Jedoch blieb die Anzahl der Suizide laut Statistik Austria in Vorarlberg mit 45 unverändert zum Vorjahr.
Vorarlberg hat die drittniedrigste Suizidrate
Bereits traditionell nahmen sich mit 38 Personen deutlich mehr Männer das Leben. Die Anzahl der weiblichen Selbsttötungen betrug sieben. Die Suizidrate (Zahl der Toten pro 100.000 Einwohner) lag im vergangenen Jahr in Vorarlberg bei 12,3 und damit weit unter dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) formulierten Richtwert von 15. Im Österreichvergleich hat das Ländle gemeinsam mit Wien die drittniedrigste Suizidrate. Angeführt wird die Liste von Kärnten mit einer Rate von 22,0, gefolgt von der Steiermark mit 18,5.
Attentäter erkennen ist fast unmöglich
Während die Häufigkeit erweiterter Suizide aufgrund stark zurückgeht, nimmt die Zahl der erweiterter Morde – Fälle, bei denen Menschen aus Aggression andere mit in den Tod nehmen – auch österreichweit stark zu. Völlig neu sei der Trend, komplett Unbeteiligten das Leben zu nehmen. Der Situation stünden alle beteiligten Professionen “ziemlich hilflos” gegenüber, sagte Haller. “Man weiß nicht, was man dagegen machen soll, wenn es zuvor keine Anzeichen gibt und der Täter auch nicht unter einer psychischen Erkrankung leidet”, so der Psychiater. Er beschwichtigte aber auch: Erweiterte Morde seien immer noch seltene Ereignisse.
Anschläge werden auch in Österreich häufiger
Aufgrund der gehäuften Terroranschläge in Europa und auch des Amoklaufs in der Vorarlberger Gemeinde Nenzing im Mai haben Haller und sein Kollege, der frühere Primar des Landeskrankenhauses Rankweil Albert Lingg, den Schwerpunkt des Vorarlberger Suizidberichts auf erweiterte Selbstmorde im Rahmen von Terror und Amok gelegt. Ihr Fazit: In Österreich und auch in Vorarlberg werden Selbstmordanschläge häufiger werden. “Wir werden wahrscheinlich damit leben lernen müssen”, räumte Haller ein. Die Häufigkeit der Ereignisse sei verglichen etwa mit Israel oder Palästina allerdings sehr gering.
Einschätzung des Experten war falsch
Aufmerksam machten die Experten auf die Art der Terroranschläge, die sich im letzten Jahrzehnt sehr verändert habe. Früher wollten auch Terroristen am Leben bleiben, heute “opferten” sie sich ihrem Anliegen, betonten sie. Auch seien die Anschläge nicht mehr gegen eine spezifische Gruppe gerichtet. “Attentate treffen heute komplett Nichtbeteiligte”, so Haller, der auch einräumte, mit seinen Prognosen “völlig daneben gelegen” zu sein: “Vor zwei Jahren hätte ich nie gedacht, dass es zu einer derartigen Entwicklung kommt.”
Unterschied zwischen Amokläufen und Terroranschlägen
Mit der Wahl des Schwerpunktthemas wollen Haller und Lingg auch über die Unterschiede von Amokläufen und Terroranschlägen aufklären. Amokläufer seien in der Regel psychisch schwer gestört, meist Einzeltäter, ihre Anschläge verübten sie “anfallsartig” und willkürlich. Terroristen hingegen seien keine kranken Menschen, stellten die beiden Psychiater fest. Häufig seien sie sehr intelligent und handelten kühl kalkuliert aus politischen, ideologischen oder religiösen Motiven. “Auch wenn ein Terrorist allein auftritt, ist er doch meist eingebunden in eine Gruppe, die den Anschlag sehr lange geplant hat”, bekräftigte Haller.
Lingg warnte die Medien davor, allzu ausufernd und reißerisch über Selbstmordanschläge zu berichten, denn dies könne eine Nachahmungskette in Gang setzen. Sein Wunsch wäre es, auf Internetportalen unter Berichten über diese Themen die Kommentarfunktion auszuschalten.
(APA/red)
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