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„Dann wäre jeder Konkurs schon ein schwerer Betrug“

Die beiden Angeklagten sollen Ende März 2010 vor ihren Lieferanten den bevorstehenden und am 1. April 2010 eingebrachten Konkursantrag der überschuldeten Tankstellenfirma verschwiegen haben.
Die beiden Angeklagten sollen Ende März 2010 vor ihren Lieferanten den bevorstehenden und am 1. April 2010 eingebrachten Konkursantrag der überschuldeten Tankstellenfirma verschwiegen haben. ©VOL.AT/Hartinger
Auftakt im Prozess um angeklagten Bestellbetrug in Höhe von 1,07 Millionen Euro gegen einen Unternehmer und einen Anwalt.

„Dann wäre jeder Konkurs schon ein schwerer Betrug.“ So kommentierte gestern ein Jurist als Zuschauer beim Prozessauftakt am Landesgericht Feldkirch die Anklage gegen einen Oberländer Tankstellenunternehmer und einen Feldkircher Rechtsanwalt. Ihnen wirft Staatsanwalt Robert Mader schweren Betrug im Ausmaß von 1,07 Millionen Euro an drei Treibstofflieferanten vor. Der Strafrahmen dafür beträgt ein bis zehn Jahre Gefängnis.

Die beiden Angeklagten sollen Ende März 2010 vor ihren Lieferanten den bevorstehenden und am 1. April 2010 eingebrachten Konkursantrag der überschuldeten Tankstellenfirma verschwiegen haben. Damit seien, so die Anklage, drei weiterhin Treibstoff liefernde Firmen aus Inner­österreich getäuscht worden. Die Angeklagten hätten damit in Kauf genommen, dass die Treibstofflieferanten geschädigt wurden.

Die beiden unbescholtenen Angeklagten erklärten sich für nicht schuldig. Sie hätten keinen Schädigungsvorsatz ge­habt, sagten der 54-jährige Tankstellenunternehmer und der 52-jährige Rechtsanwalt. Angeklagt wurde der Wirtschaftsanwalt als Beitragstäter. Der promovierte Jurist hat das Sanierungskonzept für das Tankstellenunternehmen erstellt, das den Konkursantrag und die Weiterführung der Tankstellen mit einer Auffanggesellschaft vorsah.

Überschuldet hatte sich das eigentlich profitable Tankstellenunternehmen, weil es Millionen in eine Tochterfirma pumpte, die Biodiesel herstellen hätte sollen.

Für das Sanierungskonzept habe es keine Alternative gegeben, meinen die Verteidiger Martin Mennel und Albert Heiß. Jede andere Alternative hätte den Schaden für die Lieferanten erhöht. Weder die subjektive noch die objektive Tatseite sei erfüllt. Eine andere strafrechtliche Beurteilung „würde bedeuten, dass man keine Sanierung mehr durchführen darf, ohne sich strafbar zu machen“, sagte Heiß, der den Anwalt vertritt.

Urteil Ende Juli

Mit einem Urteil im von Richter Richard Gschwenter geführten Schöffenprozess im Schwurgerichtssaal ist frühes­tens am 21. Juli zu rechnen.

Zivilrechtlich hat in letzter Instanz auch der Oberste Gerichtshof (OGH) festgestellt, dass die Vorarlberger Hausbank des angeklagten Tankstellenunternehmers für den Treibstofflieferanten entstandene Schäden zu haften habe. Denn die Lieferanten seien über den bevorstehenden Konkursantrag nicht informiert worden und hätten nur deshalb weiterhin Treibstoff geliefert.

(Anm. d. Redaktion: Christoph Scheier wurde zwischenzeitig von den gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen rechtskräftig freigesprochen.)

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