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Die Welt der Ordner und Regale

Fassade: Der dreigeschoßige Baukörper umkleidet seine Bürogeschoße mit einer Lamellenstruktur.
Fassade: Der dreigeschoßige Baukörper umkleidet seine Bürogeschoße mit einer Lamellenstruktur. ©Lang Vonier Architekten
Rankweil - Steuerberatung ist Vertrauenssache. Genauso wie Architektur. Eine wachsende Kanzlei hat unter ihren Architektenkunden einen Wettbewerb veranstaltet, geplant, gebaut und sich mit neuem Haus und neuem Grafikdesign neu definiert.

Das markante Gebäude ist gut sichtbar an einem Kreisverkehr platziert, der den Autobahnbenutzer in Rankweil inmitten von Einfamilienhäusern und Obstgärten willkommen heißt. Man fährt vor und die Mitarbeiter der Kanzlei werden an der Rückseite des Gebäudes im Erdgeschoß von Garderoben und Personalräumen mit Außenterrasse empfangen, alle sportlichen Radfahrer auch von einer Dusche. Man trifft auf einen Schulungsraum und – wenn man Steuerprüfer ist – auf ein speziell dafür eingerichtetes Büro. Als Besucher bleibt all dies natürlich verborgen und man betritt ein freundlich bescheidenes Foyer und grüßt am Empfang. Erst nach erfolgter Anmeldung setzt man seinen Weg fort an die Treppenkaskade und staunt erst mal mit offenem Mund oder erhobenen Brauen über das sich öffnende Atrium, während man in eine gediegen lichterfüllte Bürowelt emporsteigt. Nicht aufdringlich, nicht riesig, aber angenehm und eindrucksvoll. Eine Couch- Landschaft und gewohnt professionelles Dekor versprechen Entspannung für Kunden und Mitarbeiter. Doch was wirklich beeindruckt, ist die Stimmigkeit von Material, Farbe und Licht. Im Gespräch erfährt man, dass auch das Logo zeitgleich entstanden ist und Bezug genommen hat auf die Fassadenidee. Die Strichreihe korrespondiert mit den auffälligen und zeichenhaften Lärchenholzlamellen, die sich über die Fassade ziehen und sie korrespondiert auch mit dem visuellen Motiv der Ordnerrücken, die in durch die raumhohen Verglasungen überall zu sehen sind. Architekt Christian Vonier erzählt, dass sie die Umstellung aller Ordner auf die Farbe Weiß vorgeschlagen hatten. Heute dankt man es den Architekten. Braun getöntes Kugelgarn am Boden, der sanfte Holzton von Eiche an den Wänden zu den Nebenräumen, an den Tischen und Handläufen und ein strahlendes Weiß von Wänden, Decken, Regalen und den allgegenwärtigen Ordnern geben ein freundliches Lichtspiel und lassen die räumliche Bewegung der Architektur zur Geltung kommen.

Die Luftigkeit im ersten Obergeschoß ist aber auch der architektonischen Raffinesse geschuldet, dass die Treppe ins zweite Geschoß sich nicht schwerfällig zwischen Aufgang und Oberlicht schiebt, sondern diskret an der Seite in der Eichenholzwand verschwindet. Immerhin sind ganz oben auch die Büros der Geschäftsleitung, weitere Besprechungszimmer und Steharbeitsplätze für interne Besprechungen. Die Mitarbeiterbibliothek umfasst hier als halbhohes Bücherregal die Öffnung des Atriums.

Insgesamt wirken die Räume durch die Orientierung zum zentralen Innenraum offen, dennoch wird durch den gekonnten Umgang mit den Niveaus, mit dem Wechsel von Glaswänden vor den Arbeitsplätzen und weißen, raumhohen Türen vor Leitungsbüros und Besprechungsräumen ein hohes Maß an Diskretion und Vertraulichkeit, aber auch an Teamgeist und Kommunikation signalisiert.

Natürlich zählt im Alltag die Qualität eines jeden einzelnen der insgesamt 28 Arbeitsplätze. Die sind konsequent an die West-, Nord- und Ostseiten des Bauwerks gelegt. Ein Nebenraumblock mit Lift und insgesamt behindertengerechter Ausstattung schirmt an der Südseite die für Bildschirmarbeit störende, direkte Sonneneinstrahlung ab. Gestalterisches Instrument und auch ein gewisser Schutz gegen schräg einfallendes Licht sind die schweren Holzlamellen, die das Motiv der tanzenden Linien aus Fassade und Logo ins Innere tragen.

Im Hintergrund werkt eine Komfortlüftung samt Fußbodenheizung, die durch eine Wärmepumpe über das Grundwasser Energie holt. Nachhaltig und wirtschaftlich ist auch der konsequente Einsatz von LED-Leuchten, sowie der Verzicht auf eine Tiefgarage. Der Einschnitt im Erdgeschoß, in dem Fahrzeuge untergebracht sind, ist langfristig als einfach ausbaubare Erweiterungsfläche gedacht. So schön und so praktisch kann Steuer sparen sein.

Daten & Fakten

Objekt: Bürogebäude, Rankweil

Bauherr: Steuerberatungskanzlei Bahl Fend Bitschi Fend

Planung: Lang Vonier Architekten, Göfis 

Bauphysik/Akustik: BDT | IB Bauphysik, Frastanz

Nutzfläche: 834 m2

Umbauter Raum: 3761 m2

Planungsbeginn: 2010

Fertigstellung:
2012

Bauweise: Stahlbetonkonstruktion mit vorgestellten Holzbauelementen an der Fassade

Ausführung: Baumeister: Wilhelm & Mayer, Götzis; Heizung: ETG Energie- und Sanitärtechnik, Rankweil; Lüftung, Klima: Ender, Altach; Fassade: oa.sys baut, Alberschwende; Trockenbau: Rudigier, Silbertal; Malerarbeiten: Heinrich Liepert, Bludenz; Fenster: INBAU Widemschek, Klaus; Tischler: Stuchly, Thüringen; Möbel: Hannes Bachmann, Muntlix

(VN/ Leben & Wohnen)

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
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