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Sensationsfund in Koblach

Noch nie wurden in Vorarlberg menschliche Fossilien entdeckt, die so alt sind, jene Skelettreste von Menschen, die in der Mittelsteinzeit nahe des Kummenberg gelebt haben.

Der Fund, der nun an der Innsbrucker Universität analysiert wurde, ist eine Sensation. Es wurden in Österreich bislang nur sehr wenige menschliche Überreste sicher gestellt, die älter sind als jene aus Koblach. Die bislang „ältesten Vorarlberger“ hat man, so der Innsbrucker Professor Walter Leitner, damit auf jeden Fall gefunden.

Am Fuß des Kummenbergs haben sich somit bereits in der Mittelsteinzeit (etwa 8000 bis 5500 v. Chr.) Menschen angesiedelt. Jäger, Fischer und Sammler waren es, die unter einem Felsvorsprung für einige Zeit Schutz suchten oder auf Grund der landschaftlichen Gegebenheiten dort am damaligen „Rheintalsee“ gute Bedingungen vorfanden.

Der Fund – einzigartig für die gesamte Region – soll in den nächsten Jahren in einer Spezialabteilung am Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz ausgestellt werden.

„Beim Kummen liegt noch viel“

Dass der Kummenberg eine wahre Schatzkammer ist, wusste man schon lange. Schon in den fünfziger Jahren – damals unter der Leitung von Museumsdirektor Elmar Vonbank – wurden Ausgrabungen unternommen. Gesichert waren bislang einfache Gegenstände wie die abgebildete Hirschhornharpune, mit der Menschen der Mittelsteinzeit auf die Jagd gingen, bzw. – wie in diesem Fall – Fischfang betrieben.

Menschliche Überreste waren schwer auszusortieren. Die Funde wurden gesichert und gelagert.

Zum Teil in richtigen Anhäufungen von Schachteln. So ist es zu erklären, dass die Skelettreste erst Jahre nach den letzten Grabungen am Fuß des Kummenberg gesichtet und wissenschaftlich untersucht werden konnten.

„Beim Kummen liegt noch viel“, bestätigen sowohl Gerhard Grabher vom Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz wie Walter Leitner von der Uni Innsbruck.


Kommentar: Christa Dietrich

Es nützt nichts. So gut erhalten wie der berühmte Mann vom Similaun-Gletscher sind die Funde aus Vorarlberg nicht. Die Skelettreste, korrekt nennt man sie „menschliche Fossilien“, sind aber auch viel älter. Während “Ötzi“ gerade mal rund 5000 Jahre auf dem inzwischen im Museumslicht von Bozen schwitzenden Buckel hat, bringen es die ältesten Funde vom Kummenberg immerhin auf 9500 Jahre.

Um 7500 v. Chr. hat das Kind gelebt, dessen Überreste nun exakt datiert werden konnten. Die Frage, ob es nun „Götzi“ heißen darf, obwohl der Fund aus dem heutigen Gemeindegebiet von Koblach stammt, ist freilich nicht relevant.

Entscheidend ist, dass die Ergebnisse der Untersuchung in den nächsten Jahren in entsprechender Form publiziert werden können und dass das Landesmuseum dann in der Lage ist, den Sensationsfund anschaulich und würdig zu präsentieren.


Bericht der APA

Als archäologischer Sensationsfund haben sich bei Götzis (Bezirk Feldkirch) gefundene Knochenreste herausgestellt. Sie stammen von einem Kind, das etwa 7.500 v. Chr. gelebt hat und stellten sich als die ältesten menschlichen Überreste der Region heraus. ****

Einem Bericht der „Vorarlberger Nachrichten“ (Samstags-Ausgabe) zufolge wurden die menschlichen Skelettreste durch den Archäologen Walter Leitner von der Universität Innsbruck eindeutig der Mittelsteinzeit zugeordnet. Es handelt sich somit nach Angaben des Wissenschafters um die Entdeckung des zweitältesten “Österreichers“. Nur bei Krems gefundene Kinderskelette wären mit rund 25.000 Jahren noch älter als jene Fundstücke vom Fuß des Kummenberges bei Götzis.

Der Kummenberg mitten im Rheintal ist heute die natürliche Grenze zwischen Vorarlberger Unterland und Oberland. Vor tausenden von Jahren gehörte er zum Uferbereich eines fischreichen Sees. In der Mittelsteinzeit (etwa 8.000 bis 5.500 v. Chr.) hatten sich hier Menschen angesiedelt. Am späteren Fundort dürften Jäger, Fischer und Sammler unter einem Felsvorsprung für einige Zeit Schutz gesucht haben.

Der Fund soll in den nächsten Jahren in einer Spezialabteilung am Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz ausgestellt werden. Experten gehen davon aus, dass sich im Lager des Landesmuseums noch weitere archäologische Kostbarkeiten verbergen könnten: Die jetzt zugeordneten Knochenstücke waren bereits vor Jahren ausgegraben, aber erst später wissenschaftlich untersucht worden. Von den „Vorarlberger Nachrichten“ wurde der Fund übrigens auf „Götzi“ getauft.

Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war dem Vorarlberger Landesmuseum nicht bewusst, welchen „Schatz“ es in seinem umfangreichen archäologischen Depot beherbergt: Die Knochen, die sich jetzt als die zweitältesten menschlichen Überreste auf österreichischem Boden herausstellten, waren bereits 1952 ausgegraben worden.

Die menschlichen Skelettteile waren damals am Fuß des Rheintaler Inselbergs Kummenberg entdeckt worden. „Sie wurden normal gewaschen und inventarisiert“, versucht Gerhard Grabher, Archäologe am Landesmuseum, auf APA-Anfrage den Weg des Fundes zu rekonstruieren: „Ob man sie damals schon als menschliche Knochen identifizierte, lässt sich heute nicht mehr sagen.“ Wenige Jahre zuvor sei mit Elmar Vonbank ein Archäologe mit der Museumsleitung betraut worden, der zahlreiche Ausgrabungen in Vorarlberg initiiert hatte. Aber nicht jeder Fund wurde sofort wissenschaftlich ausgewertet, sondern wanderte ins Depot.

Dass die betreffenden Funde aus der mesolithischen Zeit stammten, das habe man aber auf jeden Fall gewusst, verweist Grabher auf einschlägige Fachpublikationen. Freilich waren die Bestimmungsmethoden auch nicht so fortgeschritten wie heute: Für ihre Diplomarbeit über die steinzeitlichen Fundstellen in Vorarlberg habe seine oberösterreichische Studentin Sonja Laus die in Bregenz deponierten Knochen der so genannten C14-Methode unterzogen, ergänzt der Innsbrucker Universitätsprofessor Walter Leitner. Dabei kann, vereinfacht gesagt, über den Gehalt bestimmter Kohlenstoffe, heute sehr genau das Alter bestimmt werden.

Insgesamt, so Grabher, wurden für die Diplomarbeit fünf Knochensammlungen aus dem Landesmuseum zur Verfügung gestellt. Den konkreten Fundort, einen rund 20 Quadratmeter großen Platz unter einem 40 Meter hohen Felsvorsprung, bezeichnet Grabher als idealen wettergeschützten Rastplatz für den Steinzeitmenschen. Die Kummenbergregion gilt als kleine archäologische Schatzkammer. An neuerliche Ausgrabungen nach der – späten – Auswertung des Fundes glaubt Grabher aber „eher nicht: Die Grabungsmethodik war damals schon sehr ausführlich“.

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