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Causa Mensdorff: Die Chronologie

Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly wegen Verdacht auf Geldwäsche angeklagt.
Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly wegen Verdacht auf Geldwäsche angeklagt. ©APA
Der Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly muss nach jahrelangen Ermittlungen wohl vor Gericht, nachdem die Staatsanwaltschaft Wien Strafantrag wegen des Verdachts der Geldwäsche, falschen Beweisaussage in zwei Untersuchungsausschüssen und der Vorlage eines verfälschten Beweismittels erhoben hat.

Die Causa wurzelt im Komplex Eurofighter/BAE Systems, beschäftigt seit über fünf Jahren Öffentlichkeit und Behörden – und ist nicht die einzige, in der der auch als Organisator von Jagdveranstaltungen berühmt gewordene “Graf” im Visier der Ermittler steht. Er selbst hat jegliche Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Im Folgenden eine Chronologie der Ereignisse:

 23. Februar 2007: Mehrere Medien, darunter die britische Tageszeitung “The Guardian” und das Schwedische Fernsehen SVT, erheben Vorwürfe gegen Saab und das britisch-schwedische Verkaufskonsortium Gripen International. Diese hätten unter anderem tschechische Parlamentarier bestochen, um einen Abfangjäger-Deal für Schweden an Land zu ziehen. SVT behauptet auch, dass der österreichische Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, Gatte der ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat, in die angebliche Korruptionsaffäre verwickelt sei. Dieser wies jedoch die Vorwürfe, insbesondere den Erhalt der in dem TV-Bericht behaupteten Provisionen in der Höhe von rund 8,7 Mio. Euro als unwahr zurück.

24. Februar 2007: SPÖ und Grüne wollen Mensdorff vor den Eurofighter-Untersuchungsausschuss laden. Sie erwarten sich dadurch Aufschluss darüber, ob Mensdorff auch in das Eurofightergeschäft oder die Finanzierung der Deals eingebunden war.

27. April 2007: Die schwedische Staatsanwaltschaft ermittelt im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen zum Gripen-Geschäft mit Tschechien auch den nicht zustande gekommenen Abfangjäger-Deal des Herstellers Saab mit dem österreichischen Bundesheer.

21. Mai 2007: Mensdorff wird im Eurofighter-Untersuchungsausschuss als Zeuge einvernommen. Er weist dabei jegliche Verbindung seiner Person mit dem Beschaffungsvorgang der Abfangjäger zurück. Er sei weder Waffenhändler noch -lobbyist. Weder er selbst noch eine seiner Firmen seien in den Beschaffungsvorgang involviert gewesen, betont Mensdorff, der als seine Berufsbezeichnung “Bauer” angibt.

27. November 2007: Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Mensdorff in der Gripen-Affäre. Die Untersuchungen seien aufgrund von Informationen aus Schweden, Tschechien und Ungarn über das Vorliegen möglicher Straftatbestände eingeleitet worden. Auch das Bundeskriminalamt ermittelt. Mensdorff zeigt sich “überrascht” und hofft, dass dadurch die “falschen Anschuldigungen” gegen ihn “endgültig entkräftet” würden.

9. Mai 2008: Mensdorff gerät in Zusammenhang mit angeblichen Jagdeinladungen an den Ex-Innenminister Ernst Strasser (V) in die Schlagzeilen.

30. September 2008: Wegen des Verdachts der Bestechung und der Geldwäsche in Zusammenhang mit dem Ankauf der Eurofighter durch das österreichische Bundesheer werden auf Anordnung der Justiz Hausdurchsuchungen bei Mensdorff durchgeführt. Mensdorff stehe unter Verdacht, als Berater des Unternehmens in “aktive und passive Bestechungsvorgänge bei nationalen und internationalen Beschaffungsvorgängen für militärisches Gerät involviert gewesen zu sein”. Die Durchsuchungen finden an vier Orten – in Mensdorffs Büro, seinem Schloss in Luising im Burgenland und bei zwei Geschäftsfreunden – statt.

3. Oktober 2008: Mensdorffs Anwalt bezeichnet die Vorwürfe gegen Mensdorff als “reine Vermutung auf 30 Seiten”. Mensdorff sei ein “unbedeutender Verdächtiger”, er habe die Vorwürfe als “falsch und haltlos” bezeichnet. Auch Vorwürfe des Grün-Abgeordneten Peter Pilz, wonach Mensdorff im Eurofighter-Untersuchungsausschuss falsch ausgesagt habe, weist der Anwalt zurück.

21. Oktober 2008: Mensdorff wird von den britischen Behörden zu den mutmaßlichen Korruptionsgeschäften befragt. Dabei habe er aber laut Staatsanwaltschaft Wien “nichts gesagt”.

3. Jänner 2009: Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Mensdorff wegen Verdachts der falschen Zeugenaussage im Eurofighter-Untersuchungsausschuss.

27. Februar 2009: Mensdorff wird in seiner Heimatgemeinde Luising aufgrund eines Haftbefehls festgenommen. Es geht um den Verdacht der Geldwäsche im Zusammenhang mit untitulierten Zahlungen des britischen Waffenkonzerns British Aerospace Systems an Mensdorff. Er wird wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr in die Justizanstalt Josefstadt eingeliefert.

1. März 2009: Über Mensdorff wird die Untersuchungshaft verhängt.

3. März 2009: Nach der Festnahme Mensdorffs ermittelt auch die tschechische Polizei in der Korruptionsaffäre um den Ankauf von schwedischen Gripen-Kampfflugzeugen durch Tschechien.

3. April 2009: Mensdorff kommt auf freien Fuß. Die Inlandsvernehmungen sind laut Staatsanwaltschaft Wien abgeschlossen. Zahlreiche Rechtshilfeersuchen an ausländischen Behörden müssen noch beantwortet werden, ehe über eine mögliche Anklage gegen Mensdorff entschieden werde.

29. Jänner 2010: Die britische Anti-Korruptionsbehöre SFO (Serious Fraud Office) beschuldigt Mensdorf-Pouilly der Absprache zur Korruption, was in Großbritannien strafbar ist. Er habe um 15 Uhr vor dem Highbury Corner Magistrates Court zu erscheinen, wird trocken mitgeteilt. Mensdorffs Anwalt bestätigt einen Termin zwecks Aussage in London. Wenig später wird allerdings klar, dass sein Mandant von der Vernehmung direkt in die Verwahrung wanderte.

4. Februar 2010: Bei einer Haftprüfungsverhandlung entscheidet das Gericht, dass Mensdorff-Pouilly gegen eine Kaution von 500.000 Pfund (572.672 Euro) aus der U-Haft entlassen wird. Weites wird die Auflage erteilt, dass er London nicht verlassen darf und eine Fußfessel tragen muss.

5. Februar 2010: Überraschend wird das Verfahren gegen Mensdorff-Pouilly in London eingestellt und der Waffenlobbyist ohne Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Grundlage dafür ist eine Vereinbarung der SFO und des US-Justizministeriums mit BAE Systems.

30. März 2010: Nach einigem Hin und Her wird klar, dass trotz Einstellung des britischen Verfahrens in Österreich weiter ermittelt wird. Langwierige Amtshilfeersuchen im Ausland behindern jedoch die Arbeit der Behörden.

Mai 2011: Mensdorff-Pouilly bekommt in Großbritannien erkleckliche 377.000 Pfund – zu diesem Zeitpunkt umgerechnet 430.000 Euro – Haftentschädigung zugesprochen.

August 2011: Mensdorffs Name taucht im Zuge der Affären Telekom und Blaulichtfunk (Tetron) auf. Er bestätigt, von der Telekom 1,1 Mio. Euro erhalten zu haben, bestreitet aber die erhobenen Bestechungs- bzw. Korruptionsvorwürfe. Auch Zahlungen von Motorola an eine Mensdorff-Firma werden kolportiert. Er wird im September dazu von der Staatsanwalt und Korruptionsermittlern befragt.

21. März 2012: Mensdorff ist als Auskunftsperson im U-Ausschuss zur Causa Telekom geladen. Bei den meisten Fragen der Abgeordneten verweist er auf seinen Status als Beschuldigter in der Telekom-Affäre und entschlägt sich der Aussage. Sein nächster Auftritt im Ausschuss – in Sachen Tetron – ist übrigens für nächste Woche anberaumt.

22. Juni 2012: Die Staatsanwaltschaft bringt einen Strafantrag gegen Mensdorff-Pouilly ein, der nach Ansicht der Behörde eine “Kompletterledigung” der Vorwürfe im Zusammenhang mit dem BAE-Komplex darstellen. Mit der Hauptverhandlung noch in diesem Jahr ist zu rechnen.

(APA)

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