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„Die Anzahl der Angriffe auf Polizeibeamte ist gestiegen!“

Eine Hochzeitsfeier in Feldkirch mündete in einer handfesten Auseinandersetzung mit der Polizei.
Eine Hochzeitsfeier in Feldkirch mündete in einer handfesten Auseinandersetzung mit der Polizei. ©Polizei
Nach der Eskalation einer Hochzeit in Feldkirch sprach WANN & WO mit Oberstleutnant Rainer Fitz über den Zwischenfall und die zunehmende Gewalt gegen Polizisten.
Hochzeitsgäste wieder auf freiem Fuß
Hochzeitsfeier in Feldkirch eskaliert
Respektlosigkeit gegenüber Polizei nimmt zu

WANN & WO: Die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es dem verletzten Beamten?

Rainer Fitz: Der Polizist wurde am Samstag stationär im Landeskrankenhaus Feldkirch aufgenommen und konnte am Sonntag das Spital bereits wieder verlassen.

WANN & WO: Konnten die geflohenen drei Verdächtigen bereits identifiziert werden? Gibt es schon Neuigkeiten zu den Ermittlungen?

Rainer Fitz: Die Ermittlungen zu den geflüchteten Verdächtigen sind noch im Gange. Die drei festgenommenen Personen wurden zwischenzeitlich entlassen und werden nun bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

WANN & WO: Ist eine Zunahme an Angriffen auf Polizeibeamte zu beobachten?

Rainer Fitz: Im Vergleichszeitraum 2008 bis 2013 sind die Angriffe auf Exekutivbedienstete angestiegen. In den letzten beiden Jahren weist die Statistik jedoch keine markante Zunahme der Gewalt gegen Polizistinnen oder Polizisten aus.

WANN & WO: Wie werden Exekutivbeamte auf derartige Risikoeinsätze vorbereitet?

Rainer Fitz: Polizisten und Polizistinnen werden in der Polizeischule auf das Einschreiten bei gefährlichen Situationen ausgebildet und in regelmäßigen Trainings einsatztaktisch und einsatztechnisch fortgebildet. Von einer allgemei­nen besonderen Gefährdung für Polizeibeamte bei solchen Hochzeitsfeiern kann nicht grundsätzlich gesprochen werden. Das Einschreiten gegen mehrere Personen ist aber oft mit einem größeren Risiko verbunden.

WANN & WO: Wie werden Polizeibeamte nach derartigen Erlebnissen wieder in den Dienst zurückgeführt? Nach solchen Erfahrungen dürfte der Schock tief sitzen.

Rainer Fitz: Wenn Polizisten im Alltag mit traumatischen Erlebnissen konfrontiert werden (diese reichen von der Aufnahme schwerer, tödlicher Verkehrsunfälle bis zum tätlichen Angriff oder auch Schusswaffengebrauch), gibt es Unterstützung durch die Vorgesetzten, oder speziell ausgebildete Polizisten und Polizistinnen (Peer Support), aber auch Psychologen und Psychologinnen, die im Bedarfsfall in Anspruch genommen werden können. Sie helfen mit persönlichen Gesprächen und Ratschlägen ein traumatisches Erlebnis besser zu verarbeiten.

WANN & WO: Was sagen Sie allgemein zu gewalttätigen Übergriffen – speziell auch, wenn sie gegen Polizisten gerichtet sind?

Rainer Fitz: Gewalt ist nie ein Mittel zur Problemlösung. In einer ersten situationsbedingten Gemütserregung vergessen Personen leicht die strafrechtlichen Konsequenzen, die bei Gewaltanwendung drohen können. Mein Appell für den Umgang mit Polizeibeamten: Respekt und Anstand zeigen, damit es im Nachhinein keine Schwierigkeiten gibt.

„Täter haben den Staat mit Füßen getreten“

WANN & WO sprach mit Arno Dalpra, Psychotherapeut, DAS, und Leiter der Ifs Gewaltberatung über Gewaltbereitschaft und ihre Hintergründe.

WANN & WO: Wie schätzen Sie den Zwischenfall in Feldkirch ein?Arno Dalpra: Grundsätzlich sollte gesagt werden: Gewalt hat keine Kultur, keine Religion, keine Nationalität – sie kommt vor und findet statt. Die Verantwortung solcher Taten darf sich nicht hinter der Kultur, dem Glauben oder der Nationalität verstecken. Gewalt ein individuelles Problem der Täter und Täterinnen. Bei diesem Anlassfall haben junge Männer Grenzen überschritten und Gewalt ausgeübt. Aufgrund der Uniformierung war klar, dass es sich um Polizisten handelt. Dieser Umstand schien ihr Handeln nicht zu beeinflussen. Einige von ihnen haben sozusagen den Staat mit Füßen getreten. Bei den geflohenen Tatverdächtigen muss angenommen werden, dass sie sich ihres Handelns durchaus bewusst waren und sich ihrer Verantwortung für ihr Tun durch Flucht entzogen haben.

WANN & WO: Ist die Gruppendynamik Schuld an der Eskalation?Arno Dalpra: Die Gruppendynamik ist nicht zu vernachlässigen, ist aber keine Entschuldigung. Es stellt sich dieselbe Frage, wie bei den Hooligans oder anderen Gruppen: Was bewegt Menschen in der Anonymität von Gruppen gewalttätig zu werden? Ist eine Bereitschaft vorhanden, gewalttätig zu sein? Die Anonymität der Gruppe setzt die Hemmschwelle nach unten, rechtfertig aber nicht die Gewalttat. Jeder Mensch hat die Möglichkeit „Nein“ zu sagen und nicht mitzuschlagen bzw. zu treten.

WANN & WO: Aber was bringt jemanden dazu, einen Polizisten zu attackieren?Arno Dalpra: Das kann ich nicht beantworten. Die Tat bleibt des Täters Eigentum, er trägt dafür die Verantwortung. Die Polizei hat bei solchen Einsätzen einen gewissen Ermessensspielraum. Diesen hat sie im gegebenen Fall vermutlich auch genutzt. Kommt es zu einem Fehlverhalten der Exekutive können rechtliche Schritte beschritten werden. Gewalt gegen Menschen, egal, ob in Uniform oder Zivil, ist ein „no go“ und klar abzulehnen.

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