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Nach offenem Brief: Islamische Vereinigungen kritisieren Gross scharf

Konflikt zwischen Gross und den Veranstaltern
Konflikt zwischen Gross und den Veranstaltern ©VOL.AT bzw. Facebook
Bregenz - Vergangene Woche kritisierte Grünen-Klubobmann Adi Gross die Kundgebung islamischer Vereinigungen in Bregenz. Die Union Europäisch-Türkischer Demokraten wehrt sich nun gegen die erhobenen Vorwürfe und kritisiert Gross scharf.
Gross kritisiert Kundgebung
Demonstration für Aleppo in Bregenz
Kundgebung in Bregenz

Entgegen der Ankündigung sei es den Veranstaltern offensichtlich nicht um die Solidarität mit den Opfern des Kriegs in Syrien gegangen, kritisierte Gross vergangene Woche die kürzlich abgehaltene Kundgebung. Die Union Europäisch-Türkischer Demokraten und die Mitveranstalter aus dem türkisch-nationalistischen und konservativ-islamischen Bereich hätten die Kriegsopfer für ihre Ziele instrumentalisiert.  Als “unerträglich” kritisierte Gross auch die von Kundgebungsordnern verfügte Trennung in Männer und Frauen.

Am Dienstag hat sich nun  Evren Akkus von der Union Europäisch-Türkischer Demokraten ebenfalls mit einem offenen Brief gegen die Vorwürfe zu Wort gemeldet.  Darin wird Gross unter anderem vorgeworfen, dass “Vertreter der Grünen ohne jegliche Investigation zu Opfern ihrer eigenen Vorurteile werden”. Gross würde eine Trauerdemo für Türkei- und Islambashing benutzen, so ein weiterer Vorwurf. Dass die Frauen und Männer getrennt waren rechtfertigt Akkus damit, dass dies ein islamisches Ritual zum Gedenken der Toten sei.

Der offene Brief im Wortlaut

“Sehr geehrter Herr Gross,

mit Bedauern haben wir Ihren offenen Brief gelesen. Allem voran möchten wir klar und deutlich ausdrücken, dass wir Ihre Vorwürfe auf strengste Weise ablehnen. Des Weiteren müssen wir Sie in gewissen Punkten, in denen Sie anscheinend falsch informiert wurden, aufklären:

Erstens, Herr Evren Akkus ist entgegen der Berichterstattung, nicht der behördliche Hauptverantwortliche dieser Kundgebung. Als Vorstandsvorsitzender der Union Europäisch-Türkischer Demokraten in Vorarlberg ist er ein Mitorganisator dieser Veranstaltung, sowie die restlichen fünf NGO´s. Obwohl Ihr Brief an Ihn gerichtet ist, haben wir uns entschieden, gemeinsam Stellung zu Ihren Aussagen zu nehmen.

Zweitens, ist es denn kein Widerspruch, dass Sie behaupten, früher gegangen zu sein, aber dennoch vom Gebet, welches der letzte Teil dieser Versammlung war, berichten? Oder haben Sie gedacht bzw. denken immer noch, dass die Koranrezitation und der Salâh-Ruf vor der Pressekundgebung das Gebet seien?

Drittens, der Grund für das getrennte Auftreten zwischen Männern und Frauen war das islamische Totengebet, welches stellvertretend verrichtet wurde. Dies ist ein islamisches Ritual zum Gedenken der Toten, dessen Art der Ausführung unbestreitbar ist. Als selbsternannter Analytiker unserer Arbeit, sollte es Ihnen nicht entgangen sein, dass unsere Demonstrationen bisher stets durchmischt waren.

Es stimmt uns traurig, dass selbst Vertreter der Grünen mittlerweile ohne jegliche Investigation zu Opfern ihrer eigenen Vorurteile werden.

Gefreut und überrascht hat es uns dennoch, dass entgegen unserer Erwartungen, ein Landtagsabgeordneter der Grünen auch ohne spezielle Einladung zu einer derartigen Veranstaltung, in der in Vorarlberg ansässige NGO´s sich für Menschen in Not einsetzen, erschienen ist und den Willen zur gemeinsamen Solidarität gezeigt hat. Jedoch hat es uns irritiert, dass Sie keinen einzigen Vertreter der Organisatoren, die ja alle vor Ort ersichtlich waren, angesprochen bzw. im Voraus kontaktiert haben, um sich korrekte Informationen zu holen.

Wie Sie überhaupt mit der Anzahl der türkischen Fahnen einen Bezug zum Nationalismus und politischem Missbrauch kommen, ist uns fraglich. Es waren sehr wohl österreichische, syrische, bosnische und palästinensische Fahnen zu sehen. Auch Ihr Bezug zu Begriffen wie „ultrakonservativ“ ist in diesem Zusammenhang unverständlich und von jeglicher Logik entfernt.

Als ein Politiker der Grünen, bringen Sie uns in Bedenken über die Mission Ihrer Partei, welche die Werte der Minderheiten in Österreich vertreten sollte. Haben nun auch Sie Angst vor dem Volk mit Migrationshintergrund? Welcher Agenda folgen Sie inzwischen? Wir hätten von einem Grünen-Abgeordneten wie Sie erhofft, dass er verschiedene Kulturen und Religionen zumindest versucht zu verstehen.

Haben Sie sich auch Gedanken darüber gemacht, ob Sie nicht selber mit xenophoben Anschuldigungen und Vorwürfen den humanitären Zweck dieser Versammlung missbrauchen und die Solidarität in Vorarlberg gefährden?

Mit Bedauern stellen wir schon seit längerer Zeit fest, dass sich nun die Grünen nicht zum ersten Mal mit Ihnen gewisser Schubladen bedienen. Dies zeugt nicht von Aufrichtigkeit und stellt im Gegenteil zu Ihren Behauptungen selbst die Instrumentalisierung dieses traurigen Anlasses für populistische Politik dar. Denn der Tenor der antimuslimischen und antitürkischen Grünenpolitik scheint nun mit Ihnen auch in Vorarlberg Resonanz zu finden.

Besonders opportunistisch und pietätlos finden wir die Tatsache, dass Sie eine Trauerdemo, veranstaltet von betroffenen Menschen, die Solidarität durch ihre Spenden, Gebete und Tränen für die Opfer in Aleppo dargelegt haben, wiedermals für Türkei- und Islambashing benutzen. Wenn Sie sich schon so sehr für Aleppo einsetzen, dann wissen Sie sicherlich auch Bescheid, wie viele Geldspenden, und zwar mehrere Zehntausende Euro, gesammelt von einigen dieser von Ihnen beleidigten Vereine, an die bedürftigen Mitmenschen gesendet wurde bzw. immer noch wird. Anstatt Leute zu kritisieren, die sich gutmütig für das Wohlergehen der Menschen in Aleppo einsetzen, sollten Sie aktiv diese unterstützen.

Als Klubobmann der Grünen im Vorarlberger Landtag, die Ihrer Aussagen nach, sich solidarisch zu dem türkisch-stämmigen Volk zeigt, bestätigen Sie mit Ihrem Brief und Ihren allgemeinen Leistungen leider nicht diese Aussage.

Wir, die veranstaltenden NGO´s dieser Kundgebung, werden immer wieder mit Fragen, sowohl seitens unserer Mitglieder, als auch seitens von unschuldigen kleinen syrischen Kindern, die ja auch am Sonntag mit Tränen vor Ort Stellung genommen haben, konfrontiert, wieso sich keine österreichischen Parteien und Politiker für ihre Werte einsetzen und sie immer wieder mit feindlichen Aussagen beängstigen.

Gerne sind wir bereit, in Zukunft eine Kooperation mit lokalen NGO`s bezüglich den Demonstrationen einzugehen. Wir freuen uns über jegliche Unterstützung und humanitären Einsätzen von aktiven BürgerInnen. Als eine im Landtag vertretene und Parteiförderung erhaltende Partei, sollte es für Sie selbstverständlich sein, den ersten Schritt nicht von freiwillig organisierten Vereinen zu erwarten. Wieso haben Sie diesen bisher nie gewagt? Wir wissen ganz genau, mit wem Sie bereit sind zu kooperieren und wem nicht.

Anstatt mit einem offenen Brief, den Sie ja auch allen politisch aktiven Organisationen und auch an die Medien geschickt haben und womöglich für eine Hetze in der Gesellschaft gesorgt haben, könnten Sie es vielleicht auf einer gutmütigeren Art und Weise versuchen, in dem Sie persönlichen Kontakt mit unseren Vorständen aufnehmen; so wie Sie es bei bestimmten Vereinen machen.
Wie schon oben erwähnt, sehen wir Ihre Vorwürfe als ein Instrumentalisierungsversuch unserer Versammlung für Ihre politischen Zwecke. Daher ist dies die erste und letzte Stellungnahme zu Ihrem Brief.

Mit freundlichen Grüßen
Evren Akkus

AIF – Österreichische Islamische Föderation
ATF – Türkische Föderation in Österreich
ATIB -Türkisch Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich
BMZ Vorarlberg – Bosniakisch-Muslimische Gemeinschaft
Syrische Community
UETD – Union Europäisch-Türkischer Demokraten”

Anm. Redaktion: Da zuletzt zu Artikeln, die das österreichisch-türkische Verhältnis von der lokalen bis zur internationalen Ebene betreffen, bisher zum überwiegenden Teil hetzerische und nicht themenbezogene Kommentare abgegeben wurden, wurde die Kommentarfunktion von der Redaktion gesperrt. Wir entschuldigen uns bei denjenigen Usern, die sich die Mühe gemacht haben sachliche Kommentare abzugeben, oder dies noch tun wollten.

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