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Feierliche Eröffnung des 18. Philosophicum Lech

Eröffnung: 18. Philosophicum in Lech
Eröffnung: 18. Philosophicum in Lech ©Si!Kommuniaktion
Lech. Mit der feierlichen Eröffnung des 18. Philosophicum präsentiert sich Lech am Arlberg wieder für vier Tage als Zentrum intellektueller Auseinandersetzung.

Welche Anziehungskraft das internationale Symposium mittlerweile hat, zeigt sich am enormen Publikumszuspruch ebenso wie an den hochkarätigen Vortragenden und prominenten Diskutanten. So boten bereits das Magna-Siemens-Impulsforum sowie die Eröffnungsreden und –vorträge anregende Reflexionen zum heurigen Thema „Schuld und Sühne. Nach dem Ende der Verantwortung“.

 

„Es freut mich und es ehrt uns, viele bekannte Gesichter zu sehen, denen ich in diesem Rahmen bereits zum zehnten oder gar fünfzehnten Mal begegne“, sprach Ludwig Muxel, Bürgermeister von Lech, in seiner Eröffnungsrede die treuen Teilnehmer des Philosophicum Lech an. Dabei mussten dieses Jahr auch etliche Stammgäste auf das nächste Jahr vertröstet werden, nachdem die Veranstaltung bereits Ende Juli, so früh wie noch nie ausgebucht war. Der enorme Publikumszuspruch ist nur ein Indiz dafür, welche Strahlkraft das Philosophicum über die Jahre entwickelt hat. Dessen Bedeutung unterstrich auch Landesstatthalter von Vorarlberg, Karlheinz Rüdisser in seinen Begrüßungsworten: „Das Philosophicum ist das kulturelle Highlight zum Abschluss der Sommersaison. Wir sehen es als besondere Auszeichnung für unser Land, vor allem aber für den Arlberg, Veranstaltungsort für dieses internationale Symposium zu sein.“

 

Dass philosophische bzw. kulturwissenschaftliche Diskurse wieder verstärkt Beachtung finden, und zwar nicht zuletzt im Kontext mit dem heurigen Thema des Philosophicums – dem Umgang mit Schuld und Verantwortung, damals wie heute – lässt sich an den Schlussworten von Rüdissers Eröffnungsrede ablesen: „Ich freue mich auf die Ergebnisse dieser Tage, die auch für unsere politische Arbeit im Land eine wertvolle Grundlage darstellen können.“ Auf die rechtsstaatliche Dimension der Thematik kam im Anschluss daran Kanzleramtsminister Josef Ostermayer als gelernter Jurist zu sprechen. Die Prinzipien des österreichischen Strafgesetzbuches beleuchtend, stellte er eine Reform desselben im kommenden Jahr anlässlich dessen 40. „Geburtstages“ in Aussicht.

 

Den Eröffnungsreden traditionell vorausgegangen war das Magna-Siemens-Impulsforum, das seinem Namen durch eine überaus lebendige Diskussion alle Ehre machte. Dass die Antworten auf die titelgebende Frage „Wer trägt die Verantwortung?“ recht kontroversiell ausfielen, lag u. a. an den unterschiedlichen Bezugspunkten der Diskussionsteilnehmer (Politik, Rechtsprechung, Gewissen und Moral, Gesellschafts- bzw. Systemkritik) war die Runde doch ebenso heterogen wie prominent besetzt. Zu dieser gehörte Österreichs wohl bekanntester Strafverteidiger Manfred Ainedter, den Moderator Markus Spillmann, Chefredakteur der NZZ, in Verwendung einer Pointe der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ als „die fleischgewordene Unschuldsvermutung“ bezeichnete. Des Weiteren der ehemalige Vizekanzler und Ehrenpräsidenten des Europäischen Forums Alpbach Erhard Busek, dem Spillmann im Laufe der Diskussion wiederum das Kompliment des „fleischgewordenen Verantwortungsbewusstseins“ angedeihen ließ. Zudem der in deutschen Medien gern gesehene Diskussionsgast Bischof Hans-Jochen Jaschke und nicht zuletzt Christian Felber, Gründungsmitglied von Attac Österreich, Initiator des Projektes „Demokratische Bank“ und Verfasser von 14 Büchern.

 

Insbesondere Felbers Fundamentalkritik, wie jene an den „machthabenden, doch die Verantwortung zu unterlaufen versuchenden transnationalen Wirtschaftsakteuren“, löste Widerrede aus. Sah Busek die Ausführungen von Felber zu simplifizierend, stieß sich Jaschke daran, dass damit die Verantwortung einem System statt dem Einzelnen zugesprochen werde, während Ainedter in Felbers Alternativvorschlägen eine allzu idealistische Weltsicht zu entdecken meinte. Doch auch Ainedter sprach offen, wählte provokante Worte, indem er meinte, Gerechtigkeit sei vielleicht im Himmel zu finden, doch keine strafrechtliche Norm – und gerichtliche Urteile hingen zu gutem Teil vom Zufall ab, da auch in diesem Fall ja Menschen über Menschen urteilen würden. Dagegen erhob Bischof Jaschke Einspruch, der Gerechtigkeit auf Erden und Vorrang für diese im Zusammenhang mit Verantwortung einforderte. Busek wiederum meinte, dass „wir raffinierte Mechanismen haben, die Verantwortung von uns zu schieben“, und dass es keiner oft beschworenen neuen Werte bedürfe, sondern bloß einer Besinnung auf die altbekannten.

 

Während das Impulsforum sich also unter höchst aktuellen Gesichtspunkten dem Prinzip Verantwortung widmete – so auch Dieter Althaus, Ministerpräsident von Thüringen außer Dienst, als Vertreter vom Magna in seinem einleitenden Impulsreferat, in dem er auf die Facetten von Verantwortung in der Unternehmenskultur einging –, schöpften Michael Köhlmeier und Konrad Paul Liessmann am „literarischen Vorabend“ wieder aus dem reichen Fundus abendländischer Geistesgeschichte. Als Einstimmung auf das diesjährige Thema entwarfen die beiden wieder im traditionellen Wechselspiel zwischen atmosphärischer Erzählung und philosophischer Reflexion ein breit gefächertes Panorama darüber, in welchem Verständnis die zentralen Begriffe Schuld und Sühne in der Frühzeit unserer Kultur auftauchten und welche Implikationen damit bis heute verbunden sind. Von der biblischen Geschichte des Sündenfalls über das Schicksal des tragischen Helden Orest in der griechischen Mythologie bis hin zur ambivalenten Figur des Hagen im Nibelungenlied reichte der Bogen, mit dem die Spannung des Zuhörers in Hinblick auf die Vorträge der kommenden Tage gesteigert wurde.

 

Vertiefung erfuhr der Themenkomplex beim Referat des wissenschaftlichen Leiters Konrad Paul Liessmann, das wie üblich die wissenschaftliche Vortragsreihe eröffnete und diverse Blickwinkel auf die Materie eröffnete. Dabei scheute er auch nicht profilierte Thesen, wie etwa, dass der moderne Mensch ein „Verantwortungskünstler und Schuldverschiebungsstratege sei“, der, indem er die Schuld der eigenen Kultur benennt, sich von seiner persönlichen auch schon wieder distanziert. Als zweiter Referent folgte der ehemalige Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Karlheinz Töchterle, der in dieser Funktion das Philosophicum mehrmals mit Eröffnungsreden beehrte, doch heuer erstmals seine wissenschaftlichen Fachkenntnisse voll zur Geltung bringen konnte. So zeichnete der versierte Altphilologe in freier Rede den in Fragen von Schuld und Sühne zentralen antiken Mythos von Ödipus wie auch seine Rezeptionsgeschichte, insbesondere die berühmt gewordene Deutung von Sigmund Freund nach und unterstrich damit die Zeitlosigkeit so mancher moralischen Fragestellung. Experten verschiedenster Provenienz werden sich in den nächsten Tagen nicht weniger profund der Frage von Schuld und Sühne stellen, wobei mit der Verleihung des Tractatus heute bereits ein weiterer Höhepunkt des Philosophicum Lech bevorsteht.

 

Ein Beitrag von Christina Sorapera/Si!-Kommunikation.

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