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Bühne mit freier Rundumsicht

"Die Entscheidung für dieses Projekt am Standort Lauterach ist komplett aufgegangen." (Heinz Senger-Weiss)
"Die Entscheidung für dieses Projekt am Standort Lauterach ist komplett aufgegangen." (Heinz Senger-Weiss) ©Darko Todorovic
Lauterach - Zentral. Die von Cukrowicz Nachbaur Architekten geplante neue Zentrale von Gebrüder Weiss in Lauterach ist ein architektonisches Statement, wofür die Firma steht.
Head Office Gebrüder Weiss

Wir sind in mehrfacher Weise aus unserem alten Head Office herausgewachsen“, sagt Heinz Senger-Weiss, was für den Vorstand der Gebrüder Weiss GmbH nach fast 30 Jahren auch völlig logisch ist. Zeit nicht nur für den Umbau des gesamten Standorts in Lauterach, sondern auch für eine neue Konzernzentrale. Das Gebäude sollte keine protzige Selbstdarstellung und doch mehr als ein „normales“ Bürohaus werden, sondern ein klares architektonisches Statement, wofür das bodenständige Familienunternehmen mit seinen rund 6000 Mitarbeitern weltweit steht: Kommunikation nach außen wie innen und eine flache Hierarchie in der Unternehmensführung.

Den im August 2011 ausgeschriebenen Architektenwettbewerb hat das Bregenzer Architekturbüro Cukrowicz Nachbaur gewonnen. Eingeladen, sich am Wettbewerb zu beteiligen, waren sämtliche Vorarlberger Büros, beworben haben sich 36, für den eigentlichen Wettbewerb ausgesucht wurden letztlich 30. Baubeginn war im November 2012, bezogen wurde das neue Head Office im heurigen Juli. Für Senger-Weiss ist das Konzept „komplett aufgegangen“, der Wohlfühlfaktor im Haus erstaunlich, die Entscheidung für den Standort in Lauterach „die richtige“. Das Wesen eines weltweit tätigen Transportunternehmens ist es, ein Gut von einem Punkt zu einem anderen zu bringen. Am Landweg zum größten Teil mit Lastwagen, die im Fall der Firma Gebrüder Weiss markant orange sind. Sie dominieren auch den Außenraum der neuen Konzernzentrale, worauf das Projekt von Cukowicz Nachbaur reizvoll reagiert. Indem sie – basierend auf der Idee des durchgehenden Parkplatzes – den zweigeschoßigen Baukörper markant aufständern, sozusagen zur Bühne machen, von dem aus der Blick über den Fuhrpark und das gesamte Firmengelände ungehindert schweifen kann.

Leicht abgerückt von der Bundesstraße steht das neue Gebäude signalartig an der nordöstlichen Ecke des Firmengeländes. Die Annäherung zum Haus mit einem Grundriss von 50 mal 50 Metern, das an allen vier Seiten sechs Meter auskragt, führt über eine Straße, die nahtlos in eine moderat ansteigende, durch seine Breite fast feudal anmutende, von einem Grünstreifen flankierte Freitreppe übergeht.

Der große Leerraum, der für diese Treppe den Baukörper aushöhlt, zieht förmlich in das Innere hinein, um durch eine gläserne Türe im über beide Geschoße offenen Foyer zu landen. Hier findet sich die einzige formale Extravaganz des Hauses in Form der aus schwarz gebeiztem Birkensperrholz getischlerten Theke. Die funktionell ausgestatteten Büros unterschiedlichster Größe für die rund 130 Mitarbeiter öffnen sich durch gläserne Wände zu den Gängen. Die Böden sind mit einem dunkelgrauen Teppichboden belegt, die Akustikdecken aus Holz, die Wände weiß. Transparenz in alle Richtungen ist hier angesagt, Kommunikation, atmosphärischer Mehrwert. Wofür nicht zuletzt die drei kleinen Innenhöfe stehen, die in den Baukörper hineingeschnitten sind. Sie bringen nicht nur natürliches Licht ins Haus, sondern sind teilweise begehbare Oasen der Natur, die der Seele und somit auch dem Arbeitsklima gut tun. Genauso wie die knallig bunten Möbel in den Aufenthaltsbereichen für die Mitarbeiter. Und da es bei Gebrüder Weiss darum geht, etwas von einem Ort zu einem anderen zu bringen, spielt der Punkt in der subtilen, eigens für das Unternehmen ausgetüftelten Signaletik eine zentrale Rolle.

Bedeutende Entscheidungen für den Konzern werden im großen, an drei Seiten gläsernen Sitzungssaal getroffen, der mittig dem Baukörper aufgesetzt ist. Dieses in der Zukunft vielleicht zu einem dritten Geschoß erweiterbare Sitzungszentrum des Konzerns ist auch der einzige Teil des Stahlbetonskelettbaus, der nicht mit einem Vorhang aus gelochten, schwarz eloxierten Aluminium– Lamellen verhängt ist, die sich mit dem Stand der Sonne bewegen. Wenn sie geschlossen sind, verwandelt sich das Head Office des Unternehmens dadurch in einen fast geschlossen anmutenden Block. Raffiniert akzentuiert durch das leuchtende Orange der Windfänge zu den Eingängen, die auch in der Nacht leuchten.

Daten & Fakten

Objekt: Head Office Gebrüder Weiss

Bauherr: Gebrüder Weiss, Lauterach

Architektur: Crukowicz Nachbaur Architekten, Bregenz

Ingenieure/ Fachplaner: Projektsteuerung, Statik: gbd, Dornbirn; Fassade: KuB Fassadentechnik, Schwarzach; Haustechnik: GMI, Dornbirn; Elektro: Hiebeler + Mathis, Hörbranz; Signaletik: Sägenvier, Dornbirn; Landschaftsarchitektur: Markus Cukrowicz, Winterthur; Bauphysik: Lothar Künz, Hard

Wettbewerb: 08/2011

Ausführung: 11/2012–06/2014

Nutzfläche: 4300 m²

Bauweise: Massivbau in Stahlbeton; Fassade als Alu-Pfosten-Riegelkonstruktion mit gelochten Drehläden. Decken: gelochtes Birkensperrholz; Lüftung mit Bodeninduktionsgerät. Heizung: Wärmepumpe (Grundwasseranlage)

Ausführung: Baumeister: Schertler Alge, Rhomberg Bau, Jäger Bau; Fassade: Rupert App, Leutkirch(D); Heizung, Lüftung, Sanitär: Intemann, Lauterach & Gruber, Wolfurt & Stolz, Bregenz; Holzdecken: Lenz Nenning, Dornbirn; Trennwände: Lichte, Beckum(D); Schlosser: Markus Kalb, Dornbirn; Außenanlagen: Brunner, Höchst

Energiekennwert: 28 kWh/m² im Jahr
Baukosten: ca. 16 Mill. Euro

Quelle: VN/ Leben & Wohnen

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter architektur vorORT auf v-a-i.at

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