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Förderung trotz schweren Mängeln? Solaranlagenaffäre in Vorarlberg schlägt hohe Wellen

Im Vordergrund eine thermische Solaranlage zur Warmwassergewinnung, im Hintergrund eine PV-Anlage zur Stromgewinnung. Letztere unterliegen anderen Richtlinien und stehen bislang nicht in der Kritik.
Im Vordergrund eine thermische Solaranlage zur Warmwassergewinnung, im Hintergrund eine PV-Anlage zur Stromgewinnung. Letztere unterliegen anderen Richtlinien und stehen bislang nicht in der Kritik. ©VOL.AT (Themenbild)
Bregenz/Schwarzach. Dass tausende vom Land geförderte Solaranlagen in Vorarlberg so schwere Mängel aufweisen sollen, dass sie gar nicht förderungswürdig sein sollen, sorgt für Aufsehen. Dass der Umstand beim Land seit Jahren bekannt sein soll, noch viel mehr. Neben der FPÖ fordert auch die AK Aufklärung und kündigt an, geschädigten Konsumenten zur Seite zu stehen.

Mit schweren Vorwürfen ließ die Wirtschaftspresseagentur (wpa) am Montag aufhorchen, was die Kontrolle von thermischen Solaranlagen angeht, für die vom Land Förderungen bezogen wurden. Nicht nur, dass ein großer Teil mangelhaft sein soll, und zwar so sehr dass die Förderungswürdigkeit nicht mehr gegeben ist. Darüber hinaus soll man beim Land Bescheid wissen – aber trotz Millionen an Förderungen nicht reagieren. (Vorbericht: “Sind tausende geförderte Solaranlagen in Vorarlberg mangelhaft?)

FPÖ fordert Antworten von Schwärzler

Dass diese Vorwürfe auch in der Landespolitik ein Thema werden würden, war klar. Und so will nun die FPÖ in einer Anfrage an den zuständigen Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) wissen, wie viel Fördermittel insgesamt ausbezahlt wurden, wie die Stichprobenprüfungen vonstatten gehen und seit wann man beim Land Vorarlberg über die Missstände Bescheid weiß.

Der freiheitliche Energiesprecher Joachim Weixlbaumer zeigt sich erschreckt über die große Anzahl an thermischen Solaranlagen, die mangelhaft ausgeführt worden sind. Vor allem, da die Ergebnisse nur auf stichprobenartien Prüfungen beruhen – es müsse also davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Anlagen, welche die Förderungskriterien nicht erfüllen, noch weit größer sein dürfte.

“Interessenvertretung blockiert höhere Standards”

Der Grüne Klubobmann Adi Gross berichtet, dass sich die Energieabteilung des Landes und das Energieinstitut Vorarlberg über Jahre “massiv für den Ausbau der Qualität und Qualitätssicherung bei geförderten Solaranlagen” eingesetzt hätten. Allerdings seien diese Vorstöße vor allem seitens der Interessenvertretung der Wirtschaft blockiert worden.

Gross dürfte von den Mängeln bei thermischen Solaranlagen jedenfalls gewusst haben, schließlich war er vor seinem Wechsel in den Landtag als Klubobmann zwischen 2011 und 2014 der Energiebeauftragte des Landes. Davor war eer zehn Jahre lang Geschäftsführer des Energieinstituts – eben jener Einrichtung, welche die Prüfberichte im Auftrag des Landes erstellt.

Auf Landesseite sei in den letzten Jahren sehr wohl reagiert worden, zum Beispiel habe man ein Serviceprotokoll für Solaranlagen und Stichprobenkontrollen vor der Auszahlung der Förderung eingeführt. Bei Mängeln seien Förderungen zurückgehalten worden. Außerdem sei für das Antragsformular eine Bestätigung der sachgemäßen Ausführung des Installateurs erforderlich, der dann letztlich auch verantwortlich sei.

Einführung einer Zertifizierung

“Dies ändert aber nichts daran, dass nach wie vor Qualitätsprobleme bestehen, auf die Jahr für Jahr hingewiesen wurde”, betont Gross. “Die von einer Arbeitsgruppe dargelegten Forderungen und Vorschläge für den Qualitätsausbau wurden von Seiten der politisch Verantwortlichen nicht ausreichend ernst genommen.” Er plädiert für die Einführung einer Personenzertifizierung, mit der sich die ausführenden Betriebe zu einer hohen Qualität verpflichten und an Weiterbildungen teilnehmen.

Diese Zertifizierung käme den Vorgaben für die Bundesförderung von Photovoltaik-Anlagen zur Stromgewinnung nahe, die gerne mit den nun im Fokus stehenden thermischen Anlagen für Warmwasser verwechselt werden. Ein Vorarlberger Hersteller von Photovoltaik-Anlagen legt gegenüber VOL.AT Wert darauf, dass PV-Anlagen nicht von der aktuellen Affäre betroffen seien und dass für diese bereits jetzt ein siebenseitiges Prüfprotokoll durch einen zertifizierten Elektriker abzunehmen ist. Ein Aufwand, gegen den sich die Wirtschaft lange gewehrt hatte, der sich aber zumindest in dieser Affäre auszahlen dürfte.

Auch Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) nahm zur Affäre am Dienstag Stellung. Er wolle als Sofortmaßnahme die Installateure zu einem runden Tisch einladen, um die Problematik zu besprechen.

SPÖ und Neos fordern volle Aufklärung

“Richtig, aber viel zu spät” meint Reinhold Einwallner von der SPÖ zu Rüdissers Ankündigung von konkreten Maßnahmen. “Einmal mehr hat die Landesregierung einen Missstand so lange hingenommen, bis er vor der Öffentlichkeit nicht mehr zu verbergen war. Die plötzliche Hektik bei der Beendigung dieser Vorgangsweise ist nicht glaubwürdig.”

In Bezug auf die Energieautonomie 2050 seien die aktuellen Vorfälle ein katastrophales Signal, so Einwallner. Er sieht nur eine Möglichkeit, deren positives Image auf lange Sicht zu erhalten: „Volle Transparenz auf allen Ebenen, Konsequenzen für die Verantwortlichen. Nur auf einer ehrlichen Grundlage werden sich breite Teile der Bevölkerung weiterhin für ein energieautonomes Vorarlberg begeistern lassen.“

Entsetzt zeigt sich die Energie- und Finanzsprecherin der Neos, Sabine Scheffknecht: “Die Tatsache, dass sowohl ÖVP-Landesstatthalter Rüdisser als auch Landesrat Schwärzler sowie Adi Gross, Klubobmann der Grünen, von dieser verfehlten Förderpolitik seit Jahren wissen und hier nichts unternommen haben, wiegt in dieser Affäre umso schwerer.“ Sie fordert lückenlose Aufklärung in der Sache, die “tatenlos zusehenden Verantwortlichen” müssten die Konsequenzen ziehen – “immerhin handelt es sich auch hier in Vorarlberg um hohe Millionenbeträge, die ausgeschüttet werden.”

Arbeiterkammer: “Kunden haften nicht”

Auch die Arbeiterkammer Vorarlberg übt heftige Kritik. “Diese Affäre muss restlos aufgeklärt werden“, fordert AK-Direktor Rainer Keckeis. Schließlich gehe es um Steuergelder. “Wenn es stimmt, dass das Land über Jahre hinweg stillschweigend Geld ausgeschüttet hat und die verheerenden Zahlen ignorierte, zieht das die ganze Strategie der Energieautonomie 2050 schlichtweg ins Lächerliche”, so Keckeis.

Dass nun Käufer einer mangelhaften thermischen Solaranlage Förderung zurückzahlen müssten, sei nicht der Fall. Diese hätten schließlich entweder beim Installateur direkt eine den Förderkriterien entsprechende Solaranlage bestellt oder aber bei einem Wohnbauträger eine Wohnung mit entsprechender Solaranlage gekauft.

Wenn diese nun mangelhaft installiert wurde bzw. den Förderrichtlinien nicht entspricht, sind diese Unternehmen laut Konsumentenberatung der AK Vorarlberg den Konsumenten gegenüber für die Verbesserung verantwortlich. Und zwar verschuldensunabhängig im Rahmen der Gewährleistung drei Jahre ab Übergabe. Bei einem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Unternehmers aber sogar drei Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger im Rahmen des Schadenersatzrechtes.

Es sei wohl Sache des Unternehmers, den aktuellen Stand der Technik bzw. die entsprechenden Förderkriterien zu kennen, heißt es bei der AK. Sollten Unternehmer die Erfüllung berechtigter Ansprüche verweigern, stehe die Konsumentenberatung der AK Vorarlberg den Betroffenen bei der Geltendmachung dieser gerne zur Seite. (en/VOL.AT)

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