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"Die große Lüge im Gesundheitsbereich"

Die moderne EDV ermöglicht einen sofortigen Blick auf MR-Bilder von Redakteur Martin Begle, der 2013 untersucht wurde.
Die moderne EDV ermöglicht einen sofortigen Blick auf MR-Bilder von Redakteur Martin Begle, der 2013 untersucht wurde. ©W&W
WANN & WO nahm unter die Lupe, ob es wirklich so große Unterschiede zwischen Kassen- und Privat­patienten im Ländle gibt.
"Patienten brauchen erträgliche Wartezeiten"

Am Wochenende beschäftigte sich WANN & WO mit Facharzt-Wartezeiten im Ländle. Darauf erreichten die Redaktion viele Leser-Reaktionen mit dem Einwand, dass man als Privatpatient viel schneller einen Termin bekomme. W&W sprach mit Dr. Herbert Vonbank, Standesvertreter der Voralberger Radiologen, vom MR Institut Bregenz über Terminvergabe, Zwei-Klassen-Medizin und Gesundheitsversorgung in Vorarlberg. „Bisher war die Bezahlung für Untersuchungen von Kassapatienten gedeckelt. Diese Regelung fällt in Österreich ab 1. Jänner 2018, in Vorarlberg kommt sie aber schon jetzt zur Anwendung. Untersucht haben wir bisher aber natürlich auch alle Patienten. Wir arbeiten sechs Tage die Woche von 7 bis 22 Uhr, da die Wartezeiten sonst noch viel länger wären, als derzeit etwa drei Wochen. Da es aber wie gesagt für Patienten von GKK und BVA nur ein gewisses Kontingent an bezahlten Untersuchungen gab, haben wir zuletzt etwa 300 bis 400 Untersuchungen im Jahr gratis durchgeführt“, so der Radiologe. „Und weil momentan ein Kollege gesundheitsbedingt für mehrere Monate ausfällt, habe ich heuer auch meinen Urlaub komplett gestrichen.“

Zwei-Klassen-Medizin

Dass Patienten mit Privatversicherung oft schneller einen Termin bekommen, streitet der Arzt keineswegs ab: „Natürlich gibt es eine Zwei-Klassen-Medizin – das bezieht sich aber nur auf die Termine. In 20 Jahren habe ich noch nie erlebt, dass es für Private eine bessere oder genauere Untersuchung gegeben hätte. Hier gilt absolute Gleichbehandlung!“, betont Vonbank und fügt hinzu: „Oft ist eine Untersuchung mehr ein persönliches Bedürfnis, als ein medizinischer Bedarf. Wenn man ohne akuten Handlungsbedarf sofort einen Termin will und daher die Versorgungspyramide umgeht, muss man den eben privat bezahlen.“ Daher werden im MR Institut Bregenz für jeden Tag Termine freigehalten, zu denen im akuten Bedarfsfall und für Privatpatienten Untersuchungen durchgeführt werden können. „Das System funktioniert recht gut. Die durchschnittlichen Wartezeiten auf einen MR-Termin bei uns belaufen sich momentan auf drei Wochen. Im Vergleich dazu wartet man in Ostösterreich derzeit zwölf Wochen und länger auf einen Termin.

Hohe Kosten

Beim MR Institut Bregenz handelt es sich um ein Projekt, das rund 4 Millionen Euro gekostet hat und daher auch finanziert werden muss. Kosten für 35 Mitarbeiter, teure Geräte und nicht zu unterschätzendem EDV-Aufwand, müssen bezahlt werden. „Für einen Privatpatienten bekommen wir etwa 2,5 Mal so viel, wie für einen Kassapatienten, bei denen wir einen Sonderpreis von 150 Euro pro Patient machen. Ich stehe hinter den Kassen und habe größtes Verständnis. Die müssen ja auch haushalten mit dem Geld, das sie zur Verfügung haben.“

Unterschiede

Trotzdem gebe es aber natürlich auch Unterschiede bei der Versorgung. „Die große Lüge im Gesundheitsbereich ist, dass für alle alles und für alle das Beste zur Verfügung steht. Das will uns die Politik so verkaufen, aber das ist schlichtweg nicht möglich“, betont Vonbank. „Ich bin aber ein Verfechter der sozialen Krankenversicherung, denn nur so ist es möglich, dass eine Familie, die z.B. ein krebskrankes Kind hat, die mit einer entsprechenden Behandlung verbundenen Kosten einigermaßen stemmen kann.“

„Deckelungen und Limitierungen“

Dr. Burkhard Walla, Kurienobmann Ärztekammer Vorarlberg: „Kassenvertragsärzte unterliegen durch die Vorgaben der sozialen Krankenversicherung zahlreichen Deckelungen, Limitierungen und Degressionen. Privatversicherte Patienten werden von den Kassenärzten hingegen außerhalb der mit den Kassen vereinbarten Ordinationszeiten (und somit in der Freizeit) und ohne die erwähnten einengenden Vorgaben behandelt.“

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