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Dr. House Hugh Laurie als Bluesmusiker im Wiener Konzerthaus

Schauspieler Hugh Laurie weiß auch als Musiker zu gefallen.
Schauspieler Hugh Laurie weiß auch als Musiker zu gefallen. ©EPA/MATTHAIS BALK
Der Dr. House-Darsteller Hugh Laurie gastierte mit der Copper Bottom Band gestern Wiener Konzerthaus. Der Brite zeigte, dass er nicht nur schauspielerisch einiges kann, er überzeugte auch als Musiker und Entertainer.
Vorbericht zum Konzert

Bekannt geworden ist er zwar als ewig grantelnder TV-Arzt der exzentrischen Art, derzeit gefällt sich Hugh Laurie aber besser als Musiker, Geschichtenerzähler und Bewahrer des Blues: Der Brite, dessen Fernseh-Alter-Ego Dr. House diesen Mai nach acht Jahren in Pension geschickt wurde, ordinierte am Sonntagabend im ausverkauften Wiener Konzerthaus, hatte mit der Copper Bottom Band tatkräftige Unterstützung mitgebracht und konnte die hohen Erwartungen durchaus erfüllen. Schließlich geschieht es nicht aller Tage, dass ein musizierender Schauspieler seinen Ambitionen auch gerecht wird.

Hugh Laurie ein “Nerd”

 “Es gibt außer mir wahrscheinlich nur vier Leute auf der Welt, die das interessiert. Aber vielleicht sitzt einer davon ja hier”, witzelte der 53-Jährige, als er die Entstehungsgeschichte eines Songs erläuterte. Immerhin sei er “ein Nerd”. Dem Gejohle nach zu urteilen war das Publikum aber nicht weit von Laurie entfernt, der über “diese alten, alten Lieder” mit Hingebung sprach.

Im vergangenen Jahr hat Hugh Laurie sich mit seinem Debütalbum “Let Them Talk” einen Traum erfüllt und der musikalischen Seele von New Orleans und Co nachgespürt, ohne dabei den tiefen Fall des zum Musiker gewordenen Schauspieler zu inkludieren. Dafür geht Hugh Laurie zu ernst und ehrlich mit sich und seinem Ausgangsmaterial um.

Ein gutes Jahr später kann die Live-Umsetzung von Standards wie dem düster dargebotenen “Battle Of Jericho”, einer etwas schrägen Version des “Buddy Bolden’s Blues” oder einer im Schunkel-Gestus verankerten Interpretation von “Yeah Yeah” durchwegs überzeugen.

Konzert im Pub

Inmitten einer liebevoll mit Teppichen und schiefen Lampenschirmen dekorierten Bühne, die mit ihrer Deko an schummrige Pubs erinnerte, pflügte sich Laurie mit sechsköpfiger Band nicht nur durch zwei Stunden, sondern auch etliche Jahrzehnte Musikgeschichte der USA: Meist am Klavier sitzend, dazwischen aber auch die Gitarre zupfend oder wild tanzend und vor allem die Hand nach jedem Song am Glas voll “zehn Jahre alten Apfelsaft”, wie er augenzwinkernd meinte.

Laurie, dessen Karriere an der Seite von Stephen Fry im humoristischen Sektor begonnen hatte, ist als Entertainer kaum zu schlagen, aber auch seine musikalischen Qualitäten rechtfertigen durchaus die Bühnenluft, die er derzeit jeden Abend schnuppert. Viel wichtiger als akkurate Intonation war gestern jedenfalls die Energie, die sich zwischen den Musikern entfaltete.

Allen voran Gitarrist Kevin Breit, Saxofonist Vincent Henry und der im Zentrum agierende Schlagzeuger Jay Bellerose drückten dem Abend ihren Stempel auf, belegten aber auch, dass hier wirklich eine Band zusammenspielt und nicht nur ein eigenwilliger TV-Star von Musikern begleitet wird – wenngleich Laurie meinte: “Schaut mich an, aber hört ihnen zu.”

“Ich hasste meine Klavierlehrerin”

Kurz schwenkte Laurie in seine Kindheit, zur Klavierlehrerin Mrs. Hare, die ihm klassischen Musikunterricht ziemlich vermiest habe: “Ich habe sie gehasst.” Das von ihr damals verwehrte “Swanee River” bot er wohl deshalb mit doppelter Inbrunst, bevor der Titelsong seiner Platte als gefühlvolle Liebesnummer nochmals nachdenklichere Töne anschlagen sollte.

Als sich das Publikum für “Let The Good Times Roll” in einen Chor verwandelte, entgegnete Laurie respektvoll: “Nun gut, es handelt sich um Wien. Natürlich seid ihr im Einklang.” Einig war man sich auch darüber, einen erinnerungswürdigen Abend erlebt zu haben, der den Mythos Dr. House zu einem Gutteil verdrängen konnte und dem Musiker Hugh Laurie wohl wie Balsam auf der schubladisierten Seele vorkommen wird.

Hugh Laurie gelang was nur wenige Schauspieler vor ihm schafften, er brachte das Wiener Publikum nach den Zugaben “Changes” und “Tanqueray” zu völlig verdienten Standing Ovations.

(apa/Red)

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