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Die Wege zur Arbeit ebnen

Helmut Johler (l) und Mario Moratti in der Metallwerkstatt der Arbeitsprojekte: Sozialarbeit ist ein Teil ihres Auftrags.
Helmut Johler (l) und Mario Moratti in der Metallwerkstatt der Arbeitsprojekte: Sozialarbeit ist ein Teil ihres Auftrags. ©VN/Matt

Dornbirn. (VN-tm) Im Grunde hat er gar keine Zeit. In den Werkhallen läuft die Produktion. Am Bauplatz ziehen sie eben das Festzelt hoch. Der Elektriker hat auch schon dreimal angerufen. Etwas angespannt nimmt Helmut Johler zum Interview Platz. Schiebt die Brille auf die hohe Stirn, dann beginnt er zu erzählen. Seit zehn Jahren leitet Johler die Arbeitsprojekte im ehemaligen „Haus der jungen Arbeiter“, das heute „Kaplan Bonetti Sozialwerke“ heißt. Heute ist der Spatenstich für das neue Gebäude. Da gehts im Vorfeld ordentlich rund.

“Du fängst gleich an”

Der Kaplan hat ihn eines Tages angerufen und ihm den Job angeboten. Der Kaplan hat ihn dann rasch durchs Haus geführt und entschieden: „Du fängst gleich an.“ Johler kannte Emil Bonetti lange schon. „Er hat uns an der Berufsschule in Religion unterrichtet.“ War den Schülern die Zeit zu knapp geworden, durften sie in Kaplan Bonettis Stunde „auch Buchhaltung machen“. Sie mochten ihn gern. Nicht nur deshalb. „Man konnte mit ihm über alles reden.“ Ein bisschen schräg sei er schon gewesen, „aber sonst hätte er das alles nie aufbauen können“.

Zuhören können

Was muss einer können, um in den Bonetti-Sozialwerken als Schlüsselkraft zu bestehen? Johler denkt kurz nach: „Er muss mit den Leuten umgehen können und zuhören, er darf nicht gleich schockiert sein.“ 70 Personen beschäftigt Johler derzeit in den Arbeitsprojekten. Zehn Schlüsselkräfte sorgen für reibungslose Abläufe. Die Beschäftigten sind zwischen 18 und 62 Jahre alt. Mit und ohne Ausbildung. Sie fangen in der Regel bescheiden an. „Wir versuchen sie dann immer näher an eine 100-Prozent-Anstellung heranzubringen.“ Johler schmunzelt. „Bei uns ist es eigentlich genau umgekehrt. Wir müssen immer die Besten entlassen.“ Vor drei Wochen ging der letzte. Hat endlich wieder einen Platz gefunden am ersten Arbeitsmarkt. Die anderen werkeln und hoffen weiter. Sie machen hier viel. Hausräumungen, Umzüge, Gartenpflege, erledigen kleine Fertigungsarbeiten für Zumtobel, Grass, Meusburger und andere. Oder zimmern kleine Obstkisten nach Bestellung. Davor und dazwischen und danach: Sozialarbeit. „Weil einer z. B. mit seinem Geld nicht zurechtkommt. Oder weil er die 15. Absage verkraften muss.“ Gründe gibt es unzählige. Es ist keine Kleinigkeit, nach langer Arbeitslosigkeit wieder in einen geregelten Alltag zu finden. „Dennoch haben wir unsere fixen Aufträge aus der Industrie, die pünktlich zu erfüllen sind.“

Ständiger Wechsel

In den 20 Jahren ihres Bestands haben etwa 2000 Menschen die Arbeitsprojekte durchlaufen. Die Zeiten sind deutlich härter geworden. „Früher blieben die Leute, die vom Arbeitsmarktservice zugewiesen wurden, im Durchschnitt ein Jahr lang bei uns. Jetzt liegt die Verweildauer bei 6,5 Jahren.“ Die Arbeitsprojekte schleusen 190 Betroffene pro Jahr durch, am Anfang lag der Durchlauf bei 40 Menschen im Jahr. Das Team wird bei dem ständigen Wechsel ganz schön gefordert. Am Eingang zur Werkhalle haben sie nun Bilder und Namen aller Beschäftigten auf einer Tafel ausgehängt. „Anfangs hatten wir Skrupel. Aber die Leute haben uns dann gesagt, wie froh sie darüber sind. Manche hatten sich wochenlang nicht getraut ihren Nachbarn nach dem Namen zu fragen. Arbeitslosigkeit ist nichts, womit man hausieren geht. Dabei „kann das Schicksal dieser Leute jeden jederzeit treffen“, betont Johler, der selber auch einmal bei Null beginnen musste.

Zur Person

Helmut Johler leitet seit zehn Jahren die Arbeitsprojekte der Kaplan Bonetti Sozialwerke.
Geboren: 30. November 1957 in Bregenz
Ausbildung: Lehre als Maurer, Bauhandwerkerschule, Baumeisterprüfung, Unilehrgang für Personal- und Organisationsentwicklung Laufbahn: bis 1998 am Bau tätig, ab 2000 im „Haus der jungen Arbeiter“
Familie: verheiratet, fünf Kinder

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