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Eine rätselhafte Seuche ging durchs Land

Prof. Gerhard Winkler interpretiert die Pest feinsinnig, passend in die neue Zeit
Prof. Gerhard Winkler interpretiert die Pest feinsinnig, passend in die neue Zeit ©Gerty Lang
Immer wieder wurde Dornbirn in früheren Jahrhunderten von der Pest heimgesucht.
Pestbild

Dornbirn.  Eine Seuche, wie sie nie zuvor dagewesen war, wütete in den Jahren 1585 und 1586 in Dornbirn. Ihre Symptome: fleckige Haut, blutiger Husten und hühnereigroße Schwellungen. Und sie ist absolut tödlich – innerhalb weniger Tage. Im Jahr 1607 wurden auch Bregenz und Feldkirch von der Pest heimgesucht. Durch herbeigepilgerte Wallfahrer ins Ebnit eingeschleppt, breitete sich die „Sterbsucht“ wiederholt rasch nach Dornbirn, Ems und Lustenau aus. Laut Eintragung im Rosenkranz-Bruderschaftsbuchs und laut einem Vermerk im Jahrzeitbuch forderte die Seuche in Dornbirn vom Rochustag (16. August) 1628 bis Maria Lichtmess (2. Februar) 1629 an die 820 Todesopfer.

Darunter befand sich auch der Dornbirner Pfarrer Martin Schmid. Kurze Zeit später brach die Pest 1629 neuerlich aus, forderte aber nur mehr 40 Todesopfer. In einem Stiftungsbrief von 1675 für einen Bildstock auf der Saubrach ist die Rede vom „grossen sterbat, so ad 1628~1629 und 1630 in allen dreyen jahren gewärt hat.“ Dass die Seuche Dornbirn tatsächlich auch 1630 heimsuchte, geht aus einer Zeugenaussage hervor. Eine Frau aus Hohenems erklärte, sie habe im Frühling dieses Jahres bei einem Besuch in Dornbirn wegen der „sterbleuffen nit offentlich wandlen dörffen“. Sie hatte sich also über die Seuchensperre hinweggesetzt. Zur Abwendung der Pest wurde nicht nur die Rosenkranz-Bruderschaft gelobt und auf maßgebliche Initiative des Emser Grafen schon im Mai 1629 eingeführt, sondern darüber hinaus beschlossen, am Sebastianstag (20. Januar) einen Bittgang nach Schwarzach zu unternehmen.

Lange Zeit erinnerte ein Bildstock an der Straße vom Markt ins Oberdorf an die Pestzeit. Laut Inschrift stiftete der damalige Amann Lorenz Huber das Bild im Jahre 1629 “in Erinnerung an die in hiesiger Gemeinde an der Pest verstorbenen Personen”. Diese fand auch ihren Niederschlag in der Sagenüberlieferung. Es heißt, die Seuche habe 1628 im Hatlerdorf die ganze Einwohnerschaft dahingerafft, bis auf ein altes Mütterchen und eine Geiß ohne Hörner, „Hattel“ genannt. Von dieser leite sich der Ortsname „Hatlerdorf“ her. Kehlegg soll 1628/29 von der Pest verschont geblieben, dafür aber 1630 oder 1635 umso härter getroffen worden sein, sodass der Ort ebenfalls fast ausgestorben sei. Das ursprüngliche „Pestbild“ beim Schloß an der Dr. Waibel Straße überdauerte fast 300 Jahre. Im Jahre 1929 stiftete der Fabrikant Hubert Hämmerle ein neues Bild. „Dieses wurde jedoch durch Umweltschadstoffe dermaßen stark beschädigt, dass es erneuert werden muss. Das alte Bild wird restauriert und verbleibt dann im Museum. Ich bin sehr froh darüber, dass sich der Dornbirner Maler, Prof. Gerhard Winkler dazu bereit erklärt hat, eine Neuinterpretation des Bildes zu schaffen, das künstlerisch in unsere Zeit passt“, meint Museumsdirektor Hanno Platzgummer dazu.

Bei einem Besuch im Atelier des akademischen Malers blieb ich beeindruckt vor dem neuen Ölbild stehen. „Ich bin dankbar für diese Aufgabe. Viele Menschen wurden damals von der Pest befallen und starben in kürzester Zeit. Wir kennen heute ganz andere Bedrohungen, denen wir trotz gewaltigem, wissenmäßigem Vorsprung oft hilflos gegenüber stehen, ohnmächtig zusehen zu müssen, nicht helfen zu können. Dies sichtbar zu machen mit dem kleinen Ölbild, das den Hl. Johannes, Maria Magdalena, die Gottesmutter und ihren toten Sohn, sowie den Hl. Sebastian in römischer Kriegsmontur, den Tod zu Seite schiebend, zeigt, ist für mich eine sehr große Freude“, erklärt Prof. Winkler seine Arbeit. Und der „Tod“ scheint bei so viel Zuversicht auf diesem Bild ein wirklich echtes Problem zu haben.

 

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