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Der gute Geist in Dir: Blue Dragon

Kinder an die Macht: Blue Dragon.
Kinder an die Macht: Blue Dragon. ©Waibel
Die Xbox 360 musste ja bisher ein wenig darben in Sachen RPG, insbesondere Fans traditioneller Japano-RPGs gingen leer aus. Das ändert sich mit Blue Dragon nun.  

Es gibt wenige Games heutzutage, die ich in Anwesenheit meiner Tochter anzocken kann. Blue Dragon gehört definitiv dazu, und das tut gut. Abseits von hektoliterweise sprudelndem Lebenssaft, herumfliegenden Körperextremitäten und virtuos inszenierten Todesanimationen vornehmlich humanoider Gegner zeichnet Blue Dragon trotz der spannenden Handlung ein buntes, fröhliches, positives Bild einer Abenteuergeschichte rings um eine schlagkräftige Heldentruppe. Zudem stehen an vorderster Front nicht die sich mit der misslichen Lage resignierend abgefundenen Erwachsenen, sondern juvenile Dreikäsehochs mit dem notwendigen Biss und der Sicht auf die Notwendigkeit des schier aussichtslos scheinenden Kampfes.

Die Welt von Blue Dragon ist eine zwischen verloren geglaubter Magie, rasender Technologie und tragischen Helden. Bereits zu Beginn treffen die Protagonisten auf den Oberbösewicht, selbst der kommt aber knuffig rüber. Da das aber nicht schon das Ende sein kann, gelingt den Streitern die Flucht, nicht ohne spürbare Hilfe der titelgebenden blauen Schutzgeister, die fortan die Helden „bewohnen“ und in den cool inszenierten Kämpfen in Erscheinung treten. 

Im Dörfchen Talta, Heimat des kleinen Shu, kümmern sich die Leute lieber um praktischere Dinge als um Zaubersprüche. Bis eines Tages purpurne Wolken den Himmel verdunkeln, und ein riesiger Landhai gigantische Furchen durch das kleine Dorf zieht. Ist die alte Magie wieder am Werk? Die Bevölkerung ist gelähmt, nur Shu — begleitet von seinen Freunden Jiro und Kluke — hat den Mumm, sich gegen die Bedrohung zu stellen.

Blue Dragon ist Old School durch und durch: Knuffige Charaktere im Mangalook, farbenfrohe Areale, Städte zum Aufbessern der Ausrüstung, eine Vielzahl von NPCs zum Interagieren, ein rundenbasiertes Kampfsystem mit Echtzeiteinflüssen.  Die von Akira Toriyama, Comic-Legende und Dragon-Quest-Hauptzeichner in Personalunion, geschaffene Welt kann sich sehen lassen: Witzige, märchenhafte Protagonisten und Gegner, die man als Anime-Fan einfach lieben muss: Da gibt es zum Beispiel Schnecken, die sich in einem kleinen Misthaufen verkriechen, glupschäugige Schmetterlinge und glibbrige Blobs mit Kulleraugen-Look als Gegner.

Die rasch optisch beeindruckenden Fights gegen Opponenten, denen der Trupp auch aus dem Weg gehen kann, dienen zum Sammeln von Erfahrungspunkten, Items und Gold. Im Gegensatz zu anderen RPGs werden aber hier nicht die Helden aufgelevelt, sondern die in ihnen steckenden Schutzgeister in Form der blauen Drachen. Diese übernehmen in den Kämpfen auch die fulminanten Magieattacken, die schier den hochauflösenden Bildschirm sprengen. Analog zu den Fähigkeiten der Protagonisten warten die Drachen mit anderen Grundfähigkeiten auf: Shus Exemplar besitzt die höchste Kraft, Jiros Begleiter beherrscht Heilzauber und Klukes Feuerspucker darf böse Zauber gegen eure Feinde beschwören. Je nach Verteilung der Fertigkeitenpunkte schafft man sich so Spezialisten in Form von Assassinen oder Rittern, die Skillung kann aber später verändert werden.

Das Kampfsystem wartet mit ein paar interessanten Neuigkeiten zum gewohnten rundenbasierten Allerlei auf: Die Gegner – einzeln oder in Gruppen, sind auf der Weltkarte, durch die man mit seinem Hauptcharakter spaziert, sichtbar, man kann ihnen gut ausweichen. Da man ja meist kämpfen will, attackiert man via des sogenannten „Kampfrings“ ausgewählte Gegner. Das können auch Gruppen von Gegnern sein. Der Clou dabei – manche Gegnerarten können sich überhaupt nicht ausstehen. Fasst man also einen Kampf zwischen einem Feuer- und einem Eisgegner zusammen, kann es passieren, dass sich die Fantasiewesen selbst die Köpfe einschlagen. Erstaunlicherweise ist das rundenbasierte Prinzip sehr intuitiv und spannend zugleich, eine Echtzeit-Aufladeleiste fordert Geschick, um die Attacken besonders mächtig ausfallen zu lassen.

Optisch ist Blue Dragon eine wahre Augenweide, und erzählt einetraumhafte Geschichte voller unerwarteter Momente und dramatischer Wendungen. Der kindliche und kindgerechte Look täuscht nicht darüber hinweg, dass in diesem Rollenspiel auch erwachsene Themen angesprochen und traurige Töne angeschlagen werden. Für die passende Musikuntermalung sorgt der ehemalige Final-Fantasy- Haus- und Hof-Komponist Nubuo Uematsu.

 

Fazit:

Vom ersten Moment an, als ich Blue Dragon sah, war ich fasziniert von dem Titel. Und beim ersten Anspielen wollte ich das Pad gar nicht mehr aus der Hand legen. Blue Dragon schafft den Spagat zwischen Breitentauglichkeit und einer stimmigen Optik ohne sinnlose Gewalt. Besonders die Einsteigerfreundlichkeit hat mich überzeugt. Ich habe mich immer gefragt, warum RPGs wie z.B. Final Fantasy hammerschwer sein müssen. Damit nimmt man einer großen Gruppe von Zockern die Möglichkeit, diese fantastischen Perlen der Videospielgeschichte zu erleben. Blue Dragon macht da alles richtig, die Lernkurve ist flach, die Bosskämpfe dagegen spannend, die Geschichte, die erzählt wird, märchenhaft und episch – kein Wunder, das Spiel wird auf 3 DVDs ausgeliefert. Abschließend würde ich sagen, dass Blue Dragon in keiner Spielesammlung eines 360er Zockers fehlen darf, ausgenommen vielleicht in jenen totaler RPG-Muffel. All jenen, die ob der Optik die Nase rümpfen, weil sie lieber knöcheltief im Blut ihrer Gegner waten, sei gesagt, dass sie eines der besten RPGs aller Zeiten versäumen.

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