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Bluttat in Lauterach: Vater des Tatverdächtigen spricht jetzt

Lauterach - Steinchen für Steinchen setzten die Kriminalisten vom Landeskriminalamt in Bregenz zusammen, um das Tatgeschehen der Nacht von Samstag auf Sonntag im Clubheim der "Outsider" in Lauterach zu rekonstruieren.

Als ein 20-jähriger Skinhead aus Hörbranz von den Messerstichen des 26-jährigen Fußachers Michael T. getötet wurde.

Kein Problemtyp

Fix und fertig ist Engelbert H., Vater des Messerstechers. „Mein Sohn hat keine Vorstrafen, war als gesellig und freundlich bekannt. Ich kann mir das nicht erklären. Derzeit weiß er gar nichts, ist verstört und am Boden.” Er werde seinen Sohn nicht im Stich lassen, „aber auslöffeln muss er das selber.” Als friedfertig und hilfsbereit galt Michael T. in seiner Fußacher Nachbarschaft. „Der Bub hat immer gegrüßt und uns oft bereitwillig beim Heuen geholfen”, beschreibt Nachbarin Anneliese Blum den Dachdecker. „Ich könnte nichts Schlechtes über ihn sagen.”

Während die Staatsanwaltschaft in Feldkirch keine Auskünfte geben wollte, sprach die „VN” mit einem Zeugen, der das Drama aus seiner Sicht schilderte. „Outsider” Michael: „Die fünf Skins kamen eigenmächtig ins Lokal. Es ließ sie niemand herein. Wir hatten gerade die Bar geräumt und die Gläser gespült, saßen noch ein wenig beisammen. Man gab ihnen noch ein Bier. Plötzlich höre ich, wie einer schreit: ‚Diese Scheiß-Musik‘. Eine von uns rief, ‚Schmeißt sie raus!‘ Dann ging‘s auf einmal wild zu. Ich sah dann nur noch, wie einer der Skins blutüberströmt am Boden lag.” Zum Tatzeitpunkt waren noch zwölf „Outsiders” im Lokal.

Familienfest

Fest steht, dass der Alkohol beim blutigen Geschehen zwar eine Rolle gespielt haben mochte, aber nur bedingt als Erklärung für den Gewaltexzess heralten kann. Das wird auch von den ermittelnden Beamten so eingeschätzt.

Die „Outsider” hatten am vergangenen Samstag in ihrem Lokal ein Familienfest veranstaltet. „Da waren kleine Kinder, Jugendliche und Ältere. Wir Ältere brachten später die Kinder nach Hause”, berichtet Engelbert H. In der Lauteracher Nachbarschaft wurden die „Outsider” akzeptiert. „Es gab in dem halben Jahr, seit sie im Haus sind, nie Problem”, sagt Bürgermeister Rhomberg. Auch er ist ob der Tat fassungslos.

Der nicht vorbestrafte Michael T. sitzt derzeit bis zur offiziellen Anklage wegen der tödlichen Messerstiche in Untersuchungshaft – wie auch jener 35-jährige Tiroler, der mit einem Baseball-Schläger auf die Skins los ging.

Tatrekonstruktion

Die Stastanwaltschaft ist derzeit noch mit den Einvernahmen beschäftigt. Von diesen sowie von der für heute angesetzten Obduktion soll es weitere Aufschlüsse über die Tat geben. Während die Untersuchungen und Einvernahmen auf Hochtouren laufen, haben vier Gesinnungsfreunde des Getöteten am Sonntagabend das Vereinsschild beim Clubheim des Motorradclubs „Outsider” entfernt. Die vier Männer, die die Clubtafel entfernten sind zwischen 16 und 24 Jahre alt und werden wegen Sachbeschädigung angezeigt.

Mahnwache

Neben Kerzen zum Gedenken wurden in der Nacht auch Botschaften wie „Man sieht sich zweimal im Leben” platziert. Unterzeichnet war die Botschaft mit „B&H Vorarlberg” was ein Hinweis auf die rechtsradikale Skinhead-Gruppierung „Blood & Honour” sein könnte. „Von Seiten der Sicherheitsdirektion wurden sämtliche Maßnahmen in die Wege geleitet, um möglichen Racheakten vorzubeugen”, so Bachmann.  Mehrere Skinheads hielten gestern vor dem Tatort eine Art Mahnwache ab. Sie wurden dabei von der Exekutive überwacht.

Rockergruppe am Rande

Bewegte Vergangenheit der „Outsider”: Rivalität im Mittelpunkt. Die destruktive Dynamik der Gewalt – durch die Bluttat im Clubheim des MC Outsider Vorarlberg in Lauterach, die am Wochenende ein Todesopfer gefordert hat, rücken die Außenseiter unvermittelt wieder in den Mittelpunkt einer zweifelhaften Aufmerksamkeit.

Um die Vorarlberger „Outsider”, die in der Biker-Szene ein ziemliches Eigenleben führen und etwa weder im Outsider MC Austria noch in der Österreichischen Biker Union (ÖBU) organisiert sind, war es zuletzt eigentlich relativ ruhig geworden. Die Ländle-Outsider waren gleichsam lange Zeit außen vor, blieben viele Jahre ohne Auffälligkeiten.

Ganz im Gegensatz zu den wahrhaft wilden Zeiten der Vorarlberger Rocker-Szene in den 1990-er Jahren, in denen die Outsider immer wieder im Brennpunkt des Geschehens standen und durch blutige Zwischenfälle für negative Schlagzeilen sorgten.

Die Konflikte und Konkurrenzkämpfe in der MC-Szene gipfelten im September 1994 schließlich in ein schießwütiges Rocker-Duell auf dem Gelände des damaligen Clubheims der Outsider in Hörbranz.

Der Anlass des damaligen Streits zwischen den rivalisierenden Motorradclubs war, dass sich die Ländle-Outsider in der Auffassung der anderen Biker-Clubs sich offenbar partout nicht an die „Regeln” halten wollten. Also wollten die „Outsider” aus Wien und Tirol im Zusammenspiel mit den befreundeten Clubs der „Hell´s Angels” und der „Road Devils” die „Unstimmigkeiten” ein für alle Mal bereinigen. Dabei wurden indes von Anfang an wenig Worte gemacht. Die Frontstellung der Rivalen mündete in Hörbranz in ein Feuergefecht, bei dem sich Dutzende „Outsider” aus Voralberg und Mitglieder der „Road Devils” gegenüberstanden. Knapp 100 Schüsse aus Pumpguns, Kleinkalibergewehren und Schrotflinten wurden damals binnen weniger Minuten abgegeben. Wie durch ein Wunder gab des damals „nur” drei Verletzte.

Nach dem Prozess um die wilde Schießerei nahm die Polizei die Rocker-Szene in Vorarlberg genau ins Visier und sorgte schließlich auch durch eine massive Präsenz dafür, dass vorderhand Ruhe im Umfeld herrschte.

 

 

 

 

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