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Bienensterben-Debatte führte lange Schattendasein

Pestizide gefährden Bienen
Pestizide gefährden Bienen
Die Bienen waren nicht immer ein Stachel im Fleisch von Umweltminister Niki Berlakovich (V). Selbst als Österreich noch vor knapp zwei Monaten bei einer ersten Abstimmung gegen das EU-weite Verbot von Neonicotinoiden gestimmt hat, blieb der Sturm der Entrüstung aus. Umweltschutzorganisationen warnen jedoch seit 2008 vor dem Einsatz der Pestizide. Folgend eine Chronologie über die Diskussion.


Juli 2008 – Imkerverbände und die Umweltschutzorganisation Global 2000 fordern von dem damaligen Umweltminister Josef Pröll (V) das Verbot von Neonicotinoiden, nachdem bei 2.500 bis 3.000 Bienenvölker in Österreich Schäden beobachtet wurden. Obwohl sich Grüne und FPÖ der Forderung anschließen, geht das Thema schnell wieder unter.

April 2009 – Anlässlich der Maisaussaat warnt Global 2000 ungehört vor Saatgut, das mit dem Pestizidwirkstoff Clothianidin “gebeizt” wurde. Dieses Pestizid war laut den Umweltschützern für ein massenhaftes Bienensterben in Deutschland im Jahr 2008 verantwortlich, bei dem 11.500 Bienenvölker vergiftet wurden. Auch in Österreich wurden Vergiftungserscheinungen beobachtet.

Oktober 2009 – Im Rahmen des Forschungsprojektes “MELISSA” kommt die AGES zu dem Schluss, dass das Risiko durch den Gifteinsatz gegen die Maisschädlinge Maiswurzelbohrer und Drahtwurm für Bienen annehmbar ist. Die Schäden in Deutschland und Italien, wo die Verwendung des Beizmittels untersagt wurde, seien unter anderen Voraussetzungen zustande gekommen. Global 2000, der Imkerei Dachverband “Biene Österreich” sowie die Grünen fordern dennoch ein Verbot.

August 2010 – Global 2000 präsentiert eine niederländische Studie (The Toxicity of Neonicotinoid Insecticides to Arthropods is Reinforced by Exposure Time), die aufzeigt, dass auch eine verbesserte Ausbringungsmethode der Pestizide die Gefahr von massiven Bienenverlusten nicht bannen kann.

September 2010: Umweltminister Niki Berlakovich (V) räumt ein, dass die bisher vorliegenden Studienergebnisse von “MELISSA” zeigen, dass Bienenvölker bei nicht sachgerechter Anwendung von insektizidgebeiztem Saatgut geschädigt werden können. Der Ressortchef will die umstrittenen Pestizide zwar nicht verbieten, aber deren Anwendung reduzieren.

Februar 2011 – Umweltschutzorganisationen und Oppositionsparteien warnen anlässlich der Anbausaison erneut vor Neonicotioniden.

Februar 2012 – Im Rahmen der Fachtagung des Österreichischen Erwerbsimkerbundes in Graz werden Forschungsergebnisse des Projektes “APENET” aus Italien präsentiert. Laut der Studie beinträchtigen bereits kleinste Dosen der Nervengifte die Funktion der Bienenvölker und lösen Krankheiten aus.

Dezember 2012 – Eine Studie im Auftrag des europäischen Parlaments belegt die Gefährlichkeit für Bienen durch Beizmittel aus der Gruppe der Neonicotinoide. Laut dem Report ist das Vorsorgeprinzip, wie es in der EU-Verordnung über Pestizide festgeschrieben ist, anzuwenden. Als Reaktion schlägt die EU-Kommission vor, den Einsatz dieser Chemikalien für zwei Jahre weitgehend einzuschränken.

März 2013 – Der Kommissionsvorschlag zum vorübergehenden Aussetzen von Neonicotinoiden wird von den Mitgliedsstaaten in der Abstimmung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit abgelehnt. Österreich stimmt ebenfalls gegen den Vorschlag. Eine öffentliche Diskussion bleibt allerdings aus.

29. April 2013 – In einer neuerlichen Abstimmung sprechen sich die EU-Mitgliedstaaten mehrheitlich für ein Teilverbot von drei umstrittenen Pestiziden aus. Berlakovich lehnt den Vorschlag ein zweites Mal ab und erntet einen Sturm der Entrüstung. Der Umweltminister muss sich Bezeichnungen wie “Bienen-Killer” und “Chemical-Niki” gefallen lassen.

7. Mai 2013 – ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger ruft eine “Kehrtwende” aus. Wenn auch nur der geringste Verdacht bestehe, dass Pestizide für das Bienensterben verantwortlich seien, dann müsse Österreich für ein Verbot stimmen.

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