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Berlusconis Urteil rechtskräftig, Medienzar ohne Pass

Berlusconis diplomatischer Pass wird im Außenministerium abgegeben
Berlusconis diplomatischer Pass wird im Außenministerium abgegeben ©AP
Italiens dreimaliger Premier Silvio Berlusconi bekommt die Auswirkungen seiner definitiven Verurteilung zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs sofort zu spüren. Schon am heutigen Freitag soll die Polizei dem Medienzaren seinen Pass entziehen, um ihm eine Flucht ins Ausland zu verhindern, berichteten italienische Medien.
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Auch Berlusconis diplomatischer Pass wird im Außenministerium abgegeben werden müssen. Berlusconis Urteil ist schon ab dem heutigen Freitag rechtskräftig. Die Mailänder Staatsanwaltschaft überreichte dem Senat eine Kopie des Urteils.

zu geben, dass Berlusconi wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung kein Recht mehr auf seinen Senatssitz hat. Der Senat wird dann darüber abzustimmen haben, ob Berlusconi ab sofort seinen Parlamentariersitz verliert. Berlusconi darf hinzu nicht an mehr Wahlen teilnehmen. Laut einem von der Regierung Monti verabschiedeten Gesetz dürfen sich nämlich keine Kandidaten an Wahlen beteiligen, wenn sie definitiv zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt wurden.

Auswirkungen noch unklar

Die politischen Auswirkungen von Berlusconis letztinstanzlicher Verurteilung auf das Kabinett von Regierungschef Enrico Letta sind erst noch unklar. Letta rief die politischen Kräfte am Freitag zu Verantwortungsbewusstsein auf. “Wir erleben eine heikle Phase, doch ich bin überzeugt, dass das Interesse Italiens über vereinzelte Interessen überwiegen wird”, sagte Letta bei einer Pressekonferenz in Rom. Italien brauche dringend politische Stabilität.

Letta plädierte zu Zusammenhalt in der Koalition, denn er werde nicht um jeden Preis weiterregieren, sollte er feststellen, dass interne Kohäsion nicht mehr vorhanden sei. Er sei jedoch entschlossen, alles für die Umsetzung seines Regierungsprogramms zu unternehmen. Auf die Frage, ob seine Demokratische Partei (PD) im Senat für den Ausschluss Berlusconis aus dem Parlament stimmen werde, antwortete der Premier: “Ich denke, dass das Gesetz angewendet werden muss”, sagte Letta.

Berlusconi-Anhänger machen mobil

Die Verurteilung Berlusconis versetzt Lettas Demokratische Partei (PD) in Verlegenheit. Stimmen werden in der sozialdemokratischen Partei laut, das Bündnis mit Berlusconi zu beenden. Viele Linkspolitiker haben eine Zusammenarbeit mit der PdL ausgeschlossen, wenn diese fortan von einem verurteilten Steuerbetrüger geführt würde.

Anhänger Berlusconis machen inzwischen für den Medienzaren mobil. “Berlusconi bleibt der Chef des Mitte-rechts-Blocks in Italien”, versicherte PdL-Fraktionschef Renato Brunetta. Sympathisanten des Fernsehunternehmers planen ab dem kommenden Montag ein mehrtägiges Sit-In vor dem Sitz des Präsidenten Giorgio Napolitano, um die Begnadigung Berlusconis zu verlangen. Sie wollen eine landesweite Unterschriftensammlung für die Begnadigung Berlusconis starten. Der Staatschef kann laut Artikel 87 der italienischen Verfassung einen Begnadigungsakt unterzeichnen.

Auch Gegner Berlusconis demonstrierten in Rom. Aktivisten der Mitte-links-Partei “Italien der Werte” (IDV) appellierten bei einem Sit In vor der Abgeordnetenkammer am Freitag die Demokratische Partei (PD) von Premier Enrico Letta, die Regierungskoalition mit Berlusconis Mitte-rechts-Lager aufzulösen. “Es ist absurd, dass die PD mit der Partei eines wegen Steuerbetrugs Verurteilten regiert. Auf dem Spiel steht Italiens internationales Ansehen”, kommentierte IDV-Vorsitzender Ignazio Messina.

Swoboda forder Berlusconi-Rücktritt

Der Chef der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Hannes Swoboda, appellierte an Berlusconi, das Urteil des Kassationsgerichts zu respektieren und die Politik zu verlassen. “Wenn Italien Berlusconi am Herzen liegt, sollte er sich von der Politik zurückziehen”, schrieb Swoboda auf Twitter.

Berlusconi war am Donnerstag wegen Steuerbetrugs im sogenannten Mediaset-Prozess rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden. In einer vom italienischen Fernsehen ausgestrahlten Videobotschaft hatte sich Berlusconi am Donnerstagabend an die Italiener gewandt. “Am Ende meiner Karriere wird der 20-jährige Einsatz für dieses Land mit Beschuldigungen und einem Urteil belohnt, das jeder Grundlage entbehrt”, protestierte der verbittert wirkende Politiker. Er habe “niemals ein Steuerbetrugssystem auf die Beine gestellt”, sondern als Bau- und Medienunternehmen vielmehr “zum Reichtum des Landes beigetragen”, betonte Berlusconi, der mehrmals gegen die Tränen zu kämpfen schien. Berlusconi wird am Freitagabend mit seinen Parlamentariern über die nächsten politischen Schritte beraten.

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