Ihr Cocktailparty-Swing und Kaugummi-Soul begeisterten dennoch die Massen an Bord, ebenso wie die Stimme ihres verstorbenen Vaters Nat “King” Cole aus der Konserve. “Stillleben mit Band” hätte der Titel des Openers heißen können. Gute fünf Minuten verbrachte das achtköpfige Ensemble regungslos auf der Bühne, bis Cole diese endlich im eleganten Glitzerkleid betrat. Was unbestritten ist: Die Frau hat Stimme, die im Timbre streckenweise an die von ihr verehrte Ella Fitzgerald erinnert. Alles nur ein wenig grober und schriller, hier hat sich ein in den 70er- und 80er-Jahren aufgeblitzter Star offensichtlich aufgegeben.
Natalie Cole am Jazz Fest
Cole weiß dennoch, wie sie ihre Passagiere von der ersten Minute an zufriedenstellt: Mit Bekanntem. So wurde mit einer eher verschlafenen als lasziven Version des vielinterpretierten Songs “Fever” eröffnet. In den verbleibenden eineinhalb Stunden wurde geliefert, was man auch auf Kreuzfahrtschiffen serviert bekommt, um die Wartezeit zwischen Shrimps-Cocktail und Melonen-Schnitzereien zu verkürzen: “Route 66”, “Besame Mucho”, “Lollipops And Roses”, “Charlie Chaplins “Smile”…
Natalies auch musikalischer Übervater, Nat, war es aber, der das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. Etwa die Ballade “Unforgettable”, mit dem die Tochter einst einen Charts-Hit verbuchen konnte. Aus der Konserve kam aber nicht nur er, zwei Keyboards versorgten das Geschehen mit Streichern, Bläsern und allerlei Synthetischem. Mit der Popschnulze “Miss You Like Crazy” versprühte die Diva ausgerechnet die meiste Authentizität, bei der Zugabe “Our Love” wurde es fast erdig. Das Tribute-Medley an verstorbene Soul-Legenden war hingegen verzichtbar, der höhenlastige Sound schmerzend.
Wie zumeist beim Jazz Fest Wien wurde auch dieser Auftritt mit Standing Ovations honoriert. Und es wäre nicht verwunderlich, wenn Cole auch in den kommenden zehn Jahren das breitenwirksame Festival regelmäßig beehren würde.
(APA)
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