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Arbeiten wie im Hotel

"Nie zuvor haben wir mit einem Auftraggeber in dieser Intensität zusammengearbeitet." (Peter Nussbaumer, Projektleiter)
"Nie zuvor haben wir mit einem Auftraggeber in dieser Intensität zusammengearbeitet." (Peter Nussbaumer, Projektleiter) ©Darko Todorovic
Klaus. Der Omicron Campus in Klaus von Dietrich | Untertrifaller Architekten bietet so ziemlich alles, was an einem Firmengebäude aus architektonischer, ökologischer und sozialer Perspektive umsetzbar ist.
Der Omicron Campus

Vor rund zwei Wochen wurde Omicron mit einem der angesehensten Architekturpreise, dem Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekt(inn)en Österreichs geehrt. Seit 1967 werden damit architektonisch vorbildliche und innovative Bauten, die zudem einen positiven Beitrag zur Verbesserung des Lebensumfeldes leisten und die die in intensiver Kooperation von Bauherren und Planern realisiert wurden, ausgezeichnet. Auf den von Dietrich | Untertrifaller Architekten geplanten Omicron Campus trifft all dies in außergewöhnlicher Weise zu.

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1_4_9K1B9314 ©Durchlässig Im Anschluss an das Lager umfangen die Bürogeschoße als durchlässige Struktur mit hohem Glasanteil die Innenhöfe. Foto: Darko Todorovic

Bau- und Arbeitsplatzkultur nehmen einen hohen Stellenwert in der Firmenphilosophie ein. Mehrfach wurde das Unternehmen als „Bester Arbeitgeber“ ausgezeichnet; schon das im Jahr 2000 fertiggestellte, von den Architekten Nägele Waibel und Wolfgang Ritsch geplante Bürogebäude wurde mit dem Bauherrenpreis 2001 bedacht. Für den Firmencampus entschied man sich für das Büro Dietrich Untertrifaller. Die Architekten brachten brachten die notwendigen zusätzlichen Räume in einer um begrünte Innenhöfe mäandernden Baustruktur unter. Der mit einer Photovoltaikfassade ausgestattete Lagertrakt wirkt straßenseitig als Schallpuffer.

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2_1_Untitled_Panorama8 ©Alle Arbeits- und Gemeinschaftsräume haben direkten Zugang auf Balkone und überdeckte Terrassen. Foto: Darko Todorovic

Noch nie zuvor hätte man mit einem Auftraggeber so zusammengearbeitet, erzählt Peter Nussbaumer, Projektleiter und Partner im Architekturbüro. Kaum Vorgaben hätte es anfangs gegeben. Die wesentlichste Anforderung lautete: „Baut Büroräume wie Hotelzimmer und stellt statt dem Bett einen Tisch hinein!“ Viele weitere Ideen und Lösungen, die zu dem so unangestrengt wohltuend wirkenden Ganzen führten, entstanden in einem spannenden und oft auch zeitaufwendigen Pingpong zwischen Bauherrschaft, Architekten und über 30 Fachplanern. „Vom Feinsten und vom Härtesten zugleich“ sei die Arbeit gewesen, so Peter Nussbaumer, „eine sehr schöne Abwechslung“, weil vieles völlig anders war, als man es im Bürobau als Architekt gewohnt ist.

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2_2_9K1B9209 ©„Hotspots“ werden die zweigeschoßigen Denk- und Rekreationsräume genannt. Der Hotspot „Crossing Borders“ wurde von Anna Heringer und Martin Rauch gestaltet. Foto: Darko Todorovic

Das beginnt bei der Struktur der Büros, an deren Gleichheit sich die flache Unternehmenshierarchie abbildet. Alle sollen es gleich gut und schön haben – mit sägerauem Eichenboden und Wandoberflächen aus Weißtanne, die in Kombination mit der weißen Metallkühldecke und den Vorhängen für eine angenehme und gesunde Arbeitsumgebung sorgen.

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2_4_Untitled_Panorama5 ©Gregor Eichinger entwarf die Holzskulptur, die mit Metallen ausgekleideten Laibungen der Oberlichten stammen von Henri Borduin. Foto: Darko Todorovic

Stichwort gesund: Ökologische Unbedenklichkeit war für alle Komponenten ein Muss. Während der Bürobau gewöhnlich stark von einschlägigen Normen (unhinterfragt) regiert wird, wurde bei Omicron jedes Detail auf seine Sinnhaftigkeit überprüft. So wurden von den Mitarbeitern tagelang verschiedene Lichtsysteme getestet. Angeschafft wurde danach nicht das technisch elaborierteste, teuerste, sondern das angenehmste.

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2_5_9K1B9305 ©Ganz unhierarchisch sind alle Büros gleich ausgestattet. Viel Holz, große Fenster und Vorhänge sorgen für Hotelzimmeratmosphäre. Foto: Darko Todorovic

Eigene Architekturen in der Büroarchitektur sind die beiden sogenannten „Hotspots“, außergewöhnliche Rekreations- und Denkräume als Gegenpol zur klar strukturierten Arbeitswelt. Einen davon gestalteten Anna Heringer und Martin Rauch mit einem zweigeschoßigen Lehmbau und einem von der Decke abgehängten Zeppelin, dessen Naturseidenhülle wie andere Materialien aus einem der internationalen Entwicklungszusammenarbeit-Projekte stammt. Höchst anspruchsvoll war die Realisierung der Rauminszenierung von Gregor Eichinger, eine amorphe raumgreifende Holzskulptur. Selbst im Holzbau-Eldorado Vorarlberg war es nicht leicht, jemanden zu finden, der sie umsetzt. Es war schließlich die Zimmerei Berchtold aus Schwarzenberg, die das aus 3D-gefrästen Holzplatten bestehende Riesenobjekt Wirklichkeit werden ließ. Es ist ein Bürogebäude für alle Sinne. Innen wie außen, wo Gärtner Lothar Schmidt heimische, teils bedrohte Pflanzen ansiedelte und damit zugleich Lebensraum für allerhand Kleinfauna schafft. Wie die Vegetation soll auch Omicron wachsen. Ein verbindender Bauteil, der an den Bestand anschließt, ist bereits projektiert und kann Anknüpfungspunkt für allenfalls notwendige weitere Expansionen sein.

Daten und Fakten

Objekt: Omicron Campus, Klaus
Eigentümer/Bauherr: Omicron
Architektur: Dietrich | Untertrifaller Architekten, Bregenz
Architektur/ “Hotspots”: „Crossing Borders“: Anna Heringer, Laufen/D und Martin Rauch, Schlins
„Body“: Gregor Eichinger, Wien, 
Statik: merz kley partner, Dornbirn; gbd, Dornbirn
Fachplaner: Haustechnik: e-plus, Egg; Bauphysik: team gmi, Schaan; Akustik: Müller BBM, Planegg/D; Lichtplanung: Bartenbach, Aldrans/Tirol; Elektro: Hecht, Rankweil; Verkehrsplanung: Besch und Partner, Feldkirch
Planung: 7/2010–10/2014
Ausführung: 11/2012–12/2014
Bebaute Fläche: 2400 m²
Nutzfläche: 11.300 m² (ohne Balkone)
Bauweise: Rohbau Patio: Stahlbeton-Skelettbau; Storage: Holzkonstruktion; Dach: dreilagige Bitumenabdichtung; Decken: Gipskarton, Holzlattung und Metallkühldecken; Innenwände: Gipskarton; Wandoberflächen zum Teil verkleidet: Weißtanne, Glas, Casein; Fenster: Pfostenriegelkonstruktion; Fußböden: Eiche sägerau, Kasein, Lehm, Zementspachtelung
Energiekennwert: 22 kWh/m² im Jahr

Quelle: Leben&Wohnen – die Immobilienbeilage der “Vorarlberger Nachrichten”

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter architektur vorORT auf v-a-i.at

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