Der Quereinsteiger hat üblicherweise ein hartes Los. Zwar hat er üblicherweise das, was Politiker sich hart erkämpfen müssen: Bekanntheit im Volk und Sympathien obendrein. Aber die strahlend helle Supernova, extra für den Wahlkampf engagiert, verglüht zu oft, noch bevor die Wahlen geschlagen sind. Zwei Drittel von ihnen werden kein zweites Mal nominiert, stellte Armin Wolf 2005 in seiner Dissertation fest. Als Lehrbeispiel des Quereinsteigers wird der noch vor einem Jahr hochrespektierte ORF-Journalist Eugen Freund in die Annalen eingehen. Mittlerweile dürfte auch ihm selbst gedämmert sein, dass der EU-Wahlkampf für die SPÖ so ziemlich alles kaputt gemacht hat, was er viele Jahre seines Lebens aufgebaut hat.
„Vorarlberg heute“ war gestern
Auch in Vorarlberg ist der ORF eine gute Quelle für Quereinsteiger. Christoph Waibel stand seit 1999 für „Vorarlberg heute“ vor der Kamera. Beruflich ging es ihm zuletzt im ORF nicht gut, Differenzen über die Häufigkeit seiner Moderationen mit dem Landesdirektor, es folgten launige Verabschiedungen on air (nach dem Motto „wir sehen uns in einem Monat wieder“). Tolle Voraussetzungen, ihn abzuwerben. Ein guter Listenplatz (in Waibels Fall die Nummer 2) ist etwas, was Quereinsteigern die Entscheidung definitiv erleichtert – so wurde es die FPÖ. Was hat Dieter Eggers Promi-Coup nun den Freiheitlichen gebracht? Schwer zu sagen, immerhin hat Waibel eine Pressekonferenz gegeben. Bis aber die Frage „Wer ist eigentlich FPÖ-Bildungssprecher in Vorarlberg?“ wie natürlich mit „Christoph Waibel“ beantwortet wird, muss der Dornbirner wohl noch etwas weiter in seinem neuen Job arbeiten.
Landtag statt „Frühschoppen“
Nummer zwei, die von der ORF-Honorarliste in die Politik wechselte, war Martina Rüscher. Nun ist der „Frühschoppen“ auf Radio Vorarlberg zwar keine Hochmesse der Landespolitik, aber auch hier ist die gewisse Bekanntheit der Andelsbucher Kommunikationsexpertin etwas, mit dem sich in ihrem Fall die ÖVP nun schmücken darf.
Disco-Coup fiel ins Wasser
Der bemerkenswerteste Coup in Richtung Jungwähler für Markus Wallner fiel aber schon früh ins Wasser, weil die Feldkircher Bezirkspartei etwas anderes im Sinn hatte. Eigentlich hätte Disco-Besitzer und Hoffnungsträger Thomas Krobath, der seit Jahren vor allem bei jungen Vorarlbergern eine feste Größe ist, eine Top-Platzierung auf der Landesliste einnehmen sollen. Markus Wallner sprach mit dem 35-Jährigen, wollte ihn als Überraschungsmann bringen. Doch schnell formierte sich innerparteilicher Widerstand, den AK-Direktor und Feldkircher ÖVP-Parteiobmann Rainer Keckeis auch öffentlich vertrat. Wallners Jung-Hoffnung Krobath fiel im Frühjahr bei den Abstimmungen durch, landete auf dem chancenlosen 20. Listenplatz in Feldkirch.
Jedenfalls empfiehlt es sich, vor allem bei politischen Quereinsteigern etwas zuzuwarten und die Angelegenheit nach einigen Jahren noch einmal abschließend zu bewerten, gern auch bei einem guten Tropfen in Patrick Ortliebs Hotel in Oberlech.
Gerold Riedmann (Twitter: @geroldriedmann) ist Vorarlberger Journalist und kommentiert als Geschäftsführer von Russmedia Digital für VOL.AT kleine und größere Episoden aus dem Vorarlberger Landtagswahlkampf. Riedmann war bis 2011 stv. Chefredakteur der VN und arbeitete zuvor in München, unter anderem für den Bayerischen Rundfunk und elektronische Medien der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
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