stoßen sich auch am Sitz der ICANN in Kalifornien, womit die “Internet Corporation for Assigned Names and Numbers” der US-Rechtsprechung unterliegt.

Es wurde 1998 vom US-Handelsministerium ins Leben gerufen, agiert aber unabhängig. Neben Regierungen können sich dort auch Firmen an der Gestaltung des Internet beteiligen. Im Entwurf Russlands soll sich auch das ändern: ITU-Mitgliedstaaten sollen „gleiche Rechte bei der Regelung des Internet” haben, inklusive der „Entwicklung grundlegender Internet-Infrastruktur”. Damit würde das ICANN zugunsten einzelner Staaten zurückgedrängt werden.

Internationaler Widerstand

Die Tagung, die hinter verschlossenen Türen stattfindet, erregt nun starken Widerstand. EU-Kommissarin Neelie Kroes, zuständig für die Digitale Agenda, erklärte per Twitter: „Das Internet funktioniert, es muss nicht über einen ITR-Vertrag reguliert werden.”

Vinton Cerf, der für seine Arbeit am dem Netz zugrunde liegenden TCP/IP-Protokoll als einer der „Väter des Internet” bezeichnet wird, warnt in einem Artikel auf CNN.com vor den Ergebnissen der Konferenz. Die ITU sei der „falsche Ort, um Entscheidungen über die Zukunft des Internet zu fällen”. Zusammen mit Google setzt er sich mit einer Petition für ein freies Internet ein.

Auch die ISOC äußerte Bedenken gegenüber der bei der WCIT erkennbaren Anstrengungen, das Internet unter Regierungskontrolle zu bringen.

Entscheidung im Konsens

Die ITU trifft ihre Vereinbarungen im Konsens statt per Abstimmung. Die Mitgliedsländer können einen Vorbehalt gegen einzelne Regelungen einlegen – oder auch ihre Unterschrift ganz verweigern.  (VOL.AT)

Das Google-Video für seine Petition

Anonymous-Aufruf

 

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