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Causa BVT: Hausdurchsuchung laut Moser wegen unterlassener Datenlöschung

Moser und Pilnacek gaben eine Pressekonferenz zur BVT-Causa.
Moser und Pilnacek gaben eine Pressekonferenz zur BVT-Causa. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Justizminister Josef Moser (ÖVP) äußerte sich am Mittwoch zur Causa BVT. Moser zufolge gibt es fünf Beschuldigte, von denen er nur Behördenleiter Peter Gridling namentlich nannte. Bei den Vorwürfen gehe es hauptsächlich um jenen der unterlassenen Datenlöschung.
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Die Hausdurchsuchungen seien wegen einer befürchteten Fernlöschung erfolgt. Bereits im Juli 2017 sei ein Konvolut an Vorwürfen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingelangt. Nach einer Anzeige eines Anwalts begannen die Ermittlungen. Im Jänner 2018 wandte sich dann Peter Goldgruber, Generalsekretär des Innenministeriums, an die Staatsanwälte. Dieser Weg sei “ein zulässiger”, wie sein Gegenüber im Justizministerium, Sektionschef Christian Pilnacek, betonte. Es sei dies in der Strafprozessordnung so vorgesehen. Im Monat darauf wurden insgesamt vier Zeugen, zwei davon in Begleitung eines Kabinettsmitarbeiters des Innenministeriums, vernommen.

Im Raum stehe primär der Vorwurf, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu löschende Daten nicht gelöscht wurden bzw. unzulässig Datenkopien angefertigt wurden, so Moser, es ging also um Amtsmissbrauch. Gridling wird vorgehalten, es trotz Kenntnis der Umstände mutwillig unterlassen zu haben, eine Löschung und damit die Herstellung eines gesetzeskonformen Zustands angeordnet zu haben.

Beweissicherung durch Hausdurchsuchung

Weil insbesondere eine Zeuge von der Möglichkeit einer Beweisvernichtung per Fernlöschung gesprochen habe, habe man eine Beweissicherung per Hausdurchsuchung für angezeigt gehalten, so der Minister. Der Anstoß, hier die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) zuzuziehen, sei von Goldgruber gekommen. Daran, dass die WKStA dieses Angebot angenommen habe, “ist keinerlei Kritik zu üben”, betonte Pilnacek. Auch Moser bezeichnete dies als “nachvollziehbar”.

Am 28. Februar kam es dann zu den Durchsuchungen, und zwar in mehreren Büros des BVT sowie an vier privaten Wohnadressen. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch einen Bericht an die Oberstaatsanwaltschaft. Insgesamt 58 EGS-Beamte waren im Einsatz, und zwar “in normaler Straßenjustierung”, wie Moser betonte. Mit dabei waren fünf Staatsanwälte und acht IT-Experten.

Datenträger von BVT in zugangsbeschränkten Raum gebracht

Die Datenträger und Kopien seien umgehend in einen besonders zugangsbeschränkten Raum gebracht worden. Einzelfalldaten oder die besonders heikle Extremismusdatenbank seien “nie das Zielobjekt” gewesen, betonte Pilnacek: “Die ist nicht einmal angesehen worden, die ist am Server des BVT verblieben.” Dass rund um die Amtshandlungen externe Personen Zugang zu den Daten bekommen haben könnten, schloss Pilnacek aus. Bei der Leiterin des Extremismusreferats sei deshalb eine Durchsuchung erfolgt, weil sie laut Zeugenaussage einen sehr intensiven beruflichen Kontakt zu einem der Beschuldigten unterhalten habe.

Laut Blümel keine Irritationen in Regierung durch BVT-Affäre

Die Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat laut Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) keine Irritationen innerhalb der Regierung ausgelöst. Auf die Frage, wie belastet die Stimmung in der schwarz-blauen Koalition sei, antwortete Blümel am Rande des Ministerrats am Mittwoch mit den Worten: “Gar nicht.” ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon hatte sich am Montag irritiert über die jüngsten Vorgänge rund um den Inlandsgeheimdienst gezeigt und den inzwischen vom Dienst suspendierten Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, verteidigt. Blümel stellte das in Abrede und sah die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zusammen mit der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) vorgenommene Hausdurchsuchung beim BVT als rechtskonform an.

Causa für Blümel keine große Affäre

Die entsprechenden Ausführungen von Justizminister Josef Moser (ÖVP) heute Morgen “lassen von einem rechtskonformen Vorgehen ausgehen”. Wenn es Vorwürfe gegen Personen im BVT gebe, müsse man dem nachgehen. Dahinter steckt nach Ansicht Blümels keine große Affäre. Er sprach von einer “Entmystifizierung” der ganzen Causa. Er selbst habe aus der Zeitung von dieser Sache erfahren und müsse feststellen, dass es zwischen den ersten Medienberichten und den jetzt bekannt gewordenen Fakten Unterschiede gebe.

Nationaler Sicherheitsrat trifft am Montag zusammen

Der Nationale Sicherheitsrat tritt am Montag (19. März) zusammen, um über die Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu beraten. Die Sitzung im Bundeskanzleramt wurde auf Wunsch der NEOS einberufen. “Mit der Sitzung können wir einen wichtigen Schritt zur Klärung der Causa BVT setzen”, erklärte NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper gegenüber der APA. “Hier werden sich erstmals der Kanzler, der Innen- und der Justizminister insbesondere zur Aufklärung des Vorwurfs eines parteipolitischen Machtmissbrauchs erklären müssen. Da das BVT mit dem Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und der Bekämpfung von Terrorismus betraut ist sowie intensiven Kontakt mit ausländischen Nachrichtendiensten im Interesse Österreichs pflegt, ist die Integrität und Funktionsfähigkeit dieser Einrichtung für die Sicherheit des Landes von höchster Bedeutung. Daher ist es unerlässlich, dass der Nationale Sicherheitsrat mit dieser Causa befasst wird”, so die NEOS-Sprecherin für Inneres.

Der Nationale Sicherheitsrat ist ein vertrauliches Beratungsgremium der Regierung in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Vertreten sind dort neben den zuständigen Regierungsmitgliedern auch Vertreter aller im Hauptausschuss des Nationalrats vertretenen Parteien. Am Montag findet zudem eine Sondersitzung des Nationalrats zur Causa BVT statt.

Kritik an Mosers Rede zu BVT

Mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet sieht SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim nach den Aussagen von Justizminister Josef Moser (ÖVP) zur Causa BVT. Ähnlich skeptisch sehen das die NEOS, während FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz die “inszenierte Skandalisierung” des Falls für endgültig gescheitert erklärte.Jarolim forderte in einer Aussendung ein Ende des “regierungsinternen Verwirrspiels” und rückhaltlose Aufklärung in dieser Angelegenheit. Mit ihrer Formulierung, die Extremismusdatenbank “sei nie das Zielobjekt” gewesen, versuchten Moser und Generalsekretär Christian Pilnacek offenbar zu kaschieren, dass sie nicht ausschließen können, dass sehr wohl Daten aus der Extremismusdatenbank mitgenommen wurden.

Interessant sei auch die Aussage, dass der Anstoß zur Einbeziehung der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität von BMI-Generalsekretär Peter Goldgruber gekommen sei. Insgesamt, so der SPÖ-Justizsprecher, sei die Pressekonferenz durch “eine eigenartige, distanzierte Wortwahl” von Moser und Pilnacek geprägt gewesen, meinte Jarolim.

Ähnlich die Einschätzung der NEOS: “Was wir hier gesehen haben, ist der offensichtliche und untaugliche Versuch des Justizministers, aufgrund der Koalitionsräson dem Innenminister die Mauer zu machen”, meinte die NEOS-Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper.

Ganz anders sah das Rosenkranz: “Nach der heutigen Bestätigung durch Justizminister Josef Moser, wonach alle Handlungen in der Causa BVT seitens des Innenministeriums gerechtfertigt, nachvollziehbar und angemessen waren, ist die inszenierte Skandalisierung der Opposition aber auch einiger selbsternannter ‘Qualitäts’-Journalisten endgültig gescheitert. Eigentlich wäre es nun höchst an der Zeit, sich für diese pauschalen Anpatzversuche bei Innenminister Herbert Kickl, aber auch bei der unabhängigen Justiz in aller Form zu entschuldigen.”

Kurz in BVT-Affäre beruhigt

Die BVT-Affäre hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im ersten Moment “sehr schockiert und beunruhigt”. Er sei aber “froh”, dass sich vieles von den “Gerüchten und Spekulationen als falsch herausgestellt hat und widerlegt werden konnte”. Das sagte Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Mittwoch.Der heute vorgelegte Bericht des Justizministeriums zur Hausdurchsuchung beim BVT zeige, dass alles “rechtskonform” abgelaufen sei. “Jetzt muss man die Vorwürfe aufklären. Am Zug ist die Justiz.” Es gebe zwei Möglichkeiten, so Kurz: Die Verdachtsmomente erhärten sich und es komme zu Verurteilung oder die Beschuldigten werden entlastet und können wieder ihren Dienst aufnehmen. Er vertraue auf die unabhängigen Gerichte und hoffe, dass die Causa “zügig” aufgearbeitet werde, “im Interesse der Betroffenen und der Behörde selbst”.

Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigte sich überzeugt, dass in diesem Fall alles “rechtskonform” abgelaufen sei. Seinen Vorwurf, dass das BVT möglicherweise als “Staat im Staat” agiere, wollte Strache so nicht mehr wiederholen. Er habe keinen Pauschalverdacht ausgesprochen. “Das ist unredlich. Ich habe nur festgestellt, dass es Vorwürfe gibt und dass das erschreckend ist.”

“Ich habe volles Vertrauen in die Justiz”, sagte Strache und betonte erneut, dass die Cause in den Händen der Justiz liege und nicht beim FPÖ-geführten Innenministerium. Die Polizei habe die Hausdurchsuchung nur begleitet, “ganz normal ohne gezogene Waffe”.

Überlegungen, die Nachrichtendienste von Polizei und Militär zusammenzulegen, bezeichnete Strache als “völligen Unsinn”. Eine Evaluierung der Arbeit des BVT hält er aber für sinnvoll.

APA/Red.

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