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Ein zweieiiger Zwilling

"An diesem Haus ist so gut wie nichts symmetrisch". (Andreas Xander, Architekt)
"An diesem Haus ist so gut wie nichts symmetrisch". (Andreas Xander, Architekt) ©Bruno Klomfar
Feldkirch - Für seine Familie und die seines Bruders maßgeschneidert ist das Haus, das Andreas Xander am Rand von Feldkirch in den Schellenberg hineingeschoben hat.
Doppelhaus "Am Schellenberg"

Michael und Andreas Xander sind zwei Brüder, die komplett unterschiedlich sind. Und das nicht nur von ihrem Äußeren her. Weshalb auch das Doppelhaus, das Andreas für seine Familie und die seines Bruders geplant hat, auch keines im üblichen Sinn geworden ist. Sondern eine gemeinsame – durch eine breite Furche getrennte – Hülle für zwei diametral verschiedene Wohnwelten.

Gebaut ist das Haus auf einem schmalen, nur 531 Quadratmeter großen, steil abfallenden Hang des Schellenbergs unmittelbar an der Grenze zu Liechtenstein. Trotz der komplexen Verbauung in der Nachbarschaft in baukünstlerisch zweifelhaftem Alpenchic ist die Lage am Waldesrand idyllisch, die Aussicht wunderbar.

Um die erlaubte Dichte nicht zu überschreiten, hat Andreas Xander geschickt das Haus in den felsigen Hang hineingeschoben, wodurch das erste und teilweise zweite Geschoß sozusagen unter dem Geländeniveau liegen. Die äußere Form des Hauses habe sich letztlich aus dem In-Form-Bringen der diversen, nicht zuletzt durch das Hangwasser notwendigen betonierten Stützmauern ergeben, sagt der Architekt. Er bewohnt mit seiner Familie den linken und mit rund 150 Quadratmetern Wohnfläche um 25 Quadratmeter kleineren Teil des Gebäudes.

In dem Doppelhaus gibt es keinerlei Symmetrien, keine gemeinsam genutzten Räume, außer dem vorgelagerten kleinen Hof, der zur Straße hin in der Höhe des zweiten Obergeschoßes durch eine markante horizontale Spange zusammengehalten wird. Die nach Südosten ausgerichtete Fassade des Stahlbetonbaus ist dagegen komplett gläsern aufgelöst. Wegen der extremen Föhnlage sind die individuell steuerbaren Sonnen- und Lichtschutzlamellen in die Dreifachverglasung eingehaust. Sind sie geschlossen, wirkt das Haus von außen hermetisch geschlossen, im Inneren bleibt es aber trotzdem hell und durchlässig. Während in der Nacht das Licht reizvoll durch die Ritzen der Lamellen leuchtet.

sich genauso wie die zwei Garagen im Hof. Links geht es in das „Haus“ von Andreas Xander, rechts in das seines Bruders. Um im Inneren auf den ersten Blick klar zu machen, dass es sich hier um zwei völlig unterschiedliche Philosophien in Sachen Wohnen handelt. Allein schon durch die Wahl der Materialien und Farben. Indem Andreas Xander sämtliche Außenwände seiner sich auf vier Geschoßen ausbreitenden Wohnung mit dem Holz gehobelter Weißtanne verkleidet hat – aus der auch die Böden, die Stiegen, die kaum sichtbaren Türen und Einbauten gemacht sind – kommt dieses fast wie ein Holzhaus daher. Oder eigentlich wie ein Möbel zum Bewohnen. In der anderen Hälfte des sich auf drei Ebenen entwickelnden Hauses sind dagegen allein die Böden mit Eichenparkett belegt, das Entree mit braunen Fliesen. Während die Wände und Decken ebenso wie die meisten der Einbauten weiß sind.

In loftartig offenem Ambiente gewohnt und gekocht wird hier im zweiten Geschoß, vis-à-vis im vierten. Bei den zentralen Lebensbereichen sind großzügige Terrassen vorgelagert, die auf der Seite von Michael Xander um einen Meter unter der Wohnebene liegt, mit dem Effekt, dass die Aussicht auch vom Inneren aus absolut unverstellt ist. Und auch komplett uneinsichtig vom Gegenüber aus, wo man wiederum stufenlos von dem durch einen offenen Kamin getrennten Wohnund Essbereich über eine überdeckte Loggia in den Außenbereich kommt.

Im Haus der Architektenfamilie ist neben dem Eingang die großzügige Garderobe eingerichtet, die Ebene darüber ist für Sohn und Tochter reserviert, die sich auch das höhlig schwarze Bad teilen. Einen Stock höher schlafen bzw. arbeiten die Eltern. Sämtliche innere Wände sind hier aus Sichtbeton, genauso wie die Platte, die auf dem neuneinhalb Meter langen hölzernen Küchenblock liegt. Hangseitig erschlossen werden auf beiden Seiten die über alle Geschoße durchgängig offenen Stiegenhäuser, die das eine Mal hölzern, das andere Mal weiß sind. Gemeinsam sind beiden Seiten schlitzartig horizontal in die Wand geschnittene Fenster, durch die sich idyllische Ausblicke auf Wiese und Wald ergeben.


 

Daten & Fakten

Objekt: Doppelhaus „Am Schellenberg“
Architektur: Andreas Xander, Feldkirch,
Ingenieure/ Fachplaner: Statik: gbd, Dornbirn; Bauphysik: Karlheinz Wille, Frastanz
Planung: 2010-2012
Ausführung: 2011-2012
Grundstücksgröße: 1015 m², davon 531 m² Bauland
Wohnutzfläche: 325 m²
Nebenräume: 76 m²

Bauweise: Massivbau mit außenliegender Tragstruktur aus Sichtbeton, unter Terrain als „weiße Wanne“, Decken thermisch getrennt aufgehängt, innen gedämmt und mit Holz bzw. Gipskarton verkleidet, Fassade als Pfosten- Riegel-Konstruktion in Holz-Alu mit Sondergläsern: 3-fach-Isolierglas mit integriertem Sonnenschutz und als Absturzsicherung

Ausführung: Baumeister: Hilti & Jehle, Feldkirch; Aushub und Erdarbeiten: Kessler, Nenzing; Pfosten-Riegel- Konstruktion und Fenster: Hartmann, Nenzing; Glasbau: Mayer Glastechnik, Feldkirch; Trockenbau: Markus Rudigier, Bludenz; Spengler: Ganath, Feldkirch; Heizung, Sanitär, Lüftung: Stolz, Feldkirch; Elektro: Dunst, Feldkirch; Böden: Alfons Greber, Schwarzenberg; Tischler: Plattner, Hohenems; Schlosser: Gmeiner, Bludenz; Ofenbau: Müller, Ludesch

Energiekennwert: 18 kWh/m² im Jahr


Quelle: VN/ Leben & Wohnen

Für den Inhalt verantwortlich:
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