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Fiskalrat warnt vor EU-Rüffel wegen "strukturellem Defizit"

Felderer erwartet 2016 und 2018 höheres Minus
Felderer erwartet 2016 und 2018 höheres Minus
Die Regierung hat die EU-Budgetregeln im Vorjahr im Wesentlichen eingehalten. Für heuer und 2017 könnte aber ein Rüffel aus Brüssel drohen, warnte der Präsident des Fiskalrates, Bernhard Felderer, am Freitag. Beim von Kanzler Christian Kern (SPÖ) angekündigten "New Deal" drängt er insbesondere auf die Förderung privater Investitionen. Die Flüchtlingskosten werden heuer mit 2,0 Mrd. Euro beziffert.


Der 15-köpfige Fiskalrat prüft, ob die Regierung mit ihrem aktuellen Finanzrahmen die auf EU-Ebene vereinbarten Budgetziele erreicht. Im Vorjahr war das (entgegen der ursprünglichen Erwartungen) der Fall, weil das “strukturelle Defizit” unerwartet niedrig ausgefallen ist. Heuer und 2017 droht aus Sicht der Budgetkontrolleure aber eine “erhebliche Abweichung” von den zulässigen Werten.

Maximal erlaubt ist Österreich ein (um Konjunkturschwankungen und Einmaleffekte bereinigtes) “strukturelles Defizit” von 0,45 Prozent der Wirtschaftsleistung. Während die Zielwerte der Regierung (0,9 Prozent 2016 und 1,0 Prozent 2017) gerade noch im Rahmen wären, wenn man die Flüchtlingskosten berücksichtigt und den Toleranzbereich ausschöpft, rechnet der Fiskalrat mit höheren Abgängen (1,5 Prozent 2016 und 1,6 Prozent 2017). Damit würden die EU-Vorgaben auch unter Ausklammerung der Flüchtlingskosten deutlich verfehlt.

“Erste Handlungsnotwendigkeit” für Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) wären laut Felderer daher Maßnahmen zur Senkung des strukturellen Defizits. Zwar räumte Felderer ein, dass die Prognosen im Vorjahr zu skeptisch waren und das “strukturelle Defizit” letztlich deutlich unter den ursprünglichen Erwartungen lag. “Jede Prognose kann falsch sein”, so Felderer. Allerdings plädierte er dafür, kein Risiko einzugehen, zumal nur 200 Mio. Euro eingespart werden müssten, um wieder im Toleranzbereich zu landen.

Vom neuen Bundeskanzler und seinem angekündigten “New Deal” erwartet Felderer insbesondere eine Senkung der Lohnnebenkosten über die bereits vereinbarte Milliarde Euro hinaus. Außerdem müsse die Regierung Mittel und Wege finden, die schwachen Investitionen der Privatwirtschaft zu beleben: “Das ist eine Frage für den Herrn Kern und es ist eine Kernfrage.” Mehr öffentliche Investitionen brauche es dagegen nicht, denn die seien ohnehin “auf sehr gutem Weg”, meinte der Wirtschaftsforscher, der aber betonte, dass es sich dabei nur um seine persönliche Meinung und nicht um jene des Fiskalrates handle.

Die Kosten der Flüchtlingskrise schätzt der Fiskalrat, wie auch die Regierung, für heuer auf zwei Mrd. Euro, davon 300 Mio. Euro für Mindestsicherung. Zentral wird laut Felderer die Integration der Asylberechtigten sein, denn: Je rascher die Arbeitsmarktintegration gelinge, desto geringer die Sozialausgaben für Flüchtlinge.

Vorerst ausgestanden sein sollte aus Sicht des Fiskalrates die Bankenkrise. “Bei den Banken sollte das Schlimmste vorbei ein, es ist alles in den Staatsschulden gelandet”, erwartet Felderer keine größeren Budgetbelastungen mehr. Die Staatsschulden sollen nun wieder sinken: Von 86,2 Prozent im Vorjahr auf 82,8 Prozent der Wirtschaftsleistung 2017. Ohne Bankenkrise wären es 73,6 Prozent.

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