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Blair untermauert Zukunftsmodell für Europa

Unmittelbar vor der Übernahme der EU-Präsidentschaft hat der britische Premierminister Tony Blair sein Zukunftsmodell für Europa untermauert: „Ich bin dafür, die Globalisierung anzunehmen."

„Soll Europa die Globalisierung annehmen und für sich nutzen, oder sollen wir versuchen, uns von ihr abzuwenden?“ sagte Blair in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP. „Ich bin dafür, die Globalisierung anzunehmen.“ Blair übernimmt den EU-Vorsitz am Freitag vom Luxemburger Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker.

„Es gibt einen Konflikt in der Europäischen Union“, räumte Blair mit Blick auf den Mitte Juni gescheiterten Gipfel ein. Dieser Konflikt gehe um nichts weniger als den künftigen Kurs Europas. Für ihn sei klar, dass es nur einen Weg dabei gebe. „Wir müssen wettbewerbsfähiger werden, wir müssen in Wissenschaft und Technologie investieren, in Forschung und Entwicklung.“ Blair fordert in diesem Zusammenhang eine drastische Kürzung der Agrarausgaben, die noch immer 40 Prozent des EU-Haushalts ausmachen. In diesem Fall wäre er auch zu Abstrichen beim Britenrabatt bereit.

Letztlich war der Gipfel an dieser Frage gescheitert. Blair forderte ein Signal für eine Reform des Haushalts und bewertete die ihm von Juncker gemachten Zugeständnisse als nicht ausreichend. Vor allem Frankreich wehrt sich als größter Nutznießer der Brüsseler Agrarbeihilfen gegen einschneidende Reformen. Nach einem bereits 2002 gefundenen Kompromiss der damals noch 15 EU-Staaten soll der Agrarhaushalt bis 2013 auf dem gegenwärtigen Niveau eingefroren werden. Auch Blair stimmte damals zu. Der Kompromiss galt aber vor allem als Voraussetzung für die EU-Osterweiterung.

Der britische Schatzkanzler Gordon Brown forderte im Streit um die Agrarbeihilfen, dass die EU die Exportsubventionen für Agrarprodukte bis 2010 abschafft. Darauf müsse die Europäische Union in Zusammenarbeit mit den USA hinwirken, sagte Brown in London. Nach Angaben der EU-Kommissin zahlte Brüssel im vergangenen Jahr insgesamt 3,5 Milliarden Euro an Exportsubventionen im Agrarsektor. Nur mit Hilfe dieser Beihilfe können die meisten EU-Agrarprodukte auf dem Weltmarkt zu konkurrenzfähigen Preisen angeboten werden.

Die französische Europaministerin Catherine Colonna äußerte die Hoffnung, dass Blair als EU-Ratspräsident die Interessen Europas vertrete. Sie hoffe darauf, dass es bis Dezember zu einem Kompromiss bei der mittelfristigen Finanzplanung komme, sagte Colonna in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der französischen Zeitung „Ouest France“. „Das setzt aber voraus, dass er (Blair) dann besser weiß, wie man sich im Interesse Europas verhält“, sagte Colonna mit Blick auf die harte Haltung des Premiers beim EU-Gipfel.

Die Zukunft der EU-Verfassung hängt nach Ansicht Blairs von einem Stimmungswandel in Frankreich und den Niederlanden ab. Diese beiden Länder, in denen das Vertragswerk bei Volksabstimmungen abgelehnt wurde, müssten jetzt als erste einen Ausweg aus der Verfassungskrise der EU aufzeigen, forderte Blair. Der Ratifizierungsprozess liegt nach einem Beschluss des Juni-Gipfels derzeit auf Eis. Erst in der ersten Hälfte 2006 wollen sich die Staats- und Regierungschefs wieder mit dem Thema befassen. Dessen ungeachtet stimmen die Luxemburger am 10. Juli in einem Referendum über die Verfassung ab.

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