Dazu sollen, wie der Ausschussvorsitzende Werner Amon (V) bei einer Pressekonferenz am Donnerstag im Parlament in Wien forderte, ausländische “Cold Case”-Spezialisten – etwa des FBI – hinzugezogen worden. Der Ausschuss ortete in seinem Abschlussbericht schwere Ermittlungspannen.Der Unterausschuss musste vor allem zwei Fragen klären. Und zwar, ob die Ermittler mit der notwendigen Sorgfalt und Professionalität gehandelt haben und ob den wesentlichen Fragen, die sich während der Ermittlung ergeben haben, auch ausreichend nachgegangen worden ist. “Nach Ansicht des Unterausschusses sind beide Fragen mit ‘Nein’ zu beantworten”, zog Amon Bilanz. Zudem kritisierte der Abgeordnete, dass dem Gremium nicht alle Akten zur Verfügung gestellt worden sind.
War Priklopil doch kein Einzeltäter?
Die Ungereimtheiten rund um den Fall Kampusch wurden von den Abgeordneten zwar aufgeführt, allerdings nur sehr zurückhaltend beantwortet. Bei der zentralen Frage, ob es sich bei Wolfgang Priklopil um einen Einzeltäter gehandelt hat, kam der Ausschuss zu keinem eindeutigen Schluss. Die Frage, ob der Entführer Mittäter oder Mitwisser hatte, könne mit den vorliegenden Ermittlungsergebnissen “nicht abschließend beantwortet werden”. Auch für einen möglichen Mord an Priklopil habe es keine Hinweise gegeben – allerdings wurde kein toxologisches Gutachten an der Leiche durchgeführt. Auf einen Kinderpornoring im Hintergrund hat es laut dem Vertreter der Grünen, Peter Pilz, keinerlei Hinweise gegeben.
Ermittlungspannen geortet
Die Mitglieder des Ausschusses, dem Vertreter aller im Parlament vertretenen Parteien angehören, orteten aber dafür gleich eine ganze Reihe von Ermittlungspannen – wie etwa, dass dem Hinweis eines Polizei-Hundeführers auf den Entführer Wolfgang Priklopil nicht nachgegangen worden ist. Auch die Staatsanwaltschaft sei ihrer Aufgabe nicht nachgekommen. “Nach Auffassung des Untersuchungsausschusses wurden Beweisergebnisse vonseiten der Staatsanwaltschaft nicht ausreichend erörtert, vielmehr besteht der Eindruck, dass Ergebnisse im Zweifelsfall dahingehend interpretiert wurden, dass sie in die bestehenden Ermittlungsansätze passten. Aussagen von Zeugen, die dem widersprachen, wurden in der Regel als wenig glaubwürdig qualifiziert”, heißt es in dem Abschluss-Kommunique.
Besonders kritisierte Amon den Umgang mit der Zeugin Ishtar A., die die Entführung von Kampusch beobachtet und über Jahre hinweg von zwei Tätern gesprochen hatte. Die junge Frau sei “unter Druck gesetzt worden”, um ihre Aussage letztlich zu ändern. Der Ausschuss überlegt in diesem Fall laut Amon sogar, eine Anzeige gegen unbekannt wegen Nötigung einzubringen, falls diese Frage bei der Evaluierung nicht geklärt wird.
Neuerliche Ermittlungen bei Verdacht
Pilz kritisiert mangelnde Aufarbeitung
Peter Pilz (G) kritisierte, dass der Fall und die Ermittlungspannen der Behörden in den vergangenen Jahren niemals wirklich aufgearbeitet worden sind. “Die Kontrolle hat vollkommen versagt”, meinte er. Erst die Arbeit des Ausschusses habe zu einer Evaluierung geführt.
“Der Fall Prikopil, Freunde, Helfer und Beschützer kommt nicht zu den Akten”, so der Vertreter des BZÖ, Peter Westenthaler. “Es gibt massive Vorwürfe, Beeinflussungen und speziell drei offene Fragen: Erstens rund um die Tatzeugin Ishtar A. Zweitens rund um den Polizeihundeführer. Drittens geht es um Prikopil Freund Ernst H. und dessen ungeklärte Rolle. Es muss alles auf den Tisch und aufgeklärt werden”, meinte der stellvertretende BZÖ-Klubobmann.
In dem Abschlussbericht wird auch eine Kontrolle der Staatsanwälte durch das Parlament gefordert. Bei bereits geschlossenen Fällen soll eine nachprüfende Kontrolle in einem Unterausschuss verwirklicht werden. “Dadurch darf aber nicht in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung eingegriffen werden”, heißt es in dem Kommunique.
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