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Die Sprechmaschine

Heute, am Sonntag nach der 81. Kitzbühler Höllenfahrt, erwache ich mit einer Depression. Ich fühle etwas Eigenartiges auf dem Kopf, springe auf, schaue in den Spiegel. Ein roter Hahnenkamm prangt auf dem Kopf. Ich bin als Massen-Österreicher im Tiroler Promipfuhl erwacht, vollgemampft, vollgeschmiert mit Rotweissrot, vollgelabert mit Patridiotengeheul. Sodom und Gonorrhöe! Zuerst kommt mir die Idee, gleich in die Hatlerkirche zu gehen, um ein Zeichen des Friedens zu geben. Seit Freitag schau ich Hahnenkamm TV. Auf allen Kanälen wuselt die Bildersauce, ich luge und trinke. Ein Graf Anton nach dem andern (das Bier hab ich in Bludenz entdeckt). Soweit ich. Ergebnis: siehe oben.

Jetzt mein Kanzler. KK. Kanzler Kurz. Am Mittwochabend sah ich ihn auf allen Kanälen. Er besucht das Merkel. Die Besuche der Staatslenker gleichen mechanischen Figurenspielen wie am hohen Markt, nur dass Letztere mechanisch faszinieren, Erstere automatenhaft abtörnen. Kommando: „Rechts schaut!“ – KK und das Merkel, vormals Mutti, schreiten die Parade ab. Dann Schablonensätze, Händeschütteln, Kameragrinsen. Abends bei Maischberger: der Wunschschwiegersohn der Österreicherinnen legt das gute Kinderstubenprogramm auf, präsentiert seine Stehsatzwelt, zeigt sein Klonlächeln. KK meint es stehts gut, bringt Naseweisheiten, Maischberger lässt es über sich ergehen, wohl aus Angst, dass er noch süßer werden könnte. Mehrfach erscheint Stehsatz F1, man möge ihn und seine F doch nach den Taten beurteilen und nicht vorverurteilen. Wie ferngelenkt erscheint Stehsatz um Stehsatz, Schablone um Schablone: Außengrenzen, Hinweis auf das Regierungsprogramm, Schlepper, Balkanroutenverdienst. Nicht mal Trittin tritt ihn. Österreicherexotismus zieht. Emotionsgecleant und wendig wie ein nachgebauter Trockenslalomläufer macht KK den toten Karpfen: die neue ÖVP. Und privat? Auto hat er keins, hat ja den Dienstwagen, Geld braucht er keins, hat ja ein großes Gehalt, legt Sparbüchlein an oder Aktie, Studentenausweis hat er keinen mehr, Freundin hat er. Privat und Dienst trennt er. Alles brav. Die Software ist gut geschrieben. Der goldene Verschnitt. Unter nahezu ausschließlich faltengeprägten Politikern ist sogar die glatte Haut ein Hit. Sein Sprechschutzprogramm lässt ihn medial überleben. In Deutschland wird er bald Hansi Hinterseer die Nr. 1 streitig machen.

Die Sprechmaschine soll ein Mensch sein. Ich zweifle. KK läuft wie aufgezogen. Ich vermute, dass er am Rücken ein Loch hat für den großen Schlüssel, mit dem ihn Mama aufzieht. KK könnte der erste Prototyp eines humanoiden Roboters der Kanzlerklasse sein: KKK1, KlonKanzlerKurz1, Seriennummer am Hintern.

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