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Durch das Einlaufbauwerk ins Oberwasser

Ende 2018 geht mit dem Obervermuntwerk II das zweitgrößte Pumpspeicherkraftwerk der Vorarlberger Illwerke AG in Betrieb. Mit einer Leistung von zweimal jeweils 180 Megawatt im Turbinen- und Pumpbetrieb leistet das unterirdische Kraftwerk einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Doch wie funktioniert ein solches Kraftwerk? Woher kommt das Wasser und wie sieht sein Weg durch die unterschiedlichen Kraftwerksabschnitte aus? 

In einer vierteiligen Serie nimmt die VN Sie mit auf eine spannende Reise von den Gletschern der Silvretta durch das Obervermuntwerk II in den Vermuntsee. Dabei erfahren Sie nicht nur Wissenswertes zur Funktionsweise, sondern erhalten aktuelle Informationen über den Baufortschritt.

Die Reise geht weiter
2,47 Kilometer überwindet der Wassertropfen vom südlichen Ende des Silvrettasees bis zum Einlaufbauwerk des Obervermuntwerks II. Von der Oberfläche des vollaufgestauten Sees geht es dann 44 Meter in die Tiefe. Erster Kontaktpunkt mit dem neuen Kraftwerk ist der riesige Einlaufrechen. Dieser soll verhindern, dass gröbere Teile, wie etwa Geschiebe, mit in den Stollen gezogen werden. Aber auch andere Sedimentteilchen sind unerwünscht und sollen lieber draußen bleiben. Dafür sorgt die Form des Einlaufbauwerks, das sich zum Stollen hin trichterförmig verjüngt. So bleibt die Fließgeschwindigkeit anfangs sehr langsam und steigert sich mit jedem Meter, den der Wassertropfen auf die Absperrorgane im Schützenschacht zufließt. Die Schleppkraft des Wassers bleibt gering und das kühle Nass sauber. Je sauberer, umso besser, denn umso länger verrichten die wertvollen Maschinen im Kavernenkrafthaus verlässlich ihren Dienst.

Wettlauf mit der Zeit gewonnen
Erst im Frühjahr dieses Jahres wurde der Silvrettasee für die finalen Arbeiten am Einlaufbauwerk noch einmal entleert. Dabei wurde auch das letzte noch fehlende Stück, rund 40 Meter zwischen Schützenschacht und Bauwerk, noch ausgebrochen, betoniert und fertiggestellt. Der Zeitraum bis zur Absenkung war vor allem ein Wettlauf gegen die Zeit, denn hätten die Mitarbeiter der ARGE BAU OVW II den Schützenschacht bis dahin nicht fertiggestellt und die Firma Künz eine von zwei Schützen eingebracht, wäre der ohnehin schon enge Zeitplan ordentlich durcheinander gekommen. Als finale Maßnahme haben die Baufachleute bei abgesenktem See schließlich die Einlaufrechen angebracht, die mit einer Fläche von 180 m² immerhin zwei schöne 4-Zimmer-Wohnungen bedecken könnten.

Notschlusstaugliche Hindernisse
175,75 Meter sind es exakt, die der Tropfen vom Einlaufrechen bis zum Schützenschacht zurücklegt. Dort erwartet ihn bereits eines von zwei Hindernissen, die ihm bei Stillstand des Kraftwerks den Zutritt zum Silvrettastollen verwehren. Die Rede ist von zwei riesigen Metallschützen mit einer Dimension von 5,30 mal 7,30 Meter. Knapp 10 Meter oberhalb der Triebwasserführung beginnt der 40 Meter hohe und 10,40 Meter breite Trockenschacht, der baulich mittlerweile fertiggestellt ist. Er wird nun mit Steuerung, Leittechnik und Hydraulik ausgestattet, damit die Schützen dem Wassertropfen den Weg freigeben können. Diese werden dann hydraulisch nach oben gefahren. Die doppelte Ausführung der Schützen ist in erster Linie der Sicherheit geschuldet. Sie sorgt allerdings auch dafür, dass die gesamte Oberwasserführung entleert werden kann, sodass die Teams der technischen Instandhaltung trockenen Fußes ihre Arbeit verrichten können. Hat das Wasser die beiden Schützen im Schützenschacht erst einmal erfolgreich passiert, geht es rasant abwärts. Vorerst einmal mit ca. 4 Meter pro Sekunde – dafür sorgt das Gefälle von rund 9 Prozent. Für den Tropfen beginnt ein Reiseabschnitt von 2,8 Kilometern. Das ist die exakte Distanz zwischen dem Schützenschacht und dem Beginn des Druckschachts. Dabei wäre unser Wassertropfen dann im Betriebsfall bei Weitem nicht alleine – der riesige Durchmesser von 6,80 Metern lässt noch sehr viel Platz für die Wassermassen.

Druckstollen beinahe fertig
Der gesamte Druckstollen ist mittlerweile fertig ausbetoniert. Lediglich im untersten Abschnitt fehlen noch ca. 200 Meter. In 14-Meter-Abschnitten im 24-Stunden-Rhythmus haben die Bauarbeiter die Verbindung vom Silvretta- und Vermuntsee ausgebaut. Als letzten Schritt dichten die Arbeiter die Betonauskleidung noch mittels einer Zementsuspension ab. Diese wird mit hohem Druck in die dafür vorgesehenen Bohrlöcher gepresst. Diese Arbeiten beginnen im Juli und sollen bis Februar 2018 abgeschlossen sein.

Erstmals am Scheideweg
Auf seiner Reise vom Ochsentaler Gletscher bis in den Vermuntsee steht der Tropfen nun das erste Mal am Scheideweg: Er erreicht den Abzweig zum Druckstollen Obervermunt. Das ist jener Abschnitt, über den künftig das bereits bestehende Obervermuntwerk I gespeist wird. Je nach Betriebszustand der Maschinen der beiden Kraftwerke teilt sich das Wasser hier auf. Arbeiten beide Werke unter Volllast, fließen 90 Prozent des Wassers zum Obervermuntwerk II, 10 Prozent zweigen zum Obervermuntwerk I ab.

Im März kommt das Wasser
Bis 2019 bleibt dem Wasser dieser Weg aber erst einmal verwehrt. Der Grund dafür ist, dass die Ingenieure beschlossen haben, sich bei den Arbeiten zuerst einmal auf das neue Kraftwerk zu konzentrieren. Um den Zeitplan nicht zu gefährden, wollen die Verantwortlichen das Oberwassersystem nämlich bereits im März 2018 erstmals mit Wasser füllen.

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