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Der Kristall und die Welten: Michael Köhlmeiers "Lied von den Riesen"

Michael Köhlmeier stellt kommende Woche sein neues Buch vor.
Michael Köhlmeier stellt kommende Woche sein neues Buch vor. ©Steurer
Seit 1995 wächst ein Riese bei Wattens aus dem Untergrund des Inntals und wacht über die Kristallwelten des Unternehmens Swarovski.

Aus dem Mund der von Andre Heller erschaffenen mächtigen Kreatur strömt kühles Nass. Bisher dachte man, es handle sich um Wasser. Weit gefehlt. In Michael Köhlmeiers “Lied von den Riesen” erfahren wir nun, dass es sich um die Tränen von Polyphems Schwester handelt.Klingt verwirrend. Hat aber eine einfache Vorgeschichte, die man bereits ahnt, wenn man das Cover des neuen Buches des großen Vorarlberger Erzählers betrachtet: Köhlmeier-Sohn Lorenz Helfer (31), der zum Projekt Zeichnungen beisteuerte, hat dort den zur Touristenattraktion gewordenen Riesen porträtiert. Anhand des Buches sieht man also, “was passiert, wenn einer der meistgelesenen Autoren Österreichs und eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten des Landes aufeinandertreffen”, wie die Kristallwelten – wo am 8. September die Präsentation stattfindet – freudig verkünden.

“Als hätte ich mir das immer schon gewünscht”

Eine Riesen-Sache also, deren Anfang und Ende in Wattens zu finden ist. “Als mich Swarovski fragte, ob ich gern von Riesen erzählen würde, war mir, als hätte ich mir das immer schon gewünscht”, schreibt Köhlmeier. Für die doppelte Wunscherfüllung lässt er Frau Hitts Sohn, den kleinen “Riesen Kristall” auf eine abenteuerliche Reise durch Literaturgeschichte und Mythologie aufbrechen, um seine zu Stein gewordene Mutter zu erlösen. Denn “Kyklopentränen erweichen den Stein”. Und die gibt es halt nicht beim Supermarkt um die Ecke.

“Ich danke für den Anstoß”

Köhlmeier hat sich auf seine Anfänge als Nacherzähler von Sagen und Märchen besonnen und versammelt in etlichen Episoden Riesenhaftes aus allen Epochen – von der Frau Hitt bis zum grünen Hulk, von Ixion bis zu Prokrustes und vom Golem bis zu King Kong. Das Leben der Riesen erzählt er in einer Ballade mit 14 Kapiteln nach, mit vierzeiligen Strophen und Endreimen. “Über Verse und Reime habe ich mir einen Weg zurück an den Anfang gebahnt; und der, der ich heute bin, hat dem, der ich war, diese Geschichte erzählt. Ich danke für den Anstoß”, meint dazu der Autor.

Dass dieser Stoß die Reime immer wieder ins Holpern und Stolpern bringt, muss man mit Humor nehmen. Nur wer die Geschichten mit Augenzwinkern zu lesen bereit ist, kann eine Riesenfreude daran haben. Der brave Sohn bringt die Tränen am Ende jedenfalls glücklich nach Tirol. Und verhilft zwar seiner Mama nicht zu neuem Leben, aber anderen zu einem Riesenerfolg – ein echter Hit quasi, auch ohne Frau Hitt. (APA)

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