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Die Wiener Schnecke kommt aus Favoriten

Das ist der Schneckenkaviar, wie er aus der Wiener Schnecke kommt.
Das ist der Schneckenkaviar, wie er aus der Wiener Schnecke kommt. ©vienna.at/Paul Frühauf
Was Neues ist sie nicht, die Wiener Schnecke. Das sagt zumindest Andreas Gugumuck, der eine ganze Farm im 10. Bezirk betreibt - und nicht nur die Tiere selbst als Delikatesse verkauft.
Das ist die Schneckenfarm
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Der besondere Clou der Wiener Schnecke sind nämlich ihre Eier. Die werden, in kleine Gläser abgepackt, als ganz besondere Spezialität verkauft. Zielgruppe ist dabei laut Andreas Gugumuck die sehr gehobene Gastronomie der Marke Steirereck & Co., da die Kunden dort auch gerne mal was Neues probieren. Der Schneckenfarmer ist mit den meisten Spitzenköchen des Landes ohnehin auf Du und Du, und auch der Verband der Köche macht recht gerne Präsentationen oder besser, Degustationen seiner Spezialitäten.

Wiener Schnecke wird zur Spezialität

Wir haben uns auf der Schneckenfarm in Favoriten umgesehen. Die eigentlich wenig spektakulär, dafür äußerst effizient ist. Die “Ställe” für seine Schnecken hat der Farmer selbst entworfen: Beinahe senkrechte Bretter, auf denen die Tiere, die übrigens meist nachtaktiv sind, auf- und abgleiten können. Die Eier, Verzeihung, der Schneckenkaviar, wird dabei auf einem Balken abgelegt und kann von dort recht einfach entnommen werden. Fünf Schnecken braucht man übrigens, um eines der Gläschen mit ihren Eiern zu befüllen. Was Andreas Gugumuck in Handarbeit erledigt.

Eine andere Spezialität von der Wiener Schnecke ist die Schneckenleber, die genau das ist, wonach es klingt. Wenig appetitlich klingt die Erzeugung (weshalb wir sie hier ausklammern), doch umso begeisterter sind die Köche!

Die Schnecke hat Tradition

Die Weinbergschnecke als Mahlzeit kommt nicht etwa, wie vielerorts geglaubt, aus Frankreich. Dort wurde sie erst mit einem äußerst erfolgreichen Festmahl für den russischen Zaren von der Armen- zur Speise der High Society. Wien war bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts eine Hochburg der Schneckenliebhaber, es gab sogar einen eigenen Schneckenmarkt hinter der Peterskirche. Man verzehrte die Schnecken dort am liebsten gekocht und gezuckert als Imbiss, gebacken oder auch mit Speck gebraten zum Weinkraut. Schneckenrezepte befinden sich in nahezu allen alten Kochbüchern Österreichs.

Vom Keller bis zur Ernte

Größer als die Kaviarzucht ist die eigentliche Schneckenfarm, die sich auf einem Feld gegenüber dem rund 400 Jahre alten Gugumuck-Hof befindet. Rund 100.000 Schnecken kann Andreas Gugumuck jeden Herbst ‘ernten’. Rund 20.000 werden in den Keller verfrachtet, um in einer frostfreien Umgebung als Zucht- und Muttertiere auf den nächsten Frühling zu warten. Der Rest wird gekocht und in Einheiten zu 60 Stück verpackt und verkauft. Ganz wichtig ist dem Farmer dabei, dass keinerlei künstliche Konservierungsstoffe und andere unerwünschte Beigaben den Geschmack verderben.

Abnehmer sind vor allem Restaurants der gehobenen Kategorie mit Köchen und Gästen, die Experimentierlust verspüren. Doch auch Privatpersonen gehören zu den Abnehmern.

So sieht der Kaviar aus, wenn er aus der Wiener Schnecke kommt. Das reine Weiß lässt viele kulinarische Kniffe zu.
So sieht der Kaviar aus, wenn er aus der Wiener Schnecke kommt. Das reine Weiß lässt viele kulinarische Kniffe zu. ©Das reine Weiß des Schneckenkaviars lässt viele kulinarische Kniffe zu.

 

 

Die Wiener Schnecke ist Slow Food

Die Schneckenzucht ergänzt sich ideal mit dem Trend zu langsamerer, bewussterer Ernährung. Daher ist sie auch Teil des Slow-Food-Netzwerkes, das sich zur Aufgabe gemacht hat, ganz besondere Spezialitäten unter ihre Kunden zu bringen. In Österreich gibt es dazu eine eigene Messe: Terra Madre, die jeden Herbst im Innenhof des Wiener Rathauses stattfindet. Auch auf der Weltausstellung der Slow-Food-Bewegung präsentierte der Schneckenfarmer seine Waren schon, nämlich in Turin. Auch in Richtung China hat er seine Marketing-Netze schon ausgeworfen.

Was macht man aus Schneckenkaviar?

Die fruchtig schmeckenden Schneckeneier lassen sich am besten mit hochwertigen Zutaten zubereiten. Dabei ist Einfachheit statt komplizierter Rezepte das Gebot der Stunde – schließlich soll der Geschmack der einzelnen Zutaten dominieren, für die man viel Geld hingeblättert hat. Hier ein Beispielrezept von Koch-Publizist Gerd Wolfgang Sievers, der auch das ‘Schneckenkochbuch‘ geschrieben hat:

Carpaccio vom Kalbsfilet mit Schneckenkaviar und Vanille-Mohnöl-Vinaigrette

300-400 g sauber pariertes Kalbsfilet, gut gekühlt
1-2 Gläser Schneckenkaviar
1 Vanilleschote
5 EL Mohnöl
4 EL Apfelessig
Prise Zucker
Prise Salz

Das Mark der Vanilleschote auskratzen und in eine kleine Schüssel geben (Schote z.B. für Vanillezucker aufheben). Essig zusammen mit 2-3 EL Wasser in einem Töpfchen erwärmen (nicht aufkochen lassen) und dann über das Vanille-Mark gießen. 10-15 Minuten ziehen lassen. Das Mohnöl, Zucker und Salz dazu geben und alles mit einem Schneebesen leicht emulgieren.
Das gut gekühlte Fleisch mit einem scharfen Messer in dünne Scheiben schneiden, diese auf 4 eiskalten, mit etwas Mohnöl ausgestrichenen Tellern dekorativ anrichten. Mit der (nochmals durchgeschlagenen und abgeschmeckten) Vinaigrette zart beträufeln. Dann den Kaviar von der Wiener Schnecke auf dem Carpaccio verteilen und servieren.

(PFR)

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