65 Jahre ist das Stück bereits alt – Uraufführung war 1950 – und dennoch wieder höchstmodern. In Zeiten von Facebook und der Frage “Was machst du gerade?” ergeben sich heute in der virtuellen Realität ebenfalls absurde Situationen und Status-Meldungen sind oftmals sinnentleerte Ergüsse .
Parodie des Lebens
In “Die kahle Sängerin” führen die Smiths eine belanglose Konversation nach dem Abendessen. Die Martins kommen dazu und erkennen erst im Gespräch, dass sie zueinander gehören. Sie erzählen von alltäglichen Beobachtungen – von einem Mann, der seinen Schuh zuband oder einem anderen, der Zeitung las. Weitere Figuren treten auf die Bühne und in den Dialog ein, die Situation macht das aber nicht klarer: Ein Feuerwehrhauptmann auf der Suche nach Bränden und ein Dienstmädchen, das Licht in das Dunkel zu bringen versucht. Realität sieht anders aus. “Die kahle Sängerin” ist eine Parodie des Lebens, laut Ionesco gibt sich “das Tragische komisch, das Komische ist tragisch und das Leben wird lustig.”
Die Darsteller funktionieren als Team – Lukas Wurm (Mr. Smith), Anne Kulbatzki (Mrs. Smith), Silas Breiding (Mr. Martin) und Lisa Hofer (Mrs. Martin) sowie Anton Weil (Feuerwehrhauptmann) und Bo-Phyllis Strube (Mary) harmonieren perfekt und sind mit großer Spielfreude am Werk. Kraftvolles, exaktes Schauspiel prägt die Arbeit des ganzen Ensembles. Großen Anteil daran hat der Regisseur Matthias Rippert. Der 1988 geborene Heidelberger spielt bei seiner Interpretation mit Elementen aus unterschiedlichen Medien. Cartoonartige Szenen und eingespielte Lacher in allerbester Sitcom-Manier sind Teil seines sehr kurzweiligen spritzigen Regie-Konzepts.
Bühnenbild perfekt abgestimmt
Selina Traun übernimmt bei dieser Inszenierung erstmals einen Ausstattungs-Auftrag am Vorarlberger Landestheater. Die Kostüme der Darsteller sind vorwiegend in Braun- und Rot-Tönen gehalten. Die Darsteller bilden auf diese Weise eine harmonische Einheit in ihrer eigenen kleinen skurrilen Welt. Das Bühnenbild Drumherum ist perfekt darauf abgestimmt. Eine Wohnung, die abgelöst wird durch viel Bühnen-Spielraum und gegen Ende durch ein Maisfeld, das dank der überzeugenden Lichtregie von Gerhard Fischer “brennt”.
Die kahle Sängerin tritt nicht auf
Und die kahle Sängerin? Sie tritt nicht auf. Kein einziges Mal. Es ist so einfach wie absurd und damit wieder passend zum Stück: Denn der Name des Werks entstand durch einen Versprecher. Das Publikum in Bregenz hat den Witz der Produktion jedenfalls sehr gut verstanden und nahm das Stück überwiegend positiv auf. Intendant Kubelka zeigte sich bei der Premierenfeier gewohnt zuversichtlich und bezeichnete sein ganzes Team als “eine Truppe, die von sich reden machen wird”. Langer Schlussapplaus am Premieren-Abend belohnte Regisseur und das ganze Produktionsteam.
“Die kahle Sängerin”, ein “Anti-Stück” von Eugène Ionesco, deutsch von Serge Stauffer. Mit u.a. Lukas Wurm, Anne Kulbatzki, Silas Breiding, Lisa Hofer. Regie: Matthias Rippert; Kostüme: Selina Traun. Vorarlberger Landestheater, weitere Vorstellungen: 18. November, 1., 5., 10., 18. und 31. Dezember sowie 17. Jänner 2016 , jeweils 19.30 Uhr. Karten unter 05574/42 870-600, www.landestheater.org.
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