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Auffällig unauffällig

Ökologisch, praktisch, gut. Das Passivhaus in Rankweil erlaubt einer jungen Familie energieeffizientes Wohnen ganz nach ihren Bedürfnissen. Charmant und elegant sein Erscheinungsbild.
Auffällig unauffällig

Trotz oder wahrscheinlich gerade wegen seiner selbstverständlichen Einfachheit fällt das Wohnhaus auf rechteckigem Grundriss mit schlichtem Satteldach in seiner Umgebung auf charmante Weise auf. Simpler und unaufgeregter könnte ein Haus kaum aussehen. „Wie eine Kinderzeichnung“, scherzt der Architekt und Bauherr John Read. Das reduzierte Erscheinungsbild, sozusagen die „Urform“ eines Hauses, ist jedoch das Ergebnis gründlicher Planungen und Berechnungen. Der kompakte Baukörper besitzt ein optimales Verhältnis von wärmeabgebender Oberfläche zu beheiztem Volumen, wodurch der Energieverlust bzw. -bedarf minimiert wird. Außerdem wurde der ideale Anteil an Fensterflächen berechnet, um das richtige Maß an solarem Wärmegewinn zu erhalten – nicht zu viel und nicht zu wenig.

„Da wir kein Auto haben, war es uns sehr wichtig, dass wir zentral mit guter Anbindung an Bus und Bahn wohnen“, erklärt der Bauherr. Daher entschied sich die Familie, auf einem Grundstück mitten in Rankweil ein Haus ganz nach ihren Bedürfnissen zu bauen.

Der Bauherr, ein gelernter Industriedesigner und Ingenieur, war mehrere Jahre in Architekturbüros tätig und absolvierte den Passivhaus-Lehrgang des Energieinstituts Vorarlberg, bevor er zur Planung seines eigenen Wohnhauses schritt. „Wir wollten von Anfang an ein Passivhaus bauen, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern“, so Read.

Das zweigeschoßige Gebäude ist an der Nordseite des Grundstücks positioniert, sodass die Südfassade verschattungsfrei bleibt und davor ein großer sonniger Garten anschließen kann. Über der massiven Bodenplatte aus Stahlbeton ist das Wohnhaus als reiner Holzbau ausgeführt. Die Fassaden sind mit horizontal verlaufenden, vorvergrauten Fichtenbrettern verkleidet, an den Giebelseiten bis unter das Dach.

Wildblumen säumen den Kieselweg zur Eingangstür an der Westseite des Hauses. Vom Eingangsbereich mit Garderobe gelangt man sowohl in den großen Wohnraum als auch in das Gästezimmer und -bad. Mit einer Schiebetür kann dieser Gästebereich abgetrennt werden, wodurch eine eigene Einheit entsteht, die Privatsphäre für Gäste und Gastgeber schafft.

Der große Wohnraum mit offener Küche und Essplatz ist nach Süden orientiert. Die puristische Küche ist fast komplett in Weiß gehalten; die hellgraue Rückwand bildet einen angenehmen, Tiefe verleihenden Kontrast. Der Bereich unter der Treppe wird praktischerweise als Stauraum verwendet. Über ein raumhohes Schiebefenster gelangt man direkt in den Garten. An der Südostsecke des Hauses befindet sich ein überdachter und seitlich vor Wind geschützter Außensitzplatz.

Über den weiten, lichtdurchfluteten Treppenaufgang gelangt man in das Obergeschoß. Vom mittig liegenden, der Längsachse folgenden Gang gehen Schlafzimmer, Bad, Büro und Hauswirtschaftsraum ab. Die Schlafzimmer und das Büro reichen bis unter das Dach und erreichen so eine Höhe von bis zu fünf Metern. Fast sakral muten die hellen Räume unter den Dachschrägen an, in denen die hohen Wände und steilen Decken spitz aufeinander zulaufen. Das Bad bietet Platz für eine bodengleiche Dusche und eine freistehende Badewanne. Das Badmöbel aus massivem Eichenholz wurde vom Architekten und Bauherrn selbst entworfen und im Bregenzerwald gefertigt. Über das Fenster mit Milchglas fällt sanftes Licht in das Badezimmer. Weiß ist die dominierende Farbe im Inneren des gesamten Gebäudes – weiße Wände, Decken und Einbaumöbel. Die Dielenböden sind aus weiß geölter Eiche und die Fenster aus Tannenholz.

„Wir haben keinen Keller gebaut, weil dessen Errichtung so viel Beton braucht, und Beton eine schlechte Ökobilanz aufweist“, erklärt der Architekt und Bauherr. Da das Gebäude nicht unterkellert ist, ist die gesamte Haustechnik auf dem geräumigen Dachboden untergebracht. Dieser liegt über denjenigen Räumen des Obergeschoßes, die eine normale Raumhöhe besitzen. Die drei Zimmer, die bis unter das Dach reichen, zeichnen sich hier wieder ab.

Daten & Fakten

Objekt Passivhaus Read Lins, Rankweil
Bauherrschaft Ulrike Lins
Architektur John Read, Rankweil www.johnreaddesign.com
Statik Berchtold Holzbau, Wolfurt www.berchtoldholzbau.com
Fachplaner Bauphysik: Berchtold Holzbau, Wolfurt; Elektroplanung: Walter Österle, Doren
Planung 1/2013–11/2013
Ausführung 3/2013–4/2013
Grundstücksgröße 800 m²
Wohnnutzfläche 140 m²
Bauweise: Holzbau auf Stahlbeton Fundament; zellulosegedämmte Außenwände; Fassade: Fichte, vorvergraut; Holz-Alu-Fenster mit Dreifachverglasung [0,52 W/(mK)]; Innenwände: Gipskarton; Dielenböden: weiß geölte Eiche; Dach: Betondachziegel, anthrazitfarben; Wärmequellen: Sonneneinstrahlung, Abwärme von elektronischen Geräten und Eigenwärme; Back-Up-Heizung: Fußbodenheizung (prädiktiv); Kompakt-Wärmepumpe; kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung; 6 m² Solaranlage
Besonderheiten: Passivhaus mit besonders niedrigem; Energiebedarf. Das verbaute Holz speichert mehr Kohlenstoff, als bei der Herstellung des gesamten Gebäudes freigesetzt wurde (-10 Tonnen)
Ausführung: Baumeister und Generalunternehmer: Berchtold Holzbau, Wolfurt; Fenster: Sigg Tischlerei, Hörbranz; Installateur: Bernd Langer, Wolfurt; Möbel: Pius Mätzler, Andelsbuch; Elektro: Österle, Doren
Energiekennwert 9 kWh/m² im Jahr

Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der VN

Für den Inhalt verantwortlich:
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