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Ein Zwischenort mit Aufenthaltsqualitäten

©Günther König
Die von der Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher entworfene Dornbirner Sägerbrücke ist viel mehr als ein schwebendes Stückchen Straße, um möglichst schnell von einer Seite der Dornbirner Ache auf die andere zu kommen.
Ein Zwischenort mit Aufenthaltsqualitäten

Obwohl der Bau der Sägerbrücke Landessache war, war es der Ehrgeiz des Dornbirner Bauamts, dass die neue Brücke zu einem ganz besonderen Ort wird. Was den Impuls zu einem geladenen Wettbewerb gab, den das Lustenauer Architektenduo Dworzak–Grabher einstimmig für sich entscheiden konnte. Ein kleines Handicap dabei war die Tatsache, dass die Konstruktionsart des Brückenunterbaus bereits im Vorfeld entschieden worden war. Ein Wermutstropfen, der allerdings den Vorteil mit sich gebracht hat, sich über die von den Ufern ohnehin kaum sichtbare Basis keine Gedanken machen zu müssen, sondern sich voll auf die eigentliche Architektur konzentrieren zu können, so Hugo Dworzak, der sich mit dieser Aufgabe einen alten Traum erfüllen konnte.

Hat der gebürtige Dornbirner doch bereits sein Postgraduate-Architekturstudium in den USA mit einer Arbeit abgeschlossen, in der es um eine Brücke zwischen Manhattan und Brooklyn ging, die natürlich nie gebaut wurde, im Gegensatz zu einer kleinen Brücke viele Jahre später, die die zwei Hälften eines Hauses verbindet. Eine „richtige“ Brücke, wie eine über die Dornbirner Ach bauen zu dürfen, war für den Architekten daher etwas ganz Besonderes.

Der Neubau der alten, dringend sanierungsbedürftigen Sägerbrücke ging mit der Absenkung des Betts der Dornbirner Ach einher, um diese absolut hochwassersicher zu machen. Für das, was die neue Brücke leisten sollte, gab es viele Vorgaben. So mussten sämtliche Busstationen samt Wartezonen im Umkreis von 200 Metern mitten auf die Brücke mit ihren zwei Fahrbahnen für Autos bzw. je einer für Fahrradfahrer und Fußgänger je Richtung verlegt werden. Mit dem Effekt, dass das neue Bauwerk breiter als lang geworden ist, von einem Stück Straße zu einem Platz mutierte, auf dem man sich noch dazu gern aufhält.

Dass das so ist, ist das Verdienst des Brückenliebhabers Hugo Dworzak. Für ihn war von Anfang an völlig klar, die Sägerbrücke aus Beton zu bauen. Auf dem Unterbau zog er den Beton „wie einen Teig“ (Dworzak) zu Fahrbahnen aus. Am Rand zog er ihn hoch Brüstungen und in der Mitte zu Wartehäuschen. Um sich farblich von der Umgebung abzuheben, wurde dem Beton grob gekörnter norwegischer Granit zugeschlagen, der viel heller als das Gestein der Umgebung ist. Das definiert die Brücke als sehr speziellen Ort, den man, den man quert, auf dem man aber auch gern eine Zeit lang verweilt. Um auf den Anschluss-Bus zu warten oder einfach nur von den einladend mit Robinienschuppen verkleideten Brüstungen auf die Ach zu schauen.

In der Oberflächenbehandlung des Betons spielt Hugo Dworzak raffiniert mit unterschiedlichen Haptiken. So werden die diversen Zonen der Brücke effektvoll definiert, indem der Beton der Fahrbahnen für die Autos rau gestockt ist, während der für die Fahrradfahrer und Fußgänger sandgestrahlt ist. In bzw. vor den rückseitig verglasten und mit hölzernen Sitzbänken möblierten Wartehäuschen sind dagegen „Teppiche“ aus fein geschliffenem Beton „ausgerollt“, die in ihrer Glätte wiederum als Reflektoren für die in die Bänke eingelassenen Lichtbänder taugen.

Licht spielt nächtens bei der Dornbirner Sägerbrücke eine wichtige Rolle. Die Brüstungen und Poller sind indirekt beleuchtet, je 100 LEDs, die von 15 Meter hohen, diagonal außerhalb der Brücke aufgestellten Metallstelen ganz gezielt leuchten, sorgen für eine perfekte Stadionbeleuchtung.

Dass es wegen eines eventuellen Jahrhunderthochwassers nicht möglich war, in der Mitte der Sägerbrücke einen Platz für seine Wurzeln brauchenden Baum zu pflanzen, bedauert Hugo Dworzak. Allerdings nicht mehr allzu sehr, seit die schlanke, aus zwei raffiniert ineinander verdrehten Stahlstelen bestehende Skulptur des Vorarlberger Bildhauers Hubert Lampert das Zentrum dieses sehr speziellen Ortes definiert. Noch dazu, da deren Schatten bei perfektem Sonnenstand exakt den Rand der Brücke berührt.

Daten & Fakten

Objekt Sägerbrücke, Dornbirn
Eigentümer/Bauherr Landesstraßenbauamt Vorarlberg, Projektleitung: DI Roland Ladner, Stadt Dornbirn, Projektleitung: DI Stefan Burtscher
Architektur DI Hugo Dworzak, Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher, Lustenau, ww.dworzk-grabher.at
Statik SSD Beratende Ingenieure ZT-GmbH, Röthis www.ssd-zt.at
Fachplaner Lichtplanung: Manfred Remm, Dornbirn; Künstler: Hubert Lampert, Götzis
Planung 9/2012–5/2016
Umsetzung 5/2014–5/2016
Bauweise Stahlbeton
Ausführung Baumeister: Nägele Hoch- und Tiefbau, Röthis; Beleuchtung: Zumtobel Lightning, Dornbirn; Glas: OK Glasbau, Dornbirn; Metall: Schlosserei Kalb, Dornbirn; Holz: Berchtold Holzbau, Wolfurt

Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der VN

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
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