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Flüchten - und im Schreiben ankommen

Ilija Trojanow las seine poetischen und berührenden Texte, die er mit einem Spritzer Ironie versetzte.
Ilija Trojanow las seine poetischen und berührenden Texte, die er mit einem Spritzer Ironie versetzte. ©Verena Kogelnig
Lesung und Gespräch mit dem mehrfach ausgezeichneten Bestseller-Autor Ilija Trojanow.
Lesung von Ilija Trojanow - Nach der Flucht

Feldkirch Über Flucht wird viel geschrieben, über Flüchtlinge noch mehr. Dass ein Flüchtling selbst zu Wort kommt, bleibt seltenes Ereignis. Ilija Trojanow lieh in seinem neuesten Buch „Nach der Flucht“ seine Stimme dem Erleben von Flüchtlingen. Im Theater am Saumarkt las am vergangenen Mittwoch der preisgekrönte Schriftsteller, der zudem Verlagsgründer, Herausgeber und Übersetzer ist – und Flüchtling.

Heimat in der Sprache

Als er sechs Jahre alt war, flüchteten seine Eltern mit ihm aus Bulgarien. Die Familie erhielt Asyl in Deutschland, zog dann bald nach Kenia, wo Trojanow einen Großteil seiner Kindheit verbrachte. So lernte er Englisch noch vor Deutsch. Seinen Wohnort verlegte er später mehrmals über Kontinente hinweg. Seit einigen Jahren lebt er in Wien. Dass der Autor von Büchern wie „Der Weltensammler“ Deutsch als seine „Heimat“ betrachtet, gereicht dieser Sprache zu großer Ehre: In seinen Texten glüht, was sie an Schönheit hergibt.

Ein Leben in Frage gestellt

Die Frage nach der Herkunft, die Frage nach dem Woher des Namens, die Frage, wieso er denn so gut Deutsch könne – immer wieder wurden sie Trojanow gestellt. Sogar, ob er wirklich existiert, wurde in Frage gestellt: denn die Geburtsurkunde fehlte. Das stete Hinterfragt-werden ermüdet, es entnervt. In seiner Lesung und im darauf folgenden Gespräch versuchte der Autor dies nachvollziehbar zu machen. „Wenn man in jemandem nur einen Anderen sieht“, kommentierte Trojanow, „dann ist das Brückenbauen schon sehr schwierig.“

Flucht und Ankommen

Trojanow destillierte Eindrücke und Erschütterungen – manche autobiographisch, manche von anderen durchlebt – in die kurzen, poetischen Absätze des Buches: Kurze Stationen, wie die einer jeden Flucht. Wie in einem Vakuum fühle sich ein Flüchtling, schilderte er. Durch ein Asyl auf Zeit würde dieser Zustand der Unsicherheit noch prolongiert. Das flüchtige Gefühl von Heimat und Ankommen, das komplex sei und oft illusorisch, brannte sich dennoch in Trojanows Text ein, denn im Schreiben erlebt er es: „Dadurch, dass ich schreibe, ist das Ankommen im Text, den ich schreibe. Wenn ein Satz gelingt, habe ich das Gefühl von Ankommen.“ Und doch sei es immer nur kurz, beschrieb Trojanow, „weil da schon der nächste Satz wartet.“ VKO

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