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"Es war ein Kampf": Billy Talent im Interview zu "Afraid Of Heights"

Sänger Benjamin Kowalewicz über das brandneue Album.
Sänger Benjamin Kowalewicz über das brandneue Album. ©APA/Herbert P. Oczeret
Die kanadische Rockband Billy Talent ist ein Beispiel dafür, wie gerade gestrickte, handgemachte Musik Tausende mitreißt. Am 29. Juli veröffentlichen sie mit "Afraid Of Heights" ihr fünftes Studioalbum. "Es war viel Arbeit und ein ziemlicher Kampf", so Frontmann Ben Kowalewicz.
Billy Talent am Nova Rock '16

Billy Talent hatten in den vergangenen Monaten auch einiges zu verkraften. Im Vordergrund stand dabei Schlagzeuger Aaron Solowoniuk, dessen Multiple-Sklerose-Erkrankung sich zuletzt verschlechterte. Das ging leider so weit, dass er aktuell auf Platte sowie Tour durch den befreundeten Trommler Jordan Hastings ersetzt wird.

“Die Situation hat sich im vergangenen September herauskristallisiert. Verdammt, das ist schon lange her”, erzählt Kowalewicz. “Wir hatten jedenfalls einen anderen Zeitplan im Kopf. Als klar war, dass Aaron nicht mitmachen kann, waren wir am Boden zerstört.”

“Afraid Of Heights” mit viel Energie

Billy Talent wären aber nicht Billy Talent, wenn man sich nicht wieder herausziehen könnte. “Wir sagten zunächst: Scheiß drauf, wir warten, bis es ihm besser geht”, umreißt der Sänger den dann gefassten Plan. Nur sei genau das schwierig vorherzusagen gewesen. Weshalb sich letztlich Hastings hinter das Drumkit setzen durfte. “All das haben wir mit uns herumgeschleppt, es hat sicher unsere Sichtweise massiv verändert”, glaubt Kowalewicz.

Wobei: Die zwölf Stücke von “Afraid Of Heights” geben sich keineswegs niedergeschlagen, sondern versprühen vielmehr eine “Jetzt erst recht”-Mentalität. Da wäre der Billy Talent-typische, weil sehr angriffige Opener “Big Red Gun”, das rhythmisch-akzentuierte “The Crutch” oder das überlange “Rabbit Down The Hole”, das Gewohntes mit einer neuen Würze verfeinert. Hier regiert immer noch der Punkrock, dürfen die Refrains gerne hymnisch werden und vermittelt man einen grundoptimistischen Tenor. Dass Hauptsongwriter und Gitarrist Ian D’Sa sein Händchen für Hits ebenso wenig eingebüßt hat, unterstreicht wohl “Louder Than The DJ” am besten: Ein simpler, sofort ins Ohr und die Beine gehender Rocksong, der die Langlebigkeit des eigenen Handwerks feiert.

Billy Talent mit Neuzugang Jordan Hastings

“Ian weiß, wann ein Song großartig wird”, streut Kowalewicz seinem Kollegen Rosen. “Wenn du Glück hast und in diesem Moment dabei bist, willst du sofort lauter drehen! Du wirst einfach mitgerissen.” Er selbst sei hingegen bei der Beurteilung der eigenen Werke nicht so sattelfest. “Ich könnte niemals sagen: Das wird ein Hit. So was kann ich nicht. Auch Songs wie ‘Fallen Leaves’ oder ‘Red Flag’: Die hätten es beinahe nicht auf die zweite Platte geschafft”, schmunzelt der quirlige Sänger über jene Stücke, die heute Klassiker im eigenen Portfolio sind. “Wir hatten sie eher als B-Seiten im Kopf. Aber glücklicherweise hat eine intelligente Person gesagt: Die gehören auf das Album!”

Davon abgesehen gebe es einfach “gewisse Standards”, die man in der Band erfüllen möchte. “Wir wollen immer unser Bestes geben – jeder von uns! Wenn man sich Mühe gibt, kommt das auch in den Stücken rüber und die Leute spüren das.” In eine ähnliche Kerbe schlägt Neuzugang Hastings, der sich im Kollektiv rasch wohlfühlte. “Anfangs war es schräg, weil Aaron ein wirklich guter Freund ist – aber der Rest der Burschen auch. Ich fühlte mich geehrt, als sie mich fragten. Und nach einer gewissen Zeit hat es wirklich super funktioniert.” Dass auch der Schmäh bereits rennt, untermauert Kowalewicz augenzwinkernd: “Er hat einen großartigen Job gemacht – für ein Arschloch.”

Konzerttermine in Österreich

Das sind wohl die Zwischentöne, die für eine gelungene Bandharmonie dazugehören. Denn in erster Linie muss man festhalten: Billy Talent verstehen es, auf dem Album wie auf der Bühne positive Gefühle zu vermitteln. So gehe es bei den neuen Songs zwar auch “um Kampf, um Hoffnung und darum, etwas zu überwinden”, resümiert der Sänger. “Am Ende steht dann die Belohnung, diese Dinge geschafft zu haben. Aber letztlich wollen wir gute Menschen sein, Liebe und Leidenschaft versprühen.”

>> Billy Talent live in Österreich: 25. November im Posthof Linz, 26. November im Wiener Gasometer, 27. November im Orpheum Graz.

(Christoph Griessner und Wolfgang Hauptmann/APA)

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