Schaan. (sch) Wer war Ismene? Auch Antike-Insider müssen nachdenken. Nun, sie ist die Schwester der weit bekannteren Antigone, doch sie stand stets in deren übergroßem Schatten. Dreitausend Jahre mussten vergehen, bis in unseren Tagen die Dunkelheit um sie gelüftet (?) wurde, und zwar durch eine Produktion des Deutschen Theaters Berlin, dessen Regisseur Stephan Kimmig den Monolog des Autors Lot Vekemans, „Ismene, Schwester von“, mit der prominenten deutschen Schauspielerin Susanne Wolff realisierte. Zweimal gab es Aufführungen im TAK.
Blutige Antike
Autor Lot Vekemans dürfte die Biografie der Ismene so gut wie möglich recherchiert haben; ihr relativ edles Seelenprofil inmitten des berüchtigten Blutbads rund um Antigone enthält aber doch eine große Portion dichterischer Freiheit; zumal der Schluss die Kontrahenten Ismene und Kreon friedlich vereint und damit der antiken Psychologie eine geradezu kitschige Humanität überstülpt. Ismene scheint vorerst fremdbestimmt zu sein – durch den Vater Ödipus, die streitbaren Brüder Eteokles und Polyneikes, besonders aber durch ihre Schwester Antigone, die gegen ihren tyrannischen Onkel Kreon tapfer aufbegehrt; Ismene tut dies aber nicht, obwohl auch sie Grund dazu hätte – Kreon ist ja der Mörder der halben Familie Antigones und Ismenes, er schickt Vater Ödipus in die tödliche Verbannung und verurteilt Antigone zum Tod. Doch bei Vekemans pflegt Ismene schließlich Kreon bis zu seinem Ende…
Monolog mit Susanne Wolff
Hausregisseur am Deutschen Theater Berlin, Stephan Kimmig, ließ Susanne Wolff ihren großen Ismene-Monolog von einem ins TAK-Publikum reichenden Laufsteg aus sprechen. Wolff ist eine markante deutsche Bühnenkünstlerin, populär ist sie aber durch mehrere „Tatorte“ geworden. In desolatem Outfit kündete sie rund eine Stunde lang vom Schicksal der ziemlich unbekannten Hauptfigur Ismene. Sie tat es mimisch karg, aber eindrucksvoll. Ein beachtliches Minus war aber Wolffs Sprachbehandlung. Mit bundesdeutschem Zungenschlag und großteils schnoddriger, undeutlicher Rasanz spulte sie den Text herunter. Man muss nicht historisch-nasalen Burgtheater-Sprecharien nachtrauern, um feststellen zu können, dass es mit der Sprechkultur vieler Schauspieler der Gegenwart schlecht bestellt ist. Leider konkret auch bei dieser Produktion eines namhaften Hauses.
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