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Begeisterte Schüler nach eindrücklichem Zeitzeugenbesuch

In seinem 102. Lebensjahr ist der agile Zeitzeuge Marko M. Feingold (links) in der Lage, jeden Tag, an dem es besondere Vorkommnisse in den Konzentrationslagern gab, genau zu erzählen.
In seinem 102. Lebensjahr ist der agile Zeitzeuge Marko M. Feingold (links) in der Lage, jeden Tag, an dem es besondere Vorkommnisse in den Konzentrationslagern gab, genau zu erzählen. ©Bandi Koeck
Feldkirch. (BK) Der 101-jährige Holocaust-Zeitzeuge Marko Feingold berichtete vor unzähligen Schülern der Handelsakademie sowie des BG Schillerstraße und wusste alle Fragen zu beantworten.
Einer der letzten Augenzeugen der Shoah

 

Der am 28. Mai 1913 geborene Marko Feingold folgte der Einladung des Feldkircher Lehrers Benjamin Koeck und besuchte vergangene Woche mehrere Klassen der HAK Feldkirch sowie auch des Bundesgymnasiums Schillerstraße, um den Schülern persönliche Erfahrungen über die Zeit des Nationalsozialismus sowie den bedrückenden und unmenschlichen Alltag in den Konzentrationslagern zu vermitteln. Feingold, der nie müde wird, über seine Erfahrungen öffentlich zu sprechen und gegen Ungerechtigkeiten aufzustehen und gegen Fremdenfeindlichkeit zu mahnen, besitzt eine Gabe, dass Schüler ihm wortwörtlich an den Lippen kleben. Die Schüler durften ihm gleich zu Beginn Fragen stellen, auf die er ausführlich einging. „Wenn meine Zuhörer am Anfang Fragen stellen, dann weiß ich gleich, was sie gezielt wissen möchten“ erklärte Marko Max Feingold seine überlegte Vorgehensweise.

Der ehemalige Wiener, der nach Kriegsende nicht nach Wien gelassen wurde und somit bis heute in Salzburg lebt, da er nicht zurück nach Buchenwald wollte, überlebte vier Konzentrationslager und war gleich zu Beginn in Auschwitz-Birkenau.  Feingold ist der letzte lebende Zeitzeuge in Österreich, der bereits als Erwachsener – er stand kurz vor seinem 26. Lebensjahr, bevor er in Prag deportiert wurde – die Gräuel der NS-Schergen am eigenen Leib erleben musste. Er berichtete in den Feldkircher Schulen von  den unvorstellbaren Zuständen in den KZs: „Die Einlieferung in ein KZ bedeutete das Ende einer Zivilisation, das Ende eines Namens, das Ende von allem, was man gelebt und erlebt hat. Man wurde so bearbeitet, dass man alles vergisst, alles bis auf seine Nummer“, antwortete er auf die Frage, wie es jemandem bei der Einlieferung in ein KZ ging.

„Man wurde geschlagen, man bekam fast nichts zu essen, lediglich 700 Kalorien pro Tag, und benötigte bei leichter Arbeit ca. 2000 Kalorien. Somit waren die meisten Inhaftierten nach wenigen Wochen abgemagert“ ging er mit seinen Ausführungen ins Detail. Es war mucksmäuschenstill im Saal, so sehr, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Feingold widerlegte viele gängige Meinungen und Vorurteile über die Zustände und Abläufe in den KZs. Beispielsweise, dass die Härte eines KZ je nach Führung unterschiedlich gewesen sein soll: „In Wirklichkeit wechselte die Führung der KZ öfters untereinander im Rotationsverfahren.“ Neben seinen Schilderungen in seiner markanten Stimme brachte der Shoah-Überlebende viele Dokumente und Beweisstücke mit, welche er stets bei sich in einer Tasche trägt. „Ich habe das mitgebracht, damit ihr mir glaubt, was ich euch erzähle“, sagte er und zeigte beispielsweise einen Pass mit einem „J“ darauf, das für Juden stand und von den Schweizern verlangt wurde, damit Juden bei einer geplanten Einreise in die Schweiz sofort erkannt werden konnten. Der Pass, der in alter Kurrentschrift ausgestellt worden war, stand unter besonderen Kennzeichen: „Drei Goldzähne. Zwei Oberkiefer, einer Unterkiefer.“ Die Frage, warum das so war, erübrigt sich wohl. Zudem beeindruckte die vielen Schüler, dass Feingold nach all den schrecklichen Erfahrungen derart offen und detailreich über dieses Thema sprechen konnte und schon vor über Tausend Schülern geredet hat.

 

Schülerstatements zum Zeitzeugenbesuch:

„Mit seinen 101 Jahren hat er die Zeit im Nationalsozialismus sehr verständlich erklärt und beschrieben. Er hatte auf alle Fragen, die von den Schülern gestellt wurden, eine ausführliche und interessante Antwort.“ (HAK-Schülerin Lea)

„Herr Feingold ist ein lustiger alter Mann, der trotz seinen 101 Jahren Witze reißen kann und dem man es praktisch nicht anmerken kann, welche Gräueltaten er erleben musste.

“Es war sehr interessant, von einem Zeitzeugen persönliche Eindrücke erfahren zu können. Mich faszinierte auch, wie offen und ehrlich er über diese Zeit sprechen konnte. Somit gestaltete er den Vortrag sehr interessant und überaus spannend.“ (HAK-Schüler Clemens)

„Mir hat es gut gefallen, dass er so offen über seine Vergangenheit gesprochen hat und ich viel Neues erfahren habe. Was mich beeindruckt hat war, dass er trotz all dem seinen Lebensmut nicht verloren hat.“ (BG-Schülerin Maria)

 

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