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Atomkraftwerk Paks in Ungarn soll ausgebaut werden: Österreich kündigte Klage an

Österreich wird Klage gegen den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks einreichen.
Österreich wird Klage gegen den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks einreichen. ©APA (Sujet)
Österreich wird Klage gegen den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks einreichen. Das hat das Umweltministerium am Montag angekündigt.

Die Bundesregierung werde eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine diesbezügliche Entscheidung der EU-Kommission einbringen, so ein Sprecher von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gegenüber der APA.

Köstinger sieht ausreichend Gründe für Klage

Köstinger sieht ausreichend Klagsgründe für die angekündigte Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Ausbau des Atomkraftwerks. “Wir haben diese Klage in den letzten Wochen sehr sorgfältig prüfen lassen und sind zur Auffassung gekommen, dass ausreichende Klagsgründe vorliegen”, so Köstinger am Montag.

Atomkraft sei “keine nachhaltige Form der Energieerzeugung und auch keine Antwort auf den Klimawandel”, so die Umweltministerin, die ankündigte, für diese Position “kämpfen” zu wollen. Es sei “das absolut falsche Signal, wenn Subventionen für den Bau von Atomkraftwerken von der EU-Kommission als unbedenklich eingestuft werden”, betonte Köstinger weiter.

Kein formelles Vergabeverfahren “problematisch”

Konkret geht es bei der geplanten Klage laut Umweltministerium darum, dass Österreich hinterfragt, dass “die Förderung dem gemeinsamen Interesse dient”. Nur in diesem Falle wäre die Förderung von Atomenergie zulässig. Angesichts der Entscheidung einer Vielzahl von Mitgliedsstaaten, keine Atomenergie zu produzieren oder aus der Produktion von Atomenergie auszusteigen, sei aber fraglich, ob die Förderung des Baus von Atomreaktoren im gemeinsamen Interesse liegen könne.

Außerdem bezweifelt Österreich ein von der EU-Kommission angenommenes Marktversagen, und Wien geht davon aus, dass Ungarn den Energiebedarf auch aus anderen Quellen decken könnte. Als “problematisch” angesehen wird zudem, dass es kein formelles Vergabeverfahren gegeben habe.

 EU-Kommission gab grünes Licht für Ausbau von Paks

Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr Grünes Licht für staatliche Beihilfen Ungarns zum Ausbau von Paks gegeben. Ungarn plant eine Investitionsbeihilfe für den Bau zweier neuer Reaktoren. Dadurch sollen die derzeit in Betrieb befindlichen vier Reaktoren auf dem Paks-Gelände, die in den 1980er-Jahren gebaut wurden, ersetzt werden. Am 25. Februar endet die Frist zur Einreichung einer Nichtigkeitsklage.

Die EU-Kommission hatte im November 2016 außerdem ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen der Vergabe eines Milliardenauftrags zum Ausbau des Atomkraftwerks an einen russischen Staatskonzern eingestellt.

EU-Kommission verteidigt Position

Die EU-Kommission hat sich Montag unbeeindruckt von der Ankündigung einer Klage Österreichs gegen den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks gezeigt. Österreich wird eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine diesbezügliche Entscheidung der Brüsseler Behörde einbringen. Ein Kommissionssprecher betonte dazu, “wir werden unsere Position vor Gericht verteidigen”.

Klage Österreichs gegen Atomkraftwerk einhellig begrüßt

Auf einhellige Zustimmung stößt der Beschluss der Bundesregierung, Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks einzulegen, bei Umweltorganisationen und Landespolitik. Durch Paks II seien sowohl EU-Beihilfen als auch Ausschreibungsrecht verletzt worden, meinte Reinhard Uhrig von Global 2000 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Greenpeace Ungarn Montag in Wien. Das Projekt werde durch einen Kredit von zehn Milliarden Euro von Russland an Ungarn ermöglicht. Die Zinsen von 4,95 Prozent jährlich würde der ungarische Steuerzahler zu zahlen haben, so Uhrig. Auch sei es fraglich, ob die von Ungarn angenommenen hohen Strompreise tatsächlich realisiert werden könnten. Realistischer sei, dass “Ungarn erneut sechs bis 10,5 Milliarden Euro an verbotenen Betriebsbeihilfen” gewähren müsste. Der Bau von Paks II sei zudem nie ausgeschrieben worden und die Begründung der Vergabe an den russischen Staatskonzern Rosatom aufgrund “technische Exklusivität” sei “kompletter Schrott”, so Uhrig, denn auch andere Anbieter hätten das AKW ausbauen können.

Österreich werde zudem durch den Ausbau von Paks, das künftig 86 Prozent des Stroms in Ungarn liefern soll, vom Stromexporteur zum -importeur, so Uhrig. Das Argument der EU-Kommission, dass der EURATOM-Vertrag gemeinsames Interesse der EU und spezifische Förderung von Nukleartechnologie daher zulässig sei, stimme nicht. Denn EURATOM sei nicht Teil des Vertrags von Lissabon und hier gehe es nicht um Technologieförderung, sondern den Eingriff in den Binnenstrommarkt. “Wir warnen davor, dass jedes Atomkraftwerk gefördert wird”, betonte Uhrig.

“Essenziell für alle europäischen Bürger, dass Österreich klagt”

Der ungarische grüne Europaabgeordnete Benedek Javor meinte, es sei “essenziell für alle europäischen Bürger, dass Österreich klagt”. Es gebe sehr starke Argumente für die Position der österreichischen Regierung, denn die Angaben aus Budapest, der Energiemarkt werde durch die Beihilfen nicht beeinflusst, sei falsch. Zusätzliche 2.400 MW an hoch subventioniertem Strom werde die Preise am regionalen Energiemarkt mit Sicherheit verändern, so Javor. Das Treffen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit dem ungarischen Premier Viktor Orban kommende Woche in Wien wäre daher “ein Anlass einen gemeinsamen Energiemarkt für erneuerbare Energien zwischen Österreich und Ungarn” zu gründen, so Javor.

Die ungarische Regierung handle gegen den Willen der Bevölkerung in Ungarn, betonte Andras Perger, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace Ungarn. “Die Ungarinnen und Ungarn sind gegen Atomkraft und Paks II. Sie wollen erneuerbare Energie.” Das zeige auch eine erst kürzlich veröffentlichte repräsentative Umfrage von Greenpeace Ungarn, bei der sich 61 Prozent der Befragten gegen die geplante Investition in Paks II und für Energie aus Wind-, Wasser- und Solarkraft ausgesprochen hätten.

Greenpeace: AKWs in Nachbarländern großes Sicherheitsproblem

“Atomkraftwerke in Nachbarländern sind das wohl größte Sicherheitsproblem für Österreich”, betonte Greenpeace Österreich-Sprecher Herwig Schuster per Aussendung. Kurz müsse mit Orban “auch über Paks II sprechen und seine Ablehnung verdeutlichen”, so Schuster, denn “der österreichische Anti-Atom-Kurs darf keinesfalls zweifelhaften Allianzen mit Orban und Co. zum Opfer fallen”.

Atomkraftwerke um …sterreich
Atomkraftwerke um …sterreich

Erfreut über den Klagsbeschluss der Bundesregierung zeigten sich auch die Bundesländer Wien und Niederösterreich. “Wir müssen alles daran setzen, den Ausbau des Risikoreaktors unweit unserer Haustüre zu verhindern und daher ist der rechtliche Schritt der Bundesregierung wichtig”, so die Wiener Umweltsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) in einer Aussendung. Der niederösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) begrüßte ebenfalls den Beschluss der Regierung. “Die Atomkraft ist eine gefährliche Steinzeittechnologie, Milliardensubventionen für den Ausbau wären ein völlig falsches Signal für die Umwelt und für die Sicherheit in ganz Europa”, so Pernkopf.

FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch betonte, “der Ausbau des Atomkraftwerks Paks darf nie Realität werden”. Gegen weitere AKW-Ausbaupläne in Europa müsse entschieden vorgegangen werden, so Rauch. Zustimmung zum Entschluss der Bundesregierung äußerte auch die Umweltsprecherin der Liste Pilz, Martha Bißmann. “Die Regierung hat gerade noch rechtzeitig die Notbremse gezogen”, so die Nationalratsabgeordnete.

Klage Österreichs war für Ungarn zu erwarten

Die Klage Österreichs gegen den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks ist zu erwarten gewesen, teilte das ungarische Amt des Ministerpräsidenten in einer Aussendung am Montag mit. Es sei nicht überraschend, dass der für seine jahrzehntelange antinukleare Einstellung bekannte österreichische Staat den Beschluss der Europäischen Kommission angreife, hieß es weiter.

Die antinukleare Einstellung Österreichs habe sich bereits im Fall der britischen AKW-Investition Hinkley Point C gezeigt. Auch hier hätte die österreichische Regierung gegen die Europäische Kommission geklagt, die die staatliche Förderung der britischen Investition gutgeheißen hatte, hieß in der Aussendung weiter.

Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hatte am Montag eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Entscheidung der EU-Kommission, den Ausbau von Paks zu genehmigen, eingereicht. Es sei “das absolut falsche Signal, wenn Subventionen für den Bau von Atomkraftwerken von der EU-Kommission als unbedenklich eingestuft werden”, hatte Köstinger in einer Stellungnahme gegenüber der APA betont.

 

(APA/Red)

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