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Ein Wahlkampf wie jeder

Wahlplakate (v.l.) der ÖVP, SPÖ und FPÖ auf der Wiener Ringstrasse
Wahlplakate (v.l.) der ÖVP, SPÖ und FPÖ auf der Wiener Ringstrasse ©APA
Bis inklusive Samstag wurde noch nach jeder Stimme geangelt. Der Wahlkampf 2013 ist aber geschlagen. Der Blick zurück zeigt: Obwohl die Parteizentralen erstmals gleich fünf Jahre Zeit hatten, sich Neues für ihre Kampagnen einfallen zu lassen, war alles früheren Wahlkämpfen ziemlich ähnlich.
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Versprochen wurde, was vielleicht gut und jedenfalls teuer ist, das Fernsehen dominierte den Medien-Wahlkampf, die Koalitionspartner hatten ihren Spaß am gegenseitigen Watschentanz, und die FPÖ setzte auf das Thema Ausländer, ziemlich frech getarnt als “Nächstenliebe”-Kampagne.

Aufgeregt hat Letzteres kaum noch jemanden. Denn von den Freiheitlichen kannte man schon Gröberes. Dafür überschritt diesmal Parteigründer Frank Stronach die Tabugrenze, als er in zwei Interviews die Einführung der Todesstrafe für Berufskiller forderte. Beruhigend an der Episode war, dass nicht nur sämtliche andere Parteien empört aufschrien, sondern sogar die eigene, dem “Big Spender” sonst mehr als ergebene Gefolgschaft dem Vorstoß eine klare Absage erteilte und so die Diskussion rasch abgewürgt war.

ÖVP machte es sich schwer

Die ÖVP wäre wohl froh gewesen, wären ihre Ungeschicklichkeiten auch so rasch in Vergessenheit geraten. Die Volkspartei machte es sich selbst von Beginn an schwer. VP-Obmann Michael Spindelegger stolperte, als er laut darüber nachdachte, das Frauenpensionsalter vorzeitig anzuheben. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) tat es ihm gleich mit seinem Gedankenspiel, die Tageshöchstarbeitszeit auf zwölf Stunden auszudehnen. Schließlich konnte man sich in der ÖVP auch nicht recht einigen, ob nun die Konzerne tatsächlich das Land in Scharen verlassen, wie Finanzministerin Maria Fekter unter Berufung auf eine geheim gebliebene Studie behauptete, und das Land “abgesandelt” ist, wie Wirtschaftsbund-Obmann Christoph Leitl findet, oder eigentlich eh alles ganz gut läuft, wie es der Wirtschaftsminister sieht.

SPÖ mit simplen Schlagworten

Für die SPÖ, die eine eher simple Schlagwort-Kampagne – Pensionen, Arbeit, Schule, Reichensteuer – führte, waren diese handwerklichen Schnitzer des Koalitionspartners unerwartete Wahlkampf-Präsente. In die Hand spielte der Kanzlerpartei auch noch, dass die ÖVP seit über einem Jahrzehnt das Finanzressort und überhaupt seit einem Vierteljahrhundert das Wirtschaftsministerium in Händen hat, ihre Kritik an den Zuständen also unter einem leichten Glaubwürdigkeitsdefizit litt. Das gilt aus dem selben Grund auch für Spindeleggers Wahlkampf-Schlachtruf nach einer Entfesselung der Wirtschaft.

Freilich lief auch bei der SPÖ nicht alles am Schnürchen, z.B. dass die Debatte um die verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße am Wählerhoffnungsmarkt Wien nicht zu beenden war, gegen Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden in der lokalen Finanzaffäre ermittelt wird oder dass der in den Linzer SWAP-Skandal verwickelte Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr in der Gebietskrankenkasse unterschlüpfen wollte. Auch der rechtlich umstrittene Plan, die Wahlplakate vom Klub finanzieren zu lassen und so die Wahlkampfkosten-Obergrenze zu umgehen, erzielte negative Schlagzeilen. Tröstlich für Faymann und sein Team: Es handelte sich nicht unbedingt um ein Thema, das die Massen bewegt.

Grünen setzten auf Korruptionsthema

Aufgebracht hatten die Causa die Grünen, und das nicht zufällig. Von den Erfolgen der Anti-Korruptionskampagnen in Salzburg und Kärnten beflügelt, kannte man auch im Bund fast nur dieses Thema. Dies kombiniert mit einer bemüht humorigen Kampagne (“weniger belämmert als die anderen”) und einer fast fehlerfreien Spitzenkandidatin Eva Glawischnig soll für die Grünen den Sprung auf 15 Prozent bringen. Das Ziel könnte zu hoch gesteckt sein, wenn man den aktuellen Umfragewerten traut, gleiches gilt für Spindeleggers unverdrossen gehegten Kanzlertraum. Vom SPÖ-Wunsch nach 30 plus hat man übrigens auch schon länger nichts gehört und die FPÖ hat sich soundso von ihrem Ziel stärkste Partei längst verabschiedet und gäbe sich mit einem 2er vor dem Ergebnis zufrieden.

BZÖ und NEOS hoffen

Vier ist wiederum die magische Zahl für BZÖ und NEOS. Die einen brauchen genau diese Prozentzahl, um im Nationalrat zu bleiben, die anderen, um dort beim Debüt einzuziehen. Das von Abspaltungen geschwächte Bündnis setzte ganz auf das freundliche Lächeln von Spitzenkandidat Josef Bucher und Randthemen wie Väterrechte und Tempo 150, die NEOS darauf, dass ÖVP- und Grün-affine Wähler gerne irgendetwas dazwischen haben könnten. Sollte es die hyperaktive pinke Truppe schaffen, hat sie das auch ihrem charismatischen Gönner Hans-Peter Haselsteiner zu verdanken, der überraschend nicht nur Geld, sondern zu guter Letzt auch sich selbst in die Wahlschlacht warf.

Das größte Problem für die NEOS war, dass entgegen vieler Prognosen selbst ernannter Meinungsmacher nicht die “neuen Medien” wie Facebook und Twitter dominierten, sondern der gute alte Fernseher die Wahlkampf-Musik machte. Dort waren freilich nur die schon im Nationalrat vertretenen Parteien breit repräsentiert, und das könnte sich angesichts der erstaunlich hohen Seherzahlen für die eine oder andere durchaus ausgezahlt haben. Bemerkung am Rande: Politik ferngesehen wird in Österreich noch immer im ORF, der die Privaten bei den Politiker-Schaukämpfen quotenmäßig um Längen abhängte, auch wenn qualitativ kaum ein Unterschied zu bemerken war.

Die Skurrilitäten

Abschließend ein Blick auf die Skurrilitäten des Wahlkampfs: Dass sich SPÖ und ÖVP gegenseitig unterstellten, Schwarz-Blau bzw. Rot-Grün zu planen, ist angesichts der Meinungsumfragen und der jeweiligen Präferenzen für nochmals Rot-Schwarz eher als Scherz abzuhaken. Lustiger fanden manche, dass Frank Stronach seinen 81-jährigen Oberkörper nackt einem Fotografen entgegenhielt und Heinz-Christian Strache sich bemüßigt fühlte, ein eigenes Badehosen-Foto nachzuschießen.

Wohl am Schrägsten war aber doch, dass sich Stronach mit Monika Lindner eine Galionsfigur aus dem Raiffeisen-Reich angelte, sie aber nur drei Tage später wieder vom Haken war, weil sich die ehemalige ORF-Generalin politisch missbraucht sah. Da die Stronach-Liste bereits eingereicht war, könnte Lindner im Herbst ungeachtet dessen parlamentarische Luft schnuppern, für welche Fraktion auch immer.

Livechat mit Matthias Strolz

Livechat mit Michael Spindelegger

Livechat mit Heinz-Christian Strache

Livechat mit Eva Glawischnig

Livechat mit Josef Bucher

Interview mit Werner Faymann

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