Carolers sind WeihnachtssängerInnen. Es gab sie bereits im 4. Jahrhundert und es gibt heute noch. Carol ist ein freudiges Lied, ein Weihnachtslied, eine Hymne, ein Rundtanz, mit dem speziell in England die Christmas Carolers von Haus zu Haus gingen und Spenden sammelten. „He ho nobody home“ – auch bekannt als “He ho Nobody’s home” – ist ein powervoller Tanz-Kanon, ein “Free singing round”. Thomas Ravenscroft hat das Lied aufgezeichnet und 1609 in „Pammelia. Mvsicks Miscellanie“ veröffentlicht.
Auf Deutsch fand der Kanon als braver Erntekanon Eingang in Schulbücher, idyllisch uminterpretiert und mit (land)wirtschaftlicher Leistungorientierung versehen: „He ho, spann den Wagen an. Seht der Wind treibt Regen übers Land, holt die vollen Garben!“ Ja, ja, „die vollen Garben“ haben es uns schon immer sehr angetan. Mit dem englischen Inhalt hat der deutsche Text allerdings überhaupt nichts mehr zu tun. Aber mit Umfunktionierungen haben die deutschen Schulmeister und Sangeswächter bei ihren „Übersetzungen“ noch nie ein Problem gehabt, im Gegenteil. Viele Texte und Lieder wurden von kritischen, moralisch zweifelhaften oder lasziven Inhalten „gereinigt“ und auf „wahr, gut und schön“ zensuriert. Swifts „Gullivers Reisen“, eine der bitterbösen Satiren auf Politik und Gesellschaft wurde auf diese Weise entschärft und als Jugendbuch, dem die sozialkritischen und satirischen Positionen fehlen, schulfähig gemacht.
Der Originaltext lautet: “He, ho, nobody home. Meat nor drink nor money have I none. Yet I will be merry”. Bei Thomas Ravenscroft heißt die letzte Zeile: “Fill the pot, Eady (Edie)“- Eady bedeutet „rich, luxurious, happy“. Es ist ein Lied des Volkes, das nichts besitzt und wenig verdient, dafür lebendige Lieder und Bräuche schafft. Rich & Luxurios singen nicht, sie lassen singen.
“Holt die vollen Garben“, erinnert an Wahlkampfzeiten: „Holt was euch zusteht!“ Die neue Regierung begann gleich mit einer 300 Euro-Schüttung, sprich fünf Schachteln Malboro pro Monat für den Kleinstverdiener. „Fill the pot, Strache“ werden der kleine Mann & die kleine Frau dennoch bald singen müssen.
“The streets are very dirty, my shoes are very thin. I have a little pocket to put a penny in. If you haven’t got a penny, a ha’ penny will do. If you haven’t got a ha’ penny then God bless you.”
Sowohl der poetische Text als auch die feine musikalische Umsetzung des Liedes von Peter, Paul & Mary sind eine schöne Sylvestermusik. Das geniale Arrangement von Donald Patriquin danach sollte das türkisblaue Sylvesterdinner zum musikalischen und literarischen Erlebnis machen, wenn die Neuen ein kulturelles Gespür haben: www.youtube.com/watch?v=aJJYfXD0ahY
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