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EFSF-Ausweitung scheitert vorerst an Slowakei

Die Slowakei hat als erstes und einziges Euro-Land die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms vorläufig gestoppt.
EFSF droht zu scheitern

Zugleich zerbrach am Dienstag die Vier-Parteien-Regierung von Premierministerin Iveta Radicova. Sie hatte die Euro-Abstimmung mit der Vertrauensfrage verknüpft und war gescheitert. Das Aus für den Euro-Rettungsschirm bedeutet das Votum aber nicht: Über internationale Verträge kann in der Slowakei ein zweites Mal abgestimmt werden. Dies könnte noch in der laufenden Woche passieren, wie Außenminister Mikulas Dzurinda schon vor der Abstimmung sagte.Die Chancen, dass bei einem zweiten Wahlgang die Mehrheit erreicht wird, scheinen hoch: Der sozialdemokratische Oppositionsführer und Ex-Premier Robert Fico hatte wiederholt angekündigt, seine Partei – die größte im Parlament – könnte für die EFSF-Erweiterung stimmen. Als Bedingung hatte er aber immer wieder den Rücktritt der “unfähigen” gegenwärtigen Regierung verlangt. Diese Bedingung ist mit der verlorenen Vertrauensabstimmung erfüllt.

Nur 55 der 150 stimmberechtigten Abgeordneten stimmten für die Ausweitung des Rettungsschirms und sprachen damit auch der Premierministerin das Vertrauen aus. Für einen Erfolg wäre aber eine Mehrheit von 76 der 150 stimmberechtigten Abgeordneten notwendig gewesen. Neun Abgeordnete votierten dagegen, 60 enthielten sich der Stimme. Die Gegner des Rettungsschirms hatten schon im Voraus angekündigt, die Abstimmung zu boykottieren.

Gescheitert ist nun die Mitte-Rechts-Regierung der christlich-liberalen Premierministerin Radicova. Laut Verfassung bedeutet der Rücktritt des Premiers nämlich automatisch den Sturz der gesamten Regierung. Vorgezogene Neuwahlen sind aber nicht zwingend vorgesehen. Staatspräsident Ivan Gasparovic kann nach Annahme von Radicovas Demission einem anderen Politiker den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Theoretisch könnte er auch nochmals Radicova beauftragen.

Üblicherweise gibt der Präsident aber dem Vorsitzenden der stärksten Parlamentspartei zuerst den Auftrag zur Regierungsbildung. Das ist der sozialdemokratische Oppositionsführer Robert Fico.

Radicova: Premierministerin stürzte über Euro-Abstimmung

Sie pokerte hoch und verlor: Obwohl Iveta Radicova noch im vergangenen Wahlkampf gegen Hilfen für Griechenland gewettert hatte, setzte sie am Dienstag alles auf die Euro-Karte. Die slowakische Premierministerin verknüpfte ihr politisches Schicksal mit der Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF – und stürzte durch die Ablehnung mitsamt ihrer Regierung.”Die Vertrauenswürdigkeit der Slowakei hat für mich Priorität”, hatte die 54-Jährige noch vor dem Votum gesagt. Weil sie die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verbunden hatte und ihr der neoliberale Koalitionspartner SaS wie auch die Opposition die Gefolgschaft verweigerten, zerbrach ihre erst seit Juli 2010 amtierenden Regierung.

Mit ihrem Werben für die Reform des Euro-Rettungsschirms vollzog Radicova eine deutliche Kehrtwende. Noch 2010 machte sie Wahlkampf mit der Parole: “Slowakische Rentner sollen nicht für reichere Griechen zahlen müssen!” Auch mit diesen Sprüchen verdrängten die vier bürgerlichen Parteien schließlich den bisherigen sozialdemokratischen Premierminister Robert Fico. Sofort nach dem Regierungsantritt sorgte das Radicova-Kabinett dafür, dass sich die Slowakei als einziges Mitgliedsland der Eurozone nicht an der Griechenlandhilfe beteiligte.

Anfangs waren sich Radicova und ihre Koalitionspartner einig darin, alle Pläne zum Euro-Rettungsschirm abzulehnen: Es sei ein Fehler, “Schulden mit noch mehr Schulden zu bekämpfen”, hieß es in der Koalition einhellig. Obwohl diese Haltung auch sinngemäß im Regierungsprogramm festgeschrieben wurde, hält inzwischen nur noch die neoliberale SaS daran fest. Radicova begründete ihre Umdenken schon Ende Juli 2011: “Jetzt geht es nicht mehr um einzelne Länder, sondern um den Euro an sich.”

Die studierte Soziologin hatte sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben und sich auch dadurch die Zuneigung der slowakischen Bevölkerung gesichert. Sie war nicht nur die erste Frau, die in der traditionell männerdominierten slowakischen Politik eine Regierung führte. Mit ihr hatte erstmals auch eine Regierungschefin nicht zugleich den Parteivorsitz inne.

Nach ihrem Studium hatte Radicova unter anderem in der Slowakischen Akademie der Wissenschaften gearbeitet. Später stand sie an der Spitze des Zentrums für Analysen der Sozialpolitik und war Gastprofessorin an mehreren Universitäten in Europa und den USA. Mit der Politik kam sie zuerst nach dem Sturz des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei in Berührung. Mitglied der slowakischen Regierung wurde die Mutter einer Tochter erstmals 2005. Im selben Jahr starb ihr Ehemann.

Innerhalb ihrer christlich-liberalen Partei SDKU haben Parteichef und Außenminister Mikulas Dzurinda und Finanzminister Ivan Miklos das Sagen. Beiden wurde in den vergangenen Monaten immer wieder vorgeworfen, gegen Radicova zu intrigieren und auf ihren Sturz hinzuarbeiten.

(APA)

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