Ein Haus wie ein gestrandeter alter Tanker; am Schellenberg auf Grund gelaufen. Auch wenn „stranden“ und „auf Grund laufen“ ansonsten meist negativ konnotiert sind, beschreiben diese Worte hier im positiven Sinn das Bild, das sich bei der Annäherung zum Gebäude bietet. Rostrot und massiv sitzt das Wohnhaus mit Flachdach auf dem Hang und späht selbstbewusst in die Landschaft.
Bis vor fünf Jahren lebte die Bauherrenfamilie in einem Reihenhaus eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts in Tosters. „Wir hatten gedacht, dass wir dort alle zusammen alt werden. Mit der Zeit zogen aber immer mehr Siedlungsbewohner weg und am Schluss waren wir mit einer befreundeten Familie die letzten der ‚alten Besatzung‘“, erklärt der Bauherr. Die Altersstruktur hatte sich verschoben und so entschied sich die Bauherrenfamilie ebenfalls wegzuziehen und ein zweites Mal zu bauen.
„Die gesamte Planung war ein stetiger Prozess zwischen Bauherrschaft und mir als Architekt“, sagt Rainer Huchler. Als erfahrene Hausbewohner hatte die Familie bereits klare Vorstellungen davon, wie ihr neues Zuhause funktionieren und aussehen sollte.
„Im alten Haus war das gesamte Erdgeschoß offen gestaltet. Diese vollständige Transparenz und Offenheit wollten wir beim neuen Haus nicht mehr, aber dennoch einen großen Wohnbereich als zentralen Raum, in dem man sich trifft und gemeinsam kochen und essen kann. Außerdem wünschten wir uns getrennte Bereiche für uns und unsere Kinder. Ein Sohn wohnt noch bei uns, die anderen beiden Kinder sind bereits ausgezogen und kommen öfter zu Besuch“, erzählt der Bauherr. Nach relativ kurzer Planungszeit wurde das Gebäude in nur fünf Monaten über den Winter errichtet.
„Konstruktiv wollten wir unbedingt ein Holzhaus“, sagt der Bauherr. Statt einer klassischen Schindelfassade oder Bretterschalung entschied man sich allerdings für eine Gebäudehülle aus unbehandeltem Stahl. „Die rohen Stahlplatten sahen am Anfang etwas wild aus und es haben sich natürlich einige Leute aufgeregt, wie man so etwas nur bauen könne“, erinnert sich der Bauherr. Aber wie ein guter Wein, musste auch diese Fassade heranreifen. Nach mittlerweile fünf Jahren hat sich das Wohnhaus in die Umgebung integriert und präsentiert sich in satt leuchtendem Rostrot; an manchen Stellen schimmern helle orange und dunkle silbergraue Flecken durch. Der Carport, als untergeordneter Bauteil, besitzt eine Fassadenlattung aus Fichtenholz und ein begrüntes Dach.
Die Gebäudeform entwickelte sich von innen heraus. „Unsere Herangehensweise ist es, immer von innen nach außen zu planen. Zuerst entwickeln wir die Räume und erst dann die Form und die Fassade“, erklärt Architekt Rainer Huchler. Im Erdgeschoß gibt es eine großzügige Wohnküche und zwei Schlafzimmer für die Kinder mit eigenem Bad. Das Elternschlafzimmer und ein großes Bad befinden sich im Obergeschoß. Bei Bedarf ist der oberirdisch liegende Keller zu einer eigenen Wohneinheit mit separatem Eingang ausbaubar.
Beim gesamten Innenausbau kam Eichenholz zum Einsatz. Manche Möbel sind in Räuchereiche ausgeführt; die Fußböden in Eiche natur und geölt; die Massivholzdecken sind hell lasiert. Der Baukörper ist nach Südosten zum Tal orientiert. Sowohl im Erdgeschoß als auch im Obergeschoß sind den Wohnräumen in diese Richtung großzügige Terrassen vorgelagert.
„Die Lage am Hang hat den Entwurf natürlich maßgeblich beeinflusst“, sagt Architekt Huchler. Durch die geschickte Positionierung des Baukörpers, ist von allen Ebenen ein faszinierend weiter Panoramablick möglich. „Wichtig war auch, eine möglichst große Gartenfläche zu schaffen, die von der Küche aus sichtbar ist“, erklärt der Architekt. Durch Errichtung einer Stützmauer konnte eine ebene Freifläche für den Garten vor der Wohnküche und der überdachten Terrasse geschaffen werden. Die Straße am unteren Ende des Hanges wird durch die Position und Ausrichtung des Gebäudes komplett ausgeblendet. Die Terrassen und der Garten bilden intime Rückzugsorte zum Wohlfühlen. „Man fühlt sich hier sehr geschützt und geborgen“, beschreibt es der Bauherr.
Daten und Fakten
Objekt: Haus am Schellenberg, Feldkirch-Tosters
Architektur: Marte-Huchler, Muntlix
Statik: Hagen-Huster, Bregenz
Ingenieure/ Fachplaner: Heizung-Lüftung-Sanitär-Planung: E-Plus, Egg
Planung: 6/2009–9/2009
Ausführung: 10/2009–2/2010
Grundstücksgröße: 803 m²
Wohnnutzfläche: 148 m²
Keller: 107 m² (davon 61 m² kalt)
Bauweise: Holzriegelkonstruktion mit Massivholzdecken; Außenfassade: Stahlplatten 3 mm, hinterlüftet; kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung, Erdsonde mit Wärmepumpe
Ausführung: Baumeister: Gebhard Waibel, Meiningen; Zimmerer: Holzbau Fetz, Egg; Schlosser & Fassade: Dietmar Röthlin, Röthis; Sanitär & Klima-Installationen: Hörburger, Altach; Elektro-Installationen: Markus Meissl, Feldkirch; Tischlerarbeiten: Hugl Tischlerei, Feldkirch
Energiekennwert: 24,5 kWh/m² im Jahr
Quelle: Leben&Wohnen – die Immobilienbeilage der “Vorarlberger Nachrichten”
Für den Inhalt verantwortlich:
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