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Die Gegner im Visier

Auf der Pirsch mit Snowboarder Markus Schairer: WANN & WO bat den Snowboardcross Weltmeister von 2009 zum Interview auf dem Golm. Im Talk spricht der 28-Jährige über Verletzungspech, seine Rolle als Ordnungshüter, seine Beziehun gzum ÖSV, den Rücktritt von Susi Moll und den bevorstehenden Heimweltcup im Montafon.

WANN & WO: Dein Sommer bestand zum größten Teil aus Operationen und Reha. Bist du bereit für Jagd nach neuen Erfolgen?

Markus Schairer: Im Mai musste ich erneut an meiner rechten Schulter operiert werden, weil sie einfach nicht richtig funktioniert hat. Nach der Reha konnte ich deshalb erst extrem spät mit dem Training beginnen und habe immer noch Beschwerden. Insgesamt habe ich viel Gewicht und Muskelmasse verloren. Beim Snowboarden merke ich aber überhaupt nichts, einziges Manko: Am Startgate fehlt mir teilweise noch die Kraft, aber ich glaube, es reicht (schmunzelt).

WANN & WO: Du wurdest vom Nationalteam in den A-Kader herabgestuft. Wie beurteilst du den Umgang des ÖSV mit der Snowboard-Sektion?

Markus Schairer: Die Herabstufung, über die mich der Verband übrigens nicht informiert hat – ich hab dann in den Nachrichten davon gehört – ist mir eigentlich ziemlich egal. Das Training geht normal weiter, alle Kader trainieren zusammen. Auch meine Sponsoren haben mir die Treue gehalten. Ich glaube aber fest daran, im nächsten Jahr wieder im Nationalteam zu fahren. Die Beziehung zum ÖSV ist sehr eigen, was man ja auch heuer bei Anna Fenninger miterlebt hat. Besonders wenn es um die eigene Vermarktung geht, sind einem in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden. Wenn wir Erfolg haben und uns vermarkten könnten, würde es sicherlich auch dem Sport gut tun. Im Nachwuchsbereich ist der Verband aber umso engagierter. Ein Werdegang wie der meinige wäre ohne die Unterstützung von Seiten des ÖSV nicht möglich gewesen.

WANN & WO: Der Alpine Skilauf ist der Platzhirsch. Wieso führt der Snowboard-Sport in Österreich ein Schattendasein?

Markus Schairer: Der Skilauf ist, war und wird auch immer die Nummer eins bleiben – Österreich ist eine Ski-Nation. Warum der Snowboard-Sport nicht mehr Anerkennung erntet, ist mir ein Rätsel. Die Erfolge sind da, die Attraktivität ist ebenfalls gegeben. Bei den Olympischen Spielen hat man gesehen, dass Snowboard-Bewerbe weltweit zum Teil höhere Einschaltqoten als die Skifahrer erzielten. In Österreich sind die TV-Übertragungszeiten sehr knapp bemessen. Wir haben nur acht Rennen im Kalender, für die auch keine Werbung gemacht wird. Ich glaube nicht, dass sich hier während meiner aktiven Karriere noch viel verändern wird.

WANN & WO: Was war dein bisher bitterster Moment?

Markus Schairer: Besonders bitter für mich waren die X Games im Vorjahr. Ich fühlte mich richtig gut und dominierte die Vorläufe mit ein bis zwei Sekunden Vorsprung. Im großen Finale blieb ich dann im Startgate hängen, habe mich wieder auf den dritten Rang vor gekämpft und wurde dann abgeschossen. Dieses Rennen wird mich noch für den Rest meiner Karriere verfolgen.

WANN & WO: Deine Karriere war auch von schweren Verletzungen geprägt. Wie gehst du damit um?

Markus Schairer: Ich habe mich einfach nie unterkriegen lassen. Schon bei meinem Kreuzbandriss 2008 wusste ich immer, dass ich zurückkommen werde. Ich habe auch im Rennalltag nie einen Gedanken daran verschwendet, dass die Bänder nicht halten oder dass ich mich erneut verletzen könnte. Erstaunlicherweise habe ich es bei jeder Verletzung in meiner Karriere immer geschafft, und es waren nun doch schon einige (schmunzelt), mich erneut zu motivieren und an meine mentale und körperliche Stärke zu glauben.

WANN & WO: Wurmt dich dein „WM-Backside-Verkanter“ nach der Quali im Ziel am Kreischberg noch?

Markus Schairer: Nein, absolut nicht. War natürlich Scheiße. Ich sehe immer noch das Bild aus der Zeitung vor meinem Augen. Sieht so aus, als ob ich wie auf einer Matratze liegend durch die Luft geschleudert werde. Inzwischen kann ich aber auch darüber lachen.

WANN & WO: Kommen wir zu deinen Anfängen. Deine Mutter ist im ganzen Tal und darüber hinaus bekannt für ihren „starken Willen“. Hast du den auch des Öfteren zu spüren bekommen?

Markus Schairer: Allerdings, den bekomme ich auch mit 28 Jahren noch zu spüren (schmunzelt). Über meine Familie kann ich kein einziges negatives Wort verlieren. Sie haben mich immer zu 100 Prozent unterstützt, ließen mir aber auch meine Freiheit. In schwierigen Zeiten haben sie mir auch immer den nötigen Rückhalt gegeben. Ich kann mich noch an meine Anfänge in Stams erinnern, als mich das Heimweh ge­­packt hat. Meine Mutter hat mich hier immer bestärkt. Auch heuer hatte ich meine Zweifel, ob ich überhaupt weitermachen soll. Ich möchte ja auch noch in 30 Jahren in den Montafoner Bergen herumsteigen. Auch hier war die Rückendeckung von Zuhause aus großartig.

WANN & WO: Auf welche Jagd­trophäe bist du besonders stolz?

Markus Schairer: Ganz klar auf den Heimsieg im Montafon. Da muss ich nicht lange überlegen. WM-Gold und Silber, oder der zweite Rang bei den X Games waren auch nicht schlecht, aber mit diesem Moment vor heimischem Publikum kann nichts mithalten. „Efach uhemli“.

WANN & WO: Wie würdest du ­deinen eigenen Charakter beschreiben?

Markus Schairer: Ich kann ein sehr launischer Mensch sein. Gerade wenn es ums Siegen oder Verlieren geht. Ich versuche das auch schon seit geraumer Zeit zu ändern, schaffe es aber nicht, weil es einfach in meiner Natur liegt. Oder in der des Montafoners. Außerdem bin ich ein notorischer Ja-Sager, was mich oft um vieles bringt. Positiv ist sicherlich, dass ich einen großen Ehrgeiz entwickle, aber immer mit dem Teamgedanken im Hinterkopf.

WANN & WO: Dein Bart war ja eigentlich Teil einer Wette. Bleibt er jetzt weiterhin stehen?

Markus Schairer: Inzwischen gefällt er sogar meiner Freundin. Mein ehemaliger Fußballtrainer Hannes Netzer hat mich gefragt, was das Kraut in meinem Gesicht eigentlich soll. Ich habe ihm angeboten, dass wenn er vor dem Heimrennen eine Motivationsrede hält – wie damals im Fußballclub – ich mir den Bart abrasiere. Ich hoffe aber, dass er es vergessen hat und das Interview nicht liest.

WANN & WO: Was machen die Rennen im Montafon so einzigartig?

Markus Schairer: Das ganze Drumherum. Wenn man am Start steht und in diese Kulisse einfährt, vor den ganzen heimischen Fans, ist das für uns mit nichts zu vergleichen. Gerade für die Snowboarder, die selten mit so einem Zuspruch aus der Bevölkerung konfrontiert werden. Hier auch nochmal ein großes Dankeschön an alle freiwilligen Helfer, die sich für uns sprichwörtlich den A… aufreißen.

WANN & WO: Würdest du dich als Mensch mit Ellenbogen bezeichnen?

Markus Schairer: Jein. Ich bin eher der Mensch, der auch einmal einsteckt und sich dann seinen eigenen Weg sucht.

WANN & WO: Beziehungstechnisch hast du deine Brunftzeit ja hinter dir gelassen. Wie steht es bei dir in Sachen Familienplanung?

Markus Schairer: Ich lebe in einer glücklichen Beziehung mit meiner Freundin Karo. Wir teilen die selben Interessen und sie gibt mir großen Rückhalt. Das einzige Manko besteht darin, dass sie momentan in Schladming lebt und ich in Schruns. Kinder und Familienplanung sind aber definitiv ein Thema für mich.

WANN & WO: Was sagst du zum Abschied von Susi Moll und was möchtest du nach deiner aktiven Karriere machen?

Markus Schairer: Mit ihr verlässt eine Sportlerin den Weltcup, die unseren Bereich bekannt gemacht hat. Schade für den Sport. Mein Wunschtraum nach meiner aktiven Laufbahn wäre eine Kombination aus Trainerberuf beim ÖSV im Winter und der Polizeidienst im Sommer.

WANN & WO: Stichwort Ordnungshüter: Wie siehst du deine Verantwortung als Polizeibeamter?

Markus Schairer: Wir haben das Glück, in einem Land mit niedriger Kriminalitätsrate zu leben. Hier kann man dann schon auch mal ein Auge zudrücken (drückt ein Auge zu). Vor allem, wenn man zum Beispiel an die Straßenverkehrsordnung denkt. Ich bin auch einer, der sich vielleicht nicht immer an die Geschwindigkeitsbeschränkung hält. Ich glaube, als Polizist stehen Verhältnismäßigkeit und respektvoller Umgang mit der Bevölkerung an erster Stelle. In strafrechtlicher Hinsicht gibt es aber auch bei mir kein Pardon.

WANN & WO: Wie entgeht man bei Markus Schairer einem Strafzettel?

Markus Schairer: Das A und O ist einmal, wenn man mich grüßt. Viele ziehen bei einer Kontrolle gleich den Kopf ein oder blaffen einen gleich an. Polizisten sind auch Menschen und so wie man in den Wald hineinruft, kommt es auch retour.

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