Bob Dylan braucht man wohl nicht näher vorzustellen. Der US-amerikanische Singer-Songwriter und Lyriker mit der markanten Mundharmonika ist inzwischen 74 Jahre alt und gilt als einer der einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts. Er schrieb rund 600 Songs und befindet sich seit dem 6. Juni 1988 auf seiner Never Ending Tour, die ihn in Kürze auch wieder in hiesige Gefilde führt. Was manche vielleicht überraschen wird: Mit Österreich verbindet ihn mehr als man denkt.
Der Altmeister und die Alpenrepublik
Eine Wiener Statue auf einem CD-Cover Bob Dylans, Dylan-Covers von Wolfgang Ambros auf Wienerisch, der Ungustl-Protagonist von “Gruber geht” als Bob Dylan-Fan, eine Konferenz in Wien, die sich 2011 dem Thema “Dylan und Österreich” widmete, ein Dylan-Tribute-Konzert in der Bunkerei im Augarten – die Anknüpfungspunkte des Altmeisters mit der Alpenrepublik sind so zahlreich wie vielseitig.
Österreicher über Poesie und Musik Dylans
Das von der Stadt Wien geförderte aktuelle Kompendium “AustroBob” bringt nun gesammelt zusammen, was zusammengehört – nämlich “Österreichische Aneignungen von Bob Dylans Poesie und Musik”. Das im Falter Verlag erschienene Buch unter der gemeinsamen Herausgeberschaft von Eugen Banauch, Alexandra Ganser und Martin Blumenau gibt einen aufschlussreichen Querschnitt von vielen, die zu Bob Dylan etwas zu sagen haben – und teils auch jenen eine Stimme, die in Sachen Dylan durch himmelschreiende Ignoranz “glänzen”. Wie etwa Jungautorin Cornelia Travnicek, die Dylan lange Zeit für bereits verstorben hielt und in “AustroBob” eine übelst verdrehte Dylan-Anekdote wiedergibt.
Generationen in Dylan verbunden
Die Idee hinter dem Buch ist, ein “Lesebuch” zu schaffen, das von den Wiederklängen Dylans in der heimischen Literatur, Musik, Popkultur und Kulturwissenschaft erzählt, die Rezeption Dylans nachzeichnet, die in Österreich nicht ab den Sechzigerjahren, sondern erst ab Anfang bzw Mitte der Siebzigerjahre erfolgte, und generationenübergreifend Dylanisten und Dylanistinnen auch in persönlichen Erinnerungen zu Wort kommen lässt. Und dieses Versprechen wird in “AustroBob” mehr als eingelöst. Die Beiträge spannen einen weitreichenden auch zeitlichen Bogen von Nino Mandl alias Der Nino aus Wien (Jahrgang 1987) bis hin zu Armin Thurnher (Jahrgang 1949), der in den Sechzigerjahren tatsächlich in New York City auf den Spuren der Legende wandelte.
Erinnerungen an den Ausnahmemusiker
In einzelnen Beiträgen äußert sich die Crème de la crème all jener, die zum Thema Dylan etwas zu sagen haben. “AustroBob” enthält Originaltexte jener, die ihm in ihren Werken bereits ein Denkmal setzten, wie etwa die Literaten Michael Köhlmeier, Doris Knecht und Ilse Aichinger. Wie Mitherausgeber Banauch bei der Präsentation erläuterte, war die Aufgabenstellung an mögliche Mitwirkende: “What does Bob Dylan mean to you in 250 words?” Die Antworten darauf mündeten meist in launigen Anekdoten, etwa von Grünen-Politiker Peter Pilz und Fußball-Ikone Hans Krankl. Offene Bedeutungen im Dylan-Universum und Austauschprozesse wollte man mit “AustroBob” erkunden, wie es beim Event hieß.
Ein Goldener Rathausmann für Bob Dylan
Besonders sympathisch ist ein Bekenntnis des Wiener Kultur-Stadtrates Andreas Mailath-Pokorny, der “seinen Gott” Bob Dylan 2008 bei einem Konzert in Wien unbedingt persönlich kennenlernen wollte – und als Vorwand für dieses Treffen “seine Position schamlos ausnützte”, indem er die Übergabe eines Goldenen Wiener Rathausmannes an den Großmeister durch ihn selbst organisierte. Dies gestaltete sich nicht ganz unproblematisch, wie der Stadtrat in der Hauptbücherei launig nacherzählte – begonnen bei der Übersetzung dieser Auszeichnung (O-Ton Mailath-Pokorny: “Golden City Hall Knight?!”) Es blieb bei einer kurzen Begegnung und einem großen Bedauern Mailath-Pokornys, dass es von diesem Treffen kein Foto gebe. Treuherzig beteuert er in “AustroBob”: “Es hat aber stattgefunden. Ich schwör’s.”
Dylan-Hommage am Stock-im-Eisen-Platz
Literaturwissenschafter Stefan Kutzenberger, eine Koryphäe am Wiener Institut für Komparatistik, ging dagegen einer Bob Dylan-Spur nach, die der Musiker 1992 zwar nicht selbst in der Bundeshauptstadt hinterlassen hat, die ihm jedoch unweit des Stock im Eisen-Platzes als Tribut gesetzt wurde. Um herauszufinden, was hinter einem Dylan-Zitat steckt, das auf einer Plakette am Boden unweit des Denkmals angebracht wurde, ging Kutzenberger in Wien von Pontius zu Pilatus und ließ die “AustroBob”-Leser an seiner Odyssee teilhaben.
Wolfgang Ambros über Bob Dylan
Spannend auch einige O-Töne, die Austropop-Altgestein Wolfgang Ambros über seine große Inspiration Dylan äußerte, dem er 1978 auf dem Album “Wie im Schlaf” mit Cover-Versionen auf Wienerisch Tribut zollte: “Er hat mich schon als Bub irgendwie fasziniert, diese Sandpapierstimm. Die teilweise schon schmerzhafte Wüstheit von Gitarre und Gesang. (…) Ich würd gern so assoziativ und lautmalerisch schreiben, was ich in dieser Form nicht kann, aber – ich könnt’s übersetzen.”
Neben Ambros äußern sich in “AustroBob” zahlreiche weitere Musiker von Reinhold Bilgeri bis hin zu Mika Vember über ihre persönlichen Dylan-Bezüge, Lieblingslieder und Inspirationen. Von der großen Verehrung für den Altmeister konnte man sich bei der Buch-Präsentation am Montagabend auch live überzeugen – etwa in einem sehr gelungenen deutsch-englischen Ukulele-Dylan-Medley von Bernhard Mooshammer und Vember oder der absolut Gänsehaut erzeugenden Version von “All Along the Watchtower”, zum besten gegeben von Markus Brandstetter mit Streicher-Band. Ansonsten gibt es zu “AustroBob” nur ein Wort zu sagen: Kaufen!
“AustroBob”, herausgegeben von Eugen Banauch, Martin Blumenau und Alexandra Ganser, Falter Verlag, 2014, 216 Seiten, Klappenbroschur, ISBN: 978-3-85439-517-1, Preis: € 29,90
(DHE)
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