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Färöer: Tierschutz-Aktivistin Sandy P.Peng war beim Grindadrap vor Ort

Sandy P. Peng hat sich auf den Faröer-Inseln für die Meeresbewohner eingesetzt
Sandy P. Peng hat sich auf den Faröer-Inseln für die Meeresbewohner eingesetzt ©Sea Shepherd
Schwarzach - Auf den Färöer-Inseln gehört das Grindadrap, der Grindwalfang, zur Tradition. Für die Tierschutzorganisation Sea Shepherd ist das unfassbar. Bei ihrem Einsatz für die Meeresbewohner gehen sie dementsprechend forsch vor. Mit dabei ist auch eine Vorarlbergerin, das Tattoo-Model Sandy P. Peng. Im VOL.AT-Interview spricht sie über die prekäre Situation.
Sea Shepherd auf den Faröern
Aktivisten auf Faröer-Inseln festgenommen

VOL.AT: Wie läuft das Grindadrap auf den Färöern ab?

Sandy P. Peng: Die färöischen Waljäger halten, genau wie wir Sea Shepherd Volunteers, Ausschau nach den Tieren. Das tun sie vom Land aus, beim Angeln und Fischen und von der Fähre aus. Sobald sie eine sogenannte Schule von Walen oder Delfinen entdeckt haben, also eine größere Gruppe, informieren sie den Grindmeister. Dieser hält Rücksprache mit dem Sysslemann, dem lokalen Polizeichef, der dann den Grind ausruft. Von diesem Moment geht alles sehr schnell: Mehrere Boote, mindestens vier an der Zahl, verlassen ihre Häfen und fahren auf die Schule zu. Sie bilden eine V-förmige Formation und erzeugen eine Art Lärmwand, die die ahnungslosen und verängstigten Tiere nach vorne in den Fjord treibt. Dort warten dann schon zig blutrünstige Menschen darauf, den Walen und Delfinen Haken in die Atemlöcher zu schlagen, an denen sie dann an den Strand gezogen werden. So können sie sich nicht mehr bewegen.

VOL.AT: Wie werden die wehrlosen Tiere dann geschlachtet?

Ein harpunenartiges Tötungswerkzeug wird in das Atemloch gesteckt und mit einem starken Ruck das Rückenmark durchtrennt. Das tötet den Wal im Normalfall nicht, es paralysiert ihn nur. Eine Blutfontäne spritzt heraus, sie färbt das Wasser dunkelrot und das Tier verendet qualvoll, während es die verzweifelten Schreie seiner Familie hört, die dasselbe Schicksal erwartet. Danach schneidet der Jäger den Nacken des Wales oder Delfins auf, damit das Blut schneller entweichen kann.

VOL.AT: Wie reagiert die heimische Bevölkerung darauf?

Es sind die freudigen Rufe und das Gelächter der Walmörder, ihrer Angehörigen und Freunde zu hören. Kinder klettern lachend auf den Kadavern herum und ab und zu sieht man einen kleinen Jungen das Messer des Vaters in einen toten Wal treiben. Es ist ein grausames, archaisches Ritual, bei dem die Kleinsten auf ihre zukünftige Aufgabe herangeführt werden. Die Stimmung unter den Einheimischen ist ausgelassen, während komplette Familien von intelligenten und sozialen Tieren dem blutigen Massaker erliegen.

VOL.AT: Wie versuchen die Aktivisten, die Fischer von der Jagd abzuhalten?

Sandy P. Peng: Unsere erste Verteidigungslinie für die Meeressäuger sind unsere Augen. Überall auf den Inseln haben wir Mitglieder der Landcrew postiert, die von Sonnenauf- bis untergang das Meer beobachten. Die Bootcrew patrouilliert indes in den küstennahen Gewässern. Sobald eine Schule von Walen oder Delfinen gesichtet wird, wird das Bootteam angefordert. Diese versucht die Tiere von der tödlichen Küste wegzutreiben, hinaus in die sichere See. Man muss jedoch im schlimmsten Fall davon ausgehen, dass die Färinger die Tiere auch schon bemerkt haben. Von daher ist es auch wichtig zu beobachten, welche Boote die Anlegeplätze verlassen. Sollten die Boote der Walmörder früher bei der Schule sein, versuchen unsere Boote, deren Formation zu zerstören, damit sich den Tieren ein Fluchtweg bietet.

VOL.AT: Was ist die Reaktion der Exekutive?

Spätestens an diesem Punkt bekommen wir es mit der dänischen Marine zu tun. Obwohl Dänemark als EU-Land der Walfang und die Unterstützung desselbigen untersagt ist, schickt die Regierung militärische Spezialkräfte los, um gewaltfreie, unbewaffnete Tierschützer zu attackieren. An Land versuchen Teile der Landcrew ins Wasser zu gelangen, um die Wale zum Umkehren zu bewegen. Das Wasser ist allerdings sehr kalt, weswegen unseren Leuten wenig Zeit bleibt. Auch die Polizei ist dann vor Ort und versucht unsere Crew  aus dem Wasser zu holen und  festzunehmen, damit das Töten störungsfrei vonstatten gehen kann. Unsere stärksten Waffen sind jedoch die Kameras und somit die Augen der Welt. Wie auch im japanischen Taiji wollen die Mörder nicht, dass ihre Tradition der Weltöffentlichkeit bekannt wird. Ihnen ist klar, dass dieses widerliche Schauspiel von der ganzen Welt verachtet wird. Daher postieren wir am Strand und an Plätzen mit guter Sicht so viele Volunteers wie möglich, die den Grind dokumentieren.

VOL.AT: Wieso gibt es auch immer wieder Verhaftungen?

Sandy P. Peng: Vor kurzem wurde auf den Färöern ein Gesetz erlassen, dass das Eingreifen sowie die Verhinderung eines Grindadrap unter Strafe stellt. Sobald der Sysslemann einen Grind ausgerufen hat, dürfen sich nicht autorisierte Personen, sprich Personen ohne Tötungsabsicht, nicht näher als eine Seemeile an die zum Tode verurteilten Tiere heranwagen. Eine ähnliche Regelung gilt für den Strand. Dieser ist während des Grinds ebenfalls eine Sperrzone. Selbst der Überflug in einer Höhe unter 500 Meter ist strafbar. So will man verhindern, dass Sea Shepherd mit Drohnen Aufnahmen aus der Luft macht. 
Wir sind jedoch eine aktive Schutzorganisation, die das Leben der Delfine und Wale bis zum letzten Moment retten will. Die Konsequenzen sind Verhaftungen und die Konfiszierung der Boote und unserer Kameras. Mittlerweile sind alle Sea Shepherds wieder frei, die Verhandlung am 25.9. wird dann erstmals zeigen, welche Konsequenzen folgen und welchen Preis wir für das Bewahren geschützten Lebens zahlen müssen.

VOL.AT: Wie ist die Stimmung auf den Färöern bei den Aktivisten zu dieser Zeit?

Sandy P. Peng: Die Stimmung ist sehr wohl aufgeheizt. Eine Mischung zwischen Wut und Trauer. Während meiner Zeit auf den Färöer-Inseln waren wir fast den ganzen Tag angespannt. Mann wusste nie, was wann passieren wird, es konnte jeden Moment losgehen. Wir waren Tag und Nacht in Alarmbereitschaft und ausnahmslos alle Sea Shepherd-Aktivisten waren bereit, die Wale mit jeder Konsequenz zu verteidigen und das blutige Massaker zu verhindern. Der Ernstfall hat gezeigt, dass sich im Moment eines Grinds pure Entschlossenheit einstellt und zwar bei allen Crewmitgliedern. Jeder weiß genau, was auf dem Spiel steht und jeder weiß, was seine Aufgabe ist. Denn nur so haben wir und somit die Wale und Delfine eine Chance.

VOL.AT: Du bist aktives Mitglied der Sea Shepherds, wie ist es dazu gekommen?

Sandy P. Peng: Die Aktivitäten von Sea Shepherd beobachte und verfolge ich nun seit einigen Jahren. Da ich seit rund sieben Jahren als Tierrechtsaktivistin aktiv bin, regional und international, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mich auch für die Schützlinge der Ozeane einsetze. Ein weiterer Grund ist meine Liebe zu Seehunden, auch sie gehören zu den Klienten von Sea Shepherd.

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